Cédric und Nadine Besson-Strasser produzieren seit über 20 Jahren biologische Weine. Und das erfolgreich. Ihre Weine sind in der Gastronomie bekannt, erst kürzlich bewertete sie die Fachzeitschrift für Wein «Vinum» mit der Höchstmarke von fünf Sternen – ihr Betrieb ist im «Weinguide Schweiz 2025» unter den 200 Besten aufgelistet.
Herr Besson-Strasser, wie beurteilen Sie das diesjährige Weinjahr? Sind Sie zufrieden mit der Ernte?
Cédric Besson-Strasser: Wir hatten eine schöne Ernte, also ja, ich bin zufrieden. Das diesjährige Weinjahr kann man ziemlich genau halbieren. Bis in den August war es eine grosse Herausforderung, die Reben und die Trauben vor Pilzkrankheiten zu schützen. Wer das schaffte, war auf der Gewinnerseite. Der Frühjahrsfrost war die grösste Herausforderung für einen Teil unserer Trauben, die zum Glück nicht alle gleich stark betroffen waren.
Warum?
Unsere sieben Hektaren Reben verteilen sich auf fünf Gemeinden – und damit auch das Risiko. Wir haben sicher immer Reblagen, die Erträge geben, aber auch Reblagen, bei denen etwas passiert. Heuer traf es zum Beispiel die Parzelle in Gächlingen. Zuerst hatten wir Frost und dann Hagel. Dort hatten wir praktisch nichts geerntet.
Gab es neben den Naturereignissen auch Schädlinge, die Ihnen Probleme verursachten?
Schädlinge sind bei uns schon länger kein Thema mehr, seitdem wir gezielt auf Biodiversitätselemente wie verschiedene Hecken oder Trockensteinmauern setzen.
Und die Pilzkrankheiten? Sie produzieren biodynamisch, wie machen Sie den Pflanzenschutz?
Wir bekämpfen vor allem den Falschen Mehltau. Das ist derjenige, der es feucht mag. Es gibt Jahre, da behandeln wir weniger, und es gibt Jahre, wie dieses, da ist der Anbau eine Herausforderung. Im Frühjahr, wenn die Weinreben stark wachsen, schützen wir den Neuzuwachs. Dazu setzen wir Kontaktmittel ein, hauptsächlich Schwefel und Kupfer, von Letzterem höchstens drei Kilogramm pro Hektare pro Anbaujahr.
Kupfer ist ein Schwermetall und hat einen entsprechenden Ruf.
Ja, aber es ist auch ein Spurenelement, das die Pflanze braucht, und wir setzen es gezielter und im Vergleich zu früher in deutlich geringeren Mengen ein. Ausserdem dringt Kupfer, im Gegensatz zu den konventionellen Mitteln, nicht in die Pflanze hinein. Und der Pilz bildet auch keine Resistenz gegen Kupfer aus – was bei den konventionellen Mitteln zunehmend zu einem ernsten Problem wird. Wir setzen aber nicht nur auf Kontaktmittel, wir stärken unsere Pflanzen auch mit Tee.
Tee?
Ja, wir setzen wie beim Menschen Tees ein. Kamille ist zum Beispiel gut für die Erfrischung. Wenn es im Sommer so richtig heiss ist und die Pflanzen unter Hitzestress leiden, versprühen wir Kamillentee, das beruhigt die Pflanzen. Andere Tees, wie zum Beispiel Schachtelhalm oder Weidentee, wirken wiederum sehr gut als Stärkung gegen den Mehltau. Je nach Bedarf der Pflanze, je nach Jahr setzen wir anderen Tee ein.
Worauf achten Sie sonst noch im biodynamischen Weinbau?
Zum Beispiel auf die Mondphasen.
Wie machen Sie das genau, haben Sie ein Beispiel dazu?
Wir führen Behandlungen vor dem Perigäum durch. Also bevor der Mond am nächsten zur Erde steht. Wenn ich behandle und weiss, dass am Mittwoch der Mond im Perigäum steht, führe ich am Dienstag die Behandlung durch und nicht erst am Freitag.
Zurück zur Ernte: Gab es dieses Jahr eine besonders positive Überraschung?
Es gibt eigentlich in jedem Jahr eine positive Überraschung. Das liegt daran, dass wir sehr viele Rebsorten haben, einige reagieren immer besser, andere schlechter auf das Anbaujahr. Dieses Jahr war zum Beispiel ein gutes Jahr für alle Rotweine, die werden super Aromen haben.
Warum?
Wir hatten im Herbst grosse Temperaturunterschiede von Tag und Nacht. Davon profitiert das Aroma. Sonst war es ein nasses Jahr, das heisst, der Wein hat weniger Oechsle. Es gibt also keine «Alkoholbomben»: Weine mit 14 bis 15 % Alkoholgehalt. Das macht uns aber nichts aus, weil die Leute keine «Alkoholbomben» mehr wollen. Etwas Besonderes geschah auch bei unserem Riesling. An einem Standort bekamen die Trauben Edelfäule, das war eine ganz tolle Überraschung, und da weiss ich schon jetzt, dass das einen sehr tollen Riesling gibt.
