Noch präsentieren sie sich etwas hellrot, dennoch machen einen die knackigen Kirschen bereits gluschtig. In rund zehn Tagen wird die Ernte auf dem Hof Huprächtigen oberhalb von Nottwil starten. Eine halbe Hektare Tafelkirschen mit den Sorten Kordia und Regina bewirtschaften Helene und Toni Weingartner-Ottiger.

Biologischer Anbau seit 2019

«Einen so schönen Behang wie dieses Jahr hatten wir selten», zeigt sich Toni Weingartner beim Gang durch die Reihen begeistert. Vor rund vierzehn Jahren wurde die Anlage erstellt. «Ich war damals ein absoluter Quereinsteiger und hatte vom Tafelkirschenanbau keine Ahnung», blickt der 64-Jährige zurück. Er konnte allerdings auf die Unterstützung eines regionalen Obstbauprofis zählen, der ihm mit Rat und Tat zur Seite stand. Die Bäume und Erträge entwickelten sich gut, bis im Jahr 2019 die nächste Herausforderung anstand. Der Hof Huprächtigen wurde auf biologischen Landbau umgestellt.

Schwarze Kirschenlaus forderte

«Ich wollte eigentlich schon seit längerem auf Biolandbau umstellen, infolge mehrerer Projekte fehlten mir aber Zeit und Energie für diesen Schritt», erklärt Toni Weingartner. Während die Umstellung bei den zwanzig Milchkühen problemlos verlief, war diese bei den Kirschen anspruchsvoller. «Im ersten Umstellungsjahr lief ich voll in den Hammer, ich unterschätzte das Schadpotenzial der Schwarzen Kirschenlaus völlig.» Der Schädling verursachte nicht nur Mindererträge, er verschmutzte auch die Früchte und erschwerte dadurch die Erntearbeit stark.

Kaum Fungizide dank Abdeckung

Mittlerweile hat Toni Weingartner den bedeutendsten Schädling im gedeckten Kirschenanbau gut im Griff. Beim Austrieb arbeite er mit Weissöl, darauf folgen noch je nach Druck zwei bis drei Behandlungen mit einem Wirkstoff aus den Kernen des tropischen Neem-Baumes. Die Fungizid-Behandlungen beschränken sich auf Kupfer beim Austrieb und für die Baumgesundheit nach der Ernte. «Da wir das Regendach bereits bei Blühbeginn schliessen, haben wir kaum Monilia- oder Schrotschuss-Befall.» Auch die Kirschessigfliege konnte bisher dank der exakten Totaleinnetzung in Schach gehalten werden.

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Wichtige Bewässerung

Ein wichtiger Punkt für die Fruchtqualität sei die kontinuierliche Wasserversorgung der Bäume. Toni Weingartner arbeitet mit Tröpfchenbewässerung-Schläuchen, welche unter den Bäumen in rund 50 Zentimetern Höhe montiert sind. «Ich habe glücklicherweise eine eigene Quelle, mit welcher ich dank Bergdruck ohne Pumpe bewässern kann.» Bei grossem Wasserbedarf könne er zudem noch auf eine Quelle eines Nachbarn zurückgreifen.

Der grösste Mehraufwand bei der Bioproduktion liege bei der Baumstreifenbewirtschaftung. Neben viel Handarbeit bearbeitet Toni Weingartner den Boden unter den Bäumen fünfmal pro Jahr mit einer von seinem Bruder erstellten Eigenkonstruktion mit Gänsefuss-Scharen rund drei Zentimeter tief. Dazu lässt er die Baumstreifen nach der Ernte von einem Lohnunternehmer mit einem Hackgerät hacken. «Dadurch werden nicht am Boden liegende Früchte eingearbeitet, ich bekomme so auch ein schönes Saatbeet, wo dann die Gründüngung schön aufläuft.» Toni Weingartner versucht damit, Ansätze des regenerativen Landbaus in seine Anlage einzubringen. «Mit dem Hacken, der Gründüngung, dem Komposteinsatz und der Ergänzung von einzelnen Spurenelementen anhand einer Blattsaftanalyse konnte ich die Baumgesundheit und die Qualität der Früchte verbessern», erklärt der begeisterte Biobauer.

