«Wir sehen tagtäglich die Herausforderungen in der Landwirtschaft», versicherte Regina Amman, Leiterin Nachhaltigkeit und Öffentlichkeitsarbeit bei Syngenta. Der Konzern lud zu einem Feldtag zur Regenerativen Landwirtschaft, um Syngentas Bemühungen um Lösungsansätze aufzuzeigen. «Bisher hat niemand die Ideallösung», bemerkte Amman.
Leicht angepasste Prinzipien
Syngentas Verständnis von Regenerativer Landwirtschaft folgt im Wesentlichen den bekannten fünf Prinzipien, allerdings mit leichten Anpassungen im Vergleich zur Version von z. B. Regenerativ Schweiz. So nennt Syngenta den Punkt «Optimierung des Einsatzes von Betriebsmitteln». Zentral seien auch minimale Bodenbearbeitung, ganzjährig bedeckter Boden, eine geregelte Fruchtfolge und die Integration von Tieren, so Regina Amman. «In der Schweiz ist das weniger spektakulär als etwa in der Kornkammer der USA, wo jahrelang Mais auf Mais folgt», ist sie sich bewusst.
Der Gastgeber des Feldtags, der Steinhof der Familie Suter in Hendschiken AG, ist mit Ackerbau und Milchproduktion typisch für die Schweiz. Er ist auch der einzige, der hierzulande seit drei Jahren am Napa-Projekt beteiligt ist. Die Abkürzung steht für «Naturpositive Agrarsysteme» und befasst sich nach eigenen Angaben – organisiert von Syngenta – mit der Frage, wie nachhaltige Landwirtschaft aussehen kann und sollte.
«Wir sind von Syngenta angefragt worden und ich war sofort interessiert», sagt Michael Suter. Als Landwirt werde man schliesslich immer angeprangert, die Natur kaputtzumachen. «Ich will bei der Grundlagenforschung helfen und aufzeigen, was wir bereits gut machen.» Im Napa-Projekt sammeln 19 biologische und konventionelle Betriebe (Suters Steinhof, 17 deutsche und ein österreichischer Landwirt) ganzjährig fliegende und krabbelnde Insekten mit Fallen auf ihren Flächen. Damit wird der Einfluss von Blühstreifen, Kulturwahl und Bewirtschaftung untersucht.
«Man wird immer angeprangert.»
Landwirt Michael Suter will aufzeigen, was bereits gut gemacht wird.
«Was sachlich nötig ist»
«Wir suchen lebensgerechte Massnahmen», hielt Franz-Theo Gottwald fest. Der Professor von der Berliner Humboldt-Universität fordert mehr Flexibilität bei gesetzlichen Vorschriften, um mit Biodiversitätsmassnahmen besser in der Fläche umsetzen zu können. Dass die Industrie auf die Regenerative Landwirtschaft aufspringt, ist seiner Meinung nach ein «Lernschritt». «Regenerativ ist nicht nur ein Schlagwort», sagt Gottwald, «sondern das, was sachlich nötig ist.» Es gehe um eine «Rebiologisierung» der Landwirtschaft, wobei der eigentliche Biomarkt aber ausgereizt sei und keine Ausbaupotenziale mehr aufweise.
Die Flasche der Insektenfalle wöchentlich zu wechseln, sei mit vertretbarem Aufwand verbunden, findet Michael Suter. Zumal man es mit einem Feldrundgang verbinden könne. «Ich schätze den Austausch über die Grenze hinweg», sagt der Aargauer zu den Onlinetreffen mit den anderen Napa-Landwirten, die alle sechs Wochen stattfinden. Es sei für ihn als Betriebsleiter, der – anders als manche deutschen Kollegen mit massiv grösseren Höfen – aktiv mitarbeitet, zwar schwieriger, die nötige Zeit für die Treffen zu freizuschaufeln. Doch in Sachen Digitalisierung oder beispielsweise der Anwendung von Applikationskarten begegne man in Deutschland ähnlichen Problemen wie hierzulande.
Statistisch robuste Daten
Zu den Resultaten von Napa hält sich Syngenta bisher zurück, da sie noch nicht vollständig seien. «Die Proben werden von Hand in Deutschland sortiert und analysiert», erklärte Projektbetreuer Sebastian Funk. Das Ganze sei ein «logistischer Wahnsinn» und sehr aufwendig, weshalb Syngenta an der Automatisierung mit künstlicher Intelligenz arbeite. Generell könne man aber bereits festhalten, dass Blühstreifen grosse Effekte hätten. Um statistisch robuste Daten zu bekommen, konzentriert man sich laut Funk auf diese Massnahme – auch wenn die beteiligten Landwirte diverse Tipps zur Optimierung ihrer Bewirtschaftung austauschen würden.
