Manfred Müller und seine Familie führen in Kölliken einen Landwirtschaftsbetrieb mit Mutterkuhhaltung, Ackerbau und Obst. Sie haben seit 2016 in Etappen zwei Hochstamm-Pflanzungen mit 400 Spezialmost-Apfelbäumen angelegt.

Sind Sie mit dem Ergebnis Ihrer Pflanzungen zufrieden?

Manfred Müller: Die Bäume entwickeln sich erfreulich. Die Sorten aus dem «Herakles plus»-Projekt haben viele Vorzüge punkto Alternanz, Krankheitsresistenz und Saftausbeute. Allerdings ist die Wuchsstärke eher schwach. Deshalb haben wir uns für Schneiderapfelbäume als Stammbildner entschieden. Ich bin überzeugt, dass wir mit der Kombination «wuchsstarker Stammbildner plus robuste Sorten» eine optimale Produktionsgrundlage erreichen. Wir wollen hochwertiges Spezialmostobst in jährlich ausgeglichenen Mengen ernten.

Welches waren die Herausforderungen nach der Pflanzung?

Wir wissen jetzt, welcher Baumkitt sich zur Veredelung eignet und welcher nicht (lacht)! Beim Pflanzenschutz hatten wir uns auf Blattlaus- und Mehltaubefall eingestellt, was sich beides auch bestätigt hat. Eine Überraschung war, wie sehr sich die Krähen für unsere Bäume interessieren. Sie brechen ganze Jungtriebe ab, was vor allem beim Veredeln verheerend ist. Nach den ersten Ereignissen haben wir Abwehrstangen aufgestellt. Die Jäger unterstützen uns mit Rupfungen (Anm. der Redaktion: dabei werden Krähenfedern so ausgelegt als ob ein Raubvogel die Krähe gerupft hätte). Seitdem hält sich der Schaden in Grenzen. Jungbäume sind wie Kinder – sie müssen geschützt, gepflegt und bedarfsgerecht ernährt werden.

«Hochstamm hat am Markt Potenzial.»

Manfred Müller stellt bezüglich Wirtschaftlichkeit gute Prognosen.

Die zwei Obstgärten sind in exakten Reihen angelegt, wie es in modernen Agroforstanlagen üblich ist. Was waren Ihre Überlegungen dabei?

Die Reihen erlauben eine rationelle Bewirtschaftung. Die Bäume stehen auf Grünstreifen, die wir zum Düngen, Pflegen und Ernten bequem befahren können. Dazwischen haben wir sieben bis acht Meter breite extensive Blumenwiesenstreifen angelegt. Die Ast- und Steinhaufen für Wiesel und Co. sind ebenfalls in Reihen angeordnet. Gemäht wird mit einem Front-Doppelmessermähwerk. Zuvor mähen wir jeweils die Baumscheiben mit einem handgeführten Trommelmäher aus. Ein Bandheuer am Motormäher erleichtert die Arbeit enorm.

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Trotz der symmetrischen Ausrichtung wirken die zwei Obstgärten naturnah. Welche Bedeutung hat für Sie die Biodiversität?

Mich interessiert das Zusammenspiel von Bewirtschaftung und natürlichen Faktoren in meinen Kulturen. Zum Beispiel beim Blattlauszyklus: Ich entscheide situativ, ob ich eingreife oder ob ich die Regulierung den Nützlingen überlassen kann. Es gab ein Frühjahr, da waren die Bäume voll mit Blattläusen und die Blätter bereits gekräuselt – einige Tage später hatten die Ohrwürmer komplett aufgeräumt und die Blätter haben sich wieder erholt. In den Wiesen beobachte ich Falter und Heuschrecken, die mir zuvor noch nie aufgefallen sind. Blütenvielfalt schafft Insektenvielfalt. Das zu beobachten macht Freude!

Die Bäume kommen bald in den Ertrag. Wie schätzen Sie die Wirtschaftlichkeit ein?

Der Aufbau der Mostobstproduktion hat für uns dieselbe Bedeutung wie unser Ackerbau und die Fleischproduktion. Ich gehe davon aus, dass der Stellenwert von Hochstamm-Obstgärten und Agroforstsystemen im Direktzahlungssystem noch zunehmen wird. Die aktuellen Rückbehalte sind natürlich unerfreulich. In die Zukunft gedacht, glaube ich an eine ausgeglichene Entwicklung zwischen Angebot und Nachfrage beim Hochstammobst. Die Konsumenten interessieren sich für die Herkunft der Lebensmittel und sie begreifen, dass naturbelassene Obstsäfte gesünder sind als industrielle Süssgetränke. Mit allem, was der Hochstamm zu bieten hat, haben wir am Markt noch Potenzial.

Hochstammtagung im Feld. Freitag, 11. März 2022, 9 bis 12.30 Uhr, Kölliken. Fr. 50.– exkl. Mittagessen. Infos und Anmeldung bis 21. Februar: www.liebegg.ch/hochstammtagung