Ernte ist arbeitsintensiv

Eine ausgeglichene und hohe Fruchtqualität sei nicht nur für den wirtschaftlichen Erfolg matchentscheidend, diese erleichtere auch die Erntearbeit. «Wir arbeiten neben einer grossen Zahl an Familienmitgliedern auch mit vielen Erntehelfern aus dem Bekanntenkreis zusammen. Auch wenn das alles exakte Pflücker sind, ist eine Top-Fruchtqualität für eine hohe Ernteleistung wichtig.» Bei der diesjährigen Grossernte werde wohl an sechs Tagen pro Woche geerntet. Gestartet wird um 7.30 Uhr, zwei Stunden später gibt es Znüni, und um 12.30 Uhr wird gemeinsam Zmittag gegessen.

Begegnungen auf dem Hof

«Viele unserer Erntehelfer kommen wegen des Erlebnisses. Das gemeinsame Pflücken der schönen Früchte, verbunden mit einem feinen Essen, ist nicht nur Arbeit, sondern auch ein gesellschaftlicher Anlass, der zu schönen Begegnungen führt», so Toni Weingartner. Auch er selber geniesst diese zwar intensiven, aber auch spannenden vier Erntewochen. «Ich arbeite ja unter dem Jahr oft alleine, entsprechend freue ich mich auch auf diese Zeit.» Nicht nur während der Erntezeit begrüsst die Familie Weingartner gerne Menschen auf ihrem Biohof. Alle zwei Jahre findet auf dem Hofareal das Grind-Stone-Musikfestival statt, und im renovierten Wäschehäuschen werden ab und zu Lesungen und Ausstellungen organisiert.

Langlebige Biokühe

10 bis 20 Prozent der Biokirschen werden direktvermarktet, 80 bis 90 Prozent kommen über die Obsthalle Sursee in den Detailhandel. Neben dem Kirschenanbau sind die zwanzig Biomilchkühe der zweite wichtige Betriebszweig. Die Tiere werden mit viel Weidegras und kaum Kraftfutter gefüttert. Toni Weingartner züchtet auf Langlebigkeit. Neben Zuchtfamilien und dem Biostier Tintano nennt er seine aktuelle 100 000er-Kuh Wagor Wanja als schönsten Zuchterfolg. Bei der Anpaarung setzt er auf Biostiere oder auf von der IG «Neue Schweizer Kuh» empfohlene Genetik. Von Mai bis Oktober werden allerdings keine Kühe besamt. Dadurch beschränken sich die Stallarbeiten während der Kirschenernte fast ausschliesslich auf das Melken. «Das wirkt sich sehr positiv auf unsere Lebensqualität aus», so Toni Weingartner.

Neues Merkblatt: Nutzung von Grundwasser zur Bewässerung
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Die Bewässerung von landwirtschaftlichen Kulturen war zuletzt eher unbedeutend. Während der letzten Wochen gab es reichlich Niederschlag. Bis zur nächsten Trockenperiode ist es aber nur eine Frage der Zeit. Zudem ist künftig im Mittel mit häufigeren und längeren Trockenphasen, insbesondere in den Sommermonaten, zu rechnen. Entsprechend sinnvoll sind Massnahmen zur Gewährleistung einer ausreichenden und sicheren Wasserversorgung zur Bewässerung.

Im Bereich der Wasserversorgung sind verschiedene Möglichkeiten vorhanden. Unter anderem die Nutzung von Wasserspeicheranlagen oder der Bezug aus Gewässern. Hinsichtlich Nutzung von Grundwasser für die Bewässerung wurde die landwirtschaftliche Beratung vom BBZN Kanton Luzern zuletzt vermehrt mit Fragen konfrontiert. Gemäss dem kantonalen Wassernutzungs- und Wasserversorgungsgesetz ist klar: Die Trinkwasserversorgung hat Vorrang. Die Wasserentnahme für andere Zwecke wie zum Beispiel Bewässerung soll ermöglicht werden, wenn keine öffentlichen Interessen entgegenstehen.

Was bedeutet das konkret? Um Klarheit zu schaffen, haben das BBZN Hohenrain und die Dienststelle Umwelt und Energie dazu gemeinsam ein Merkblatt erarbeitet. Das neue Merkblatt bietet Landwirtinnen und Landwirten eine Orientierungshilfe zu den Rahmenbedingungen und beinhaltet eine Schritt-für-Schritt-Anleitung für deren Überprüfung. BBZN Hohenrain / Reto Betschart

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