Bodenscanner liefert Karte
Im Sinne der Regenerativen Landwirtschaft betont Syngenta die Bedeutung gesunder Böden. Um eine angepasste Bewirtschaftung zu unterstützen, entwickelt der Konzern seinen «Interrascan». Das Gerät soll, befestigt an einem Traktor bei normalen Feldarbeiten, diverse Bodeneigenschaften von dessen Zusammensetzung über die Textur bis zum Nährstoffgehalt messen. Für den Steinhof wäre das aufgrund stark unterschiedlicher Böden interessant, meint Michael Suter. Er wies aber auch auf die deutlich kleineren Dimensionen von Schweizer Betrieben und Schlägen hin. «Es ist einmal ein neuer Ansatz, den Boden zu verstehen», sagt der Landwirt. Bei Mischproben seiner Flächen sei die Varianz jeweils sehr gross und die Karte, die der Interrascan liefern soll, könnte eine Referenz dazu geben. «Ich bin mir aber nicht so sicher, ob das Gerät das bringt, was man sich davon verspricht», meint Suter vorsichtig. «Falls es funktioniert, wäre es sicher interessanter für intensiver wirtschaftende oder Gemüsebau-Betriebe als für jene, die weniger Hochpreiskulturen anbauen», so seine Einschätzung.
Präzise Spritzen ist (zu) teuer
Zum optimalen Einsatz von Produktionsmitteln sollen neben Bodeninformationen auch Präzisions-Feldspritzen beitragen. Auf dem Steinhof wurde dazu das Modell Ara von Ecorobotix gezeigt, das von einem Lohnunternehmen betrieben wird, mit dem Suters zusammenarbeiten. «Die Bekämpfung von Problemunkraut wie Blacken oder Disteln auf Wiesen ist das, was bisher wirklich damit funktioniert», sagt Michael Suter. Es laufen aber Weiterentwicklungen, damit die Ara auch beispielsweise im Getreide eingesetzt werden kann. «Zukünftig sehe ich den Einsatz auch in Gemüse und im Ackerbau», bekräftigte Suter. Den Preis von mehr als 100'000 (ohne Updates) hält der Aargauer aber für ein grosses Hindernis, um PSM-Einsparungen mit dieser Art der Präzisionslandwirtschaft breit umzusetzen.
Ausserdem müssen die PSM selbst an die weiterentwickelte Technik angepasst werden. Wie Syngenta-Berater Simon Hug demonstrierte, verändert sich das Tropfenspektrum bei an- und abschaltenden Düsen im Vergleich zum kontinuierlichen Spritzen. «Das Produkt muss wirken und darf die Düsen nicht verstopfen», hielt Hug fest. Die Lösung sei die richtige Formulierung, also die Zusammensetzung. Hug verglich es mit einer Zahnpasta, deren Formulierung es erlaube, ihren Wirkstoff gut auf den Zähnen zu verteilen.
Messbarkeit ist schwierig
Syngenta sei einer der grössten Entwickler und Produzenten von Biologicals (Biostimulanzien), sagte Regina Amman. Eine Präsentation dieser nichtchemischen Produkte gehörte entsprechend auch zum Feldtag. Sie basieren auf Mikroorganismen, Pflanzenextrakten oder Spurenelementen und sollen die Kulturen in erster Linie vor Stress schützen. «Das ist sicher ein Lösungsansatz – wenn das hilft, sind wir auf einem guten Weg», kommentiert Michael Suter, der selbst seit zwei Jahren Biologicals einsetzt. Vorwiegend in Getreide, Raps und Mais nutzt er ein Produkt mit stickstofffixierenden Mikroorganismen, das die Stickstoffversorgung der Kultur verbessern soll. «Man sieht Effekte», berichtet der Landwirt, «aber die Messbarkeit ist schwierig.» Das sei ein grosser Unterschied zu chemischen Wirkstoffen oder Kunstdüngern, gibt er zu bedenken. «Unser Ziel mit Biologicals ist klar: Den Ertrag stabil halten, Kunstdünger sowie chemische Pflanzenschutzmittel einsparen und die Pflanzen widerstandsfähiger gegenüber Wetterkapriolen halten», so Suter. Angesichts der vielen verschiedenen Hersteller ist es seiner Erfahrung nach aber alles andere als einfach, ein potenziell passendes Mittel zu finden. «Da gibt es sicher Potenzial und wir müssen dranbleiben», findet der Aargauer. «Und wir dürfen auch nach aussen klar zeigen, dass wir auf diese Weise versuchen, Ressourcen einzusparen.»