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Welche Rebsorte litt stärker unter diesem Jahr?
Der Malbec, ihn erwischte der Frost und es gab sehr wenig Ertrag. Dafür ist die Qualität wiederum hoch.
Malbec ist eine ungewohnte Sorte für die Schweiz. Haben Sie diese Sorte als Anpassung an den Klimawandel gesetzt?
Jein, ursprünglich entdeckte meine Frau den Malbec während ihres Aufenthalts in Chile. 2004 hat sie die ersten Stöcke gepflanzt, mit der Überlegung, etwas Neues, Spannendes auszuprobieren. Da war der Klimawandel noch nicht so ein Thema, interessanterweise ist es aber die Sorte, die zeigt, dass sich das Klima ändert.
Wie kommt das?
Die ersten zehn Jahre mussten wir richtig kämpfen, dass wir reife Trauben bekamen. 70 bis 80 % des Jahrgangs waren unreif, wir schnitten viel, liessen ihn länger hängen und kämpften dann mit den Vögeln. In den letzten Jahren kehrte das aber komplett. Nun ernten wir den Malbec etwa eine Woche nach dem Pinot Noir. Mit Ausnahme von diesem Jahr ist der Malbec nun eine Sorte, die gut zur Schweiz passt. Andere Winzer pflanzen ihn mittlerweile auch an.
Gibt es weitere ungewöhnliche Sorten, die Sie gesetzt haben?
Wir haben kürzlich Cabernet Franc gepflanzt, von dem haben wir aber noch keine Vinifikation gemacht.
Welcher Wein ist Ihr persönlicher Favorit?
Der Räuschling ist ein Wein, den ich sehr gern habe, weil er zur Region und zum Kanton Zürich passt. Die Sorte stammt ursprünglich aus Deutschland, wird aber seit über 450 Jahren im Kanton Zürich angebaut. Von 25 Hektaren Schweizer Anbaufläche liegen 20 Hektaren auf Zürcher Boden. Man kann also gut sagen: Das ist unsere einheimische Zürcher Sorte.
Was ist jetzt im Rebberg aktuell?
Wir bereiten jetzt den Boden vor, bringen Mist und Kompost aus. Einen Teil der Flächen haben wir auch gespatet und Neuansaaten durchgeführt. Sonst respektieren wir die Winterruhe der Reben, im Januar fangen wir dann an zu schneiden.
Und im Keller?
Da ist die Arbeit in vollem Gange. Alle Weine sind jetzt in unseren Barrique-Holzfässern, die erste Gärung ist durch und die zweite Gärung läuft jetzt. Gleichzeitig füllen wir den letzten Jahrgang in Flaschen ab.
Was sind Ihre Erkenntnisse aus diesem Jahr für die Zukunft?
Vielleicht, dass wir es auch in einem schwierigen Jahr, das stark von der Natur geprägt ist, nicht so schlecht haben, wenn wir mit der Natur arbeiten und ein bisschen mehr auf die Pflanzen hören.
Und allgemeine Erkenntnisse?
Dass Bioweine bestens funktionieren. Seit 20 Jahren produzieren wir biologisch, würde das nicht funktionieren, hätten wir schon lange damit aufgehört. Dieses Jahr half ich bei zwei Betrieben mit, auf Bio umzustellen. Vier weitere Betriebe haben mich angefragt, ihnen diesbezüglich zu helfen. Ich sehe also, dass die Leute interessiert sind, ihnen fehlt aber das Know-how. Da profitieren wir von unserer Nähe zur biodynamischen Schule in Rheinau. Vielleicht werde ich selbst irgendwann Berater, momentan bleibe ich aber bei den Weinen.
Wird es ein guter Jahrgang?
Ja, das wusste ich aber schon anhand der geernteten Trauben. Wir machen die Weine im Rebberg und nicht erst im Keller.
Das Weingut Besson-Strasser
Das Weingut Besson-Strasser bewirtschaftet sieben Hektaren Rebfläche, davon liegen sechs im Zürcher Weinland und eine Hektare im Klettgau.
Insgesamt werden zehn Sorten angebaut. Auf der Hälfte der Fläche stehen rote, auf der anderen Hälfte weisse Traubensorten. Auf 1,5 Hektaren Fläche wächst die Sorte Räuschling, eine uralte Zürcher Rebsorte, die man auch unter der Bezeichnung «Zürirebe» kennt. Mit dieser Anbaufläche sind die Besson-Strassers der grösste private Produzent vom Räuschling in der Schweiz.
Jährlich werden zwischen 45 und 50 Tausend Flaschen Wein produziert. Neben Cédric und Nadine Besson-Strasser arbeitet eine Angestellte und die Schwiegermutter im Betrieb mit. Während der Wümmet hilft ein Team von 20 Erntearbeitern.
Die Weine des Betriebs können am 24. und 25. November an der Weindegustation auf dem Weingut probiert werden.