In der aktuellen Hitzewelle macht sich auch die Trockenheit allmählich bemerkbar. In den verschiedenen Regionen der Schweiz sieht die Situation momentan ähnlich aus: Die Kulturen haben noch keine grösseren Schäden genommen, aber wenn es trocken bleibt, könnte es kritisch werden.

Wasserentnahme aus Gewässern wird schwieriger

Martin Bertschi, Bereichsleiter Pflanzenbau und Agrartechnik am Strickhof in Lindau ZH, sagt, es sei vor allem an der Oberfläche, zunehmend aber auch im Unterboden trocken, aber abgesehen von einzelnen Kiesböden noch nicht dramatisch. Das Gemüse könne bewässert werden. Der Rhein habe aber hohe Temperaturen, es könne deshalb sein, dass es dann Einschränkungen gebe. 

Tatsächlich haben bereits mehrere Kantone die Wasserentnahme aus Gewässern verboten, wie SRF berichtet. So zum Beispiel der Kanton Baselland, der keine Wasserentnahmen aus kleineren Gewässern mehr erlaube. Der Kanton Freiburg hat sein Wasserentnahme-Verbot verschärft: Im Einzugsgebiet der Broye darf kein Wasser mehr aus Bächen und Flüssen entnommen werden und es gibt keine Ausnahmebewilligungen mehr. Auch der Thurgau verbiete ab Freitag Wasserentnahmen aus Oberflächengewässern.

Auch der Unterboden ist trocken

Die Trockenheit lässt sich im Kanton Zürich mit dem Messnetz Bodenfeuchte abschätzen. Acht von zehn Messstationen zeigen auch im Unterboden den Wert «trocken» an. Werte um 20 cbar seien schön trocken fürs Befahren der Felder und Werte über 50 cbar gälten als sehr trocken, so Bertschi. Nun seien auch Werte um 80 cbar dabei und diese würden möglicherweise auf über 100 bar steigen in den kommenden Tagen und Wochen, schätzt Bertschi ein. Für die Nordwestschweiz gibt es ebenfalls ein Bodenmessnetz. Auch dort ist im Moment so gut wie jeder Standort im trockenen Bereich.

«Die Pflanzen haben schon tief gewurzelt»

In der Region Zürich sei das Getreide gedroschen, so Martin Bertschi. Was noch bleibe und wo es Probleme geben könne, sei bei den Sonnenblumen, beim Mais und bei den Zuckerrüben. «Die Kulturen sehen aber erstaunlich gut aus, weil sie sich früh an die Trockenheit gewöhnen konnten, indem sie tiefe Wurzeln gebildet haben», sagt er.

Bei Zuckerrüben sehe man meist als erstes, wenn die Blätter hinunterhängen. Wenn sie sich über Nacht wieder aufrichten, wie dies im Moment auf den meisten Standorten noch der Fall sei, gäbe es aber noch keine Schäden. Schwierig werde es, wenn die Rüben nach der Trockenheit neue Blätter bilden - ein Zeichen dafür, dass die Kultur Schaden genommen habe. Auch der Mais, insbesondere in Spätsaaten, rolle zum Teil schon gegen Mittag die Blätter. Vor allem in der Zeit um die Blüte brauche er genügend Wasser.

Mais unterschiedlich weit

Leandra Guindy, Beraterin am Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung in Sissach BL hat ähnliche Beobachtungen gemacht. Für den Mais sei es trocken, aber noch nicht ganz so schlimm. Es zeigten sich beim Mais deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Bodenqualitäten und Bodenarten. Guindy macht sich Sorgen, wenn es so weitergeht. Der Mais sei in ihrer Region unterschiedlich weit in der Entwicklung. An vielen Orten sei er in der Blüte, die Kolbenbildung stehe bevor.

Den Wiesen und Weiden sehe man die Trockenheit jedoch an, sagt Guindy. In den Südlagen sei das Gras teilweise braun. Die Luzerne zeige jetzt ihre Vorteile. Im Frühling habe es viel Futter gegeben, das Ausmass der Trockenheit sei jetzt noch keine Katastrophe, sagt sie.

«Kurzfristig reagieren kann man kaum»

Zum Teil koste die Trockenheit bereits jetzt schon etwas Ertrag, aber wenn es in den nächsten zwei Wochen keine Niederschläge gebe, werde man es den Kulturen deutlich ansehen, sagt Martin Bertschi. Kurzfristig reagieren könne man kaum. Höchstens noch nicht allzu weit entwickelter Mais könnte laut Bertschi allenfalls mit dem Rollomat bewässert werden, wenn man dann eingerichtet ist und Wasser verfügbar hat. Und in den Zuckerrüben oder gar in Wiesen mit dem Fass zu bewässern bringe nichts, denn am nächsten Tag sei die kleine Menge schon verdunstet, da sei es den Aufwand nicht wert. Ausserdem steige damit die Gefahr für Cercospora-Blattflecken.

«Es ist oft so, zumindest hier in der Schweiz, dass trockene Jahre die besseren Jahre sind als Nasse», weiss Bertschi. Es habe auch viele Vorteile - die Bedingungen dieses Jahr seien optimal für die Ernte und die Stoppelbearbeitung.

Auf einigen Alpen fehlt das Wasser

Auch bei Rolf Hug, Leiter Gutsbetrieb am Plantahof in Landquart GR, ist die Trockenheit schon ein Thema. Die Situation sei noch nicht kritisch, könne aber kritisch werden, sagt er.

Vor allem die Alpen in den Südtälern des Graubündens seien sehr trocken. Dort habe es gegenüber dem restlichen Kanton im Juni kaum Niederschläge gegeben. Ausserdem sei im Winter wenig Schnee gefallen. Auf diesen Alpen brauche man auch zum Tränken dringend Wasser und sei bald einmal dringend auf Regen angewiesen.

Auf den anderen Alpen gebe es ebenfalls Probleme, weil es wegen dem wenigen Schnee zu wenig Schmelzwasser gibt. Das Wachstum sei aber bis vor einer Woche gut gewesen, jetzt fange es aber an, kritisch zu werden. Hug hofft, dass es nicht mehr lange dauert, bis Regen kommt. Es könne auch sein, dass die Alpen wegen der Trockenheit verfrüht verlassen werden müssten. Dadurch, dass man aber heuer früh auf die Alpen konnte, gleiche sich das aber aus.

Aussichten bleiben sonnig

Doch Hug betont: «Für unsere Region ist die jetzige Situation nicht aussergewöhnlich. Eine Trockenphase wie jetzt kommt hier fast jedes Jahr vor.» Wenn es bald Gewitter gebe, sei der Schaden überschaubar.

Ob dies eintrifft, wird sich zeigen. Die Wetterprognose für die kommende Woche sieht laut Meteo Schweiz keinen grossflächigen Regen vor. Zwar sind einzelne Schauer oder Gewitter in den Bergregionen vorhergesagt, diese dürften jedoch lokal bleiben. Der Rest des Monats bleibt also wohl mehrheitlich trocken.