Das Parlament hat in der Frühlingssession 2021 gesetzliche Änderungen beschlossen, um das Risiko beim Einsatz von Pestiziden weiter zu reduzieren. Im Rahmen der gleichnamigen Parlamentarischen Initiative (PaIv 19.475) soll dieses Ziel erreicht werden.

Eingereicht wurde sie von der Wirtschafts- und Abgabenkommission des Ständerates. Mit der Parlamentarischen Initiative, die ab dem Jahr 2023 umgesetzt und ab 2024 kontrolliert würde, soll u.a. ein Mindestanteil von 3,5 % Biodiversitätsförderflächen (BFF) auf der Ackerfläche vorgeschrieben werden. Dies betrifft nur Betriebe mit mindestens 3 ha offener Ackerfläche in der Tal- und Hügelzone.

Diese Anforderung formte sich aus der Argumentation, dass die Biodiversität zielgerichteter gefördert werden müsse. Daher sollten mehr und qualitativ hochwertige BFF am richtigen Ort angelegt werden, wie Katja Jacot von Agroscope erklärt. «Insbesondere im Ackerland besteht in der Schweiz ein Defizit an BFF», heisst es in einem Dokument des Bundesamtes für Landwirtschaft (BLW).

Nur 1,2 % BFF auf Ackerland

«Die Auswertung der Biodiversitätsbeiträge vom Jahr 2015 bis 2018 und die Studie der Umweltziele Landwirtschaft zeigen, dass BFF im Ackerbau trotz relativ hoher Abgeltung eher selten angelegt werden», erklärt Katja Jacot. 2019 wurden gemäss dem BLW beispielsweise nur 1,2 % der Ackerfläche als BFF angemeldet. «Für die Erreichung der Umweltziele Landwirtschaft müsste ihr Anteil massiv gesteigert werden», sagt Jacot. Als Projektleiterin des Bereichs Agrarlandschaft und Biodiversität bei Agroscope begrüsst Katja Jacot den Vorschlag, den BFF-Anteil im Ackerland zu erhöhen. «Für viele Bewirtschaftende bedeutet dies jedoch, dass sie BFF anlegen müssen, mit welchen sie bis jetzt wenig bis gar keine Erfahrung haben und welche oftmals wenig akzeptiert sind», so Katja Jacot.

Die Beratung und Unterstützung von Entscheiden, welche Massnahmen an welchem Standort geeignet sind, werde daher zwingend nötig sein, um die geforderten 3,5 % BFF im Acker standortgerecht anzulegen und auch die Wirkung von Nützlingen im Pflanzenschutz zu steigern, wie die Agronomin betont.

«Trägt nichts dazu bei»

Für den Schweizer Bauernverband (SBV) trägt diese Massnahme allerdings praktisch nichts zur Erreichung der Reduktionsziele bei, wie der Verband auf Anfrage erklärt. «Zudem führt die 3,5 % BFF zu einer Reduktion des Outputs und erbringt in Bezug auf den Absenkpfad Nährstoffe kaum Wirkung», schreibt der SBV in der Stellungnahme zur Vernehmlassung. «Die Verordnungen zur Umsetzung der Umweltziele betreffen einmal mehr und in erheblichem Masse ausschliesslich den Landwirtschaftssektor», so der SBV. «Um die festgesetzten Ziele effektiv erreichen zu können ist es zwingend, auch für andere Sektoren entsprechende Verordnungsanpassungen zu erarbeiten. Das gilt sowohl für die Wirtschaft als auch für den privaten Sektor», fordert der Verband. Weil die PaIv einige Elemente der sistierten AP 22+ enthält, die gemäss dem SBV keinen Einfluss auf die Risikoreduktion bei den Pflanzenschutzmitteln oder weniger Nährstoffverlusten zu tun haben, lehnt der Verband diese Massnahme ab.

Die Praxis ist skeptisch

Auch aus der Praxis kommen kritische Stimmen. So zum Beispiel von Marc Peter aus Wiesendangen ZH: «Ich säe Ökostreifen und Blühmischungen, wo es ackerbaulich gerade aufgeht, aber mit den vom Bund vorgeschlagenen Mischungen bin ich nicht immer einverstanden». Weil Peter Verunkrautungsprobleme in den Folgekulturen beobachtete, sät er nun eigene Mischungen an. «Für mich sind die BFF nicht praktikabel und da man die Flächen bereits im Frühjahr vor der Aussaat von Rüben und Kartoffeln anmelden muss, geht das in meiner Planung nicht auf». Aus diesem Grund und vor allem wegen des Verlusts von produktiver Ackerfläche lehnt Peter auch das geforderte BFF-Minimum im Acker ab. Lieber sollte die Qualität der vorhandenen BFF erhalten und gefördert werden, ist der Landwirt überzeugt. «Zwang ist zudem nie eine nachhaltige Lösung», so Marc Peter.

"Bunt- und Rotationsbrachen bedeuten viel Handarbeit"

Ähnlich klingt es bei einem aargauischen Biolandwirt. Er integriert Biodiversität lieber in die Kultur, statt sie daneben anzusäen. «Ich fokussiere mich beispielsweise auf die Untersaat im Getreide», so der Landwirt, der anonym bleiben möchte. Die BFF-Beiträge seien zwar verlockend, aber im Biolandbau bedeuten die Bunt- und Rotationsbrachen normalerweise viel Handarbeit, weiss der Landwirt. Die PaIv geht nun zurück an den Bundesrat. Ob die Forderung so umgesetzt wird, wie aktuell formuliert, beschliesst die Regierung im ersten Quartal 2022.

Tipps für mögliche BFF in der Ackerfläche

Folgende Massnahmen können im Acker ergriffen werden:

Einjährige Elemente Rotationsbrache, Ackerschon­streifen und Blühstreifen für Nützlinge

Beim Ackerschon­streifen und Saum bewährt sich gemäss der Agridea folgendes:

  • Säume in Längsrichtung mähen (ab Mitte August).
  • Säume als Lebensraum möglichst lange am selben Standort belassen.
  • Um die Entwicklung, Vermehrung und Überwinterung der Nützlinge und anderer Bestäuber zu fördern, Blühstreifen mit Hecken, Brachen, Altgrasstreifen oder Insektennisthilfen kombinieren.
  • Blühstreifen dürfen nicht zur Kleintierfalle werden. Bei der Behandlung der angrenzenden Ackerkulturen mit Pflanzenschutzmitteln Flugzeiten und Abdrift vermeiden.

Mehrjährige Elemente Buntbrache und Saum auf der Ackerfläche

Bei der Buntbrache und der Rotationsbrache ist folgendes zu beachten:

  • Standorte wählen, die einen geringen Problemunkrautdruck aufweisen und weder vernässt, schattig, verdichtet oder torfig sind.
  • Regelmässig auf Problempflanzen kontrollieren. Frühzeitiges Unterbindenim Frühling ab März vor-nehmen.
  • Leguminosen und Kunstwiesen  sind wegendes hohen Stickstoff-Nach-lieferungsvermögens als Vorfrüchte eher ungünstig.
  • Mais und Getreide eignen sich am besten als Folge-kultur, Kunstwiesen nur bei geringem Kardenbestand in der Brache.

Andere mögliche BFF in der Nähe von Ackerflächen sind extensiv genutzte Wiesen, Niederhecken, kleine Gebüschgruppen und Steinhaufen.