2020 hat das damals noch für die Zulassung zuständige Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) ein Gesuch von Syngenta teilweise gutgeheissen, das eine Ausweitung der Bewilligung von Pflanzenschutzmitteln mit dem Wirkstoff Tefluthrin erwirkt hätte. Neben der bereits zugelassenen Anwendung als Beizung für Zucker- und Futterrüben sollte das Insektizid neu auch für Chicorée, Getreide- und Maissaatgut verwendet werden dürfen. Greenpeace hat dies mit einer Einsprache via Verbandsbeschwerderecht verhindert.

Risiken zu wenig geprüft

Das Bundesgericht entscheide für die Artenvielfalt und gegen Syngenta, schreibt die Umweltorganisation zu ihrem Erfolg. Tefluthrin sei für Nützlinge wie Bienen und Regenwürmer giftig – und das breitere Einsatzgebiet hätte nach Meinung von Greenpeace grössere Gefahren für Umwelt und Biodiversität bedeutet. Zumal diese Risiken für die Ausweitung der Zulassung nicht ausreichend geprüft worden seien.

Letzterem hat das Bundesgericht zugestimmt und weist den Fall für eine Neubeurteilung an das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) zurück. Dieses bestätigt auf Anfrage, dass es hier ausschliesslich um die 2020 angestrebten Anwendungen des Produkts Force 20 CS als Beizmittel für Getreide, Mais und Chicorée geht. «Für diese Anwendungen darf das Produkt bis zum Abschluss der nun anstehenden erneuten Überprüfung nicht verwendet werden.» Die Bewilligung in Rüben ist aber nach wie vor gültig und bleibt unverändert.

Noch kein Zeitplan

Das Erweiterungsgesuch für Force 20 CS werde das BLV zusammen mit weiteren am Zulassungsprozess für PSM beteiligten Bundesstellen neu prüfen, «dies unter Berücksichtigung des Bundesgerichtsurteils.» Die Richter haben Greenpeace Recht gegeben, dass unter anderem die Gefahren durch Tefluthrin auf Gewässer und Insekten eingehender zu untersuchen seien. Wann es weitere Entscheide in dieser Sache geben wird, kann das BLV jetzt, unmittelbar nach dem Gerichtsurteil, noch nicht sagen.

Generell sei der Umweltschutz bei der Prüfung von PSM ein wichtiger Faktor, hält das BLV fest.

«Es müssen aber auch die Anforderungen der Landwirtschaft berücksichtigt werden», ergänzt Mediensprecherin Sarah Camenisch.

Keinen Einfluss

In diesem Spannungsfeld werde sorgfältig abgewogen und man überprüfe PSM regelmässig. «Auf dieses Standard-Vorgehen hat das Bundesgerichtsurteil keinen Einfluss», schliesst die BLV-Sprecherin.

System wirft Fragen auf

Das Deutsche Umweltbundesamt (UBA) kritisiert, das Zulassungssystem heble den Umweltschutz aus. Der Verein «Ohne Gift» warnt, mit der Revision der Pflanzenschutzmittelverordnung (PSMV) und der Angleichung ans EU-Recht werde die Schweiz diese Probleme importieren.

Da sich die Umweltbeurteilung hierzulande bereits nach EU-Vorgaben richte, sei man schon vor der Revision von gewissen kritisierten Punkten betroffen, so das Bundesamt für Umwelt (Bafu) auf Anfrage. Etwa von fehlenden Bewertungsrichtlinien und -methoden oder davon, dass durch schleppende Verfahren Wirkstoffe nicht anhand neuster wissenschaftlicher Erkenntnissen überprüft werden könnten.

Die PSMV-Vernehmlassungsvorlage sehe aber vor, dass die Schweiz nötigenfalls eigene Anwendungsvorschriften erlassen kann. «Das wurde nicht grundsätzlich bestritten.» Der Bundesrat werde voraussichtlich im Herbst entscheiden. Bezüglich Wirkstoffe ist die Übernahme des EU-Entscheids vorgesehen. «Grenzwert-Überschreitungen in Gewässern können eine schweizerische Überprüfung auslösen», ergänzt das Bafu.