«Der Austausch zwischen Praxis und Forschung, welcher in diesem Rahmen das erste Mal stattfindet, hat Potenzial. Gebündeltes Wissen ist notwendig, um einen Betrieb zu führen, das zeigt sich unter den diesjährigen Bedingungen besonders», sagte Strickhof-Direktor Ueli Voegeli vergangene Woche in Wülflingen eingangs des Fach- und Praxistags Rebbau mit über 80 Teilnehmerinnen und Teilnehmern.
Es ist eine herausfordernde Zeit
Die Veranstaltung wurde organsiert von der Fachstelle Rebbau Schaffhausen, Thurgau und Zürich sowie vom Branchenverband Zürich Wein. Auch Martin Wiederkehr, Präsident vom Branchenverband Deutschschweizer Wein (BDW), sprach die diesjährigen schwierigen Witterungsbedingungen an: «Wir haben eine herausfordernde Zeit hinter uns. Nach Covid kommen nun auch Ausfälle durch Hagel und Mehltau dazu, wovon die Regionen Schaffhausen, Zürich und Thurgau besonders stark betroffen sind. Das zerrt an den Nerven.» Allerdings sei die aktuelle Preisentwicklung auf dem Traubenmarkt ein Silberstreifen am Horizont.
Als eines der Themen der Zukunft nannte Wiederkehr die Weiterbildung, um besonders auch die nächste Generation im Weinbau zu fördern. Das Ziel, Pflanzenschutzmittel (PSM) möglichst sparsam einzusetzen, stand im Zentrum der Veranstaltung. «Dies ist zwar aktuell schwierig umzusetzen, aber man kann dafür sehen, wo diesbezüglich die Grenzen liegen», stellte Michael Gölles von der Fachstelle Rebbau Schaffhausen, Thurgau und Zürich, fest.
Letzte Behandlung braucht es nicht
In seinem Referat erörterte Gottfried Bleyer vom Staatlichen Weinbauinstitut in Freiburg im Breisgau (D) die Möglichkeiten zur Optimierung der Abschlussbehandlung. Bei einer Reihe von Versuchen zeigte sich, dass bei einer sauberen Reblage nicht vermehrt mit einem Befall der Trauben mit Peronospora (Falscher Mehltau) und Oidium (Echter Mehltau) gerechnet werden muss, wenn die letzte Behandlung weggelassen wird. «Im Sinne eines gezielten Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln kann die Behandlung der Traubenzone entfallen», sagte Bleyer. «Eine Abschlussbehandlung empfiehlt sich nur für die obere Laubwandhälfte.»
Als Vorteile davon nannte er unter anderem eine geringere Belastung der Trauben durch PSM-Rückstände, ein geringerer Verbrauch von PSM sowie ein reduzierter Zeitbedarf. Dieses Jahr würden weitere Versuche durchgeführt, etwa zur Frage, ob Kupferpräparate eine zusätzliche Wirkung auf den Echten Mehltau haben.
Es gibt alternative Strategien
Über Pflanzenschutzstrategien zur Rückstandsreduktion referierte Pierre-Henri Dubuis von Agroscope. Im Rahmen einer Untersuchung der Vitiswiss-Überwachungsplattform wurden 269 Weinproben analysiert. Dabei fanden sich hauptsächlich Fungizide, selten Insektizide und noch seltener Herbizide. Um künftig Rückstände zu minimieren, wurden alternative Strategien gewählt, indem etwa chemisch-synthetische Fungizide reduziert werden, aber auch vermehrt auf Botrytis-Prophylaxe gesetzt wird. «Mit Erfolg, wie sich zeigte», sagte Dubuis. «Das Resultat sind weniger Rückstände, aber nicht rückstandsfreie Weine.» Worauf jedoch ebenfalls geachtet werden müsse, sei das Kontaminationsrisiko im Rebberg und im Keller.
Zur Applikationstechnik im Weinbau referierte Ronald Wohlhauser von Syngenta. Es sei etwa entscheidend, die richtige Tropfengrösse zu wählen. Bei zu feinen Tropfen bestehe die Gefahr der Abdrift, bei zu grossen sei dagegen die Bedeckung tiefer. Weiter empfahl Wohlhauser, das Applikationsgerät regelmässig zu kalibrieren und auf die Laubwand einzustellen, um Verluste zu minimieren. Zudem riet er dringend davon ab, nur jede zweite oder dritte Reihe zu behandeln. Auch machte er darauf aufmerksam, dass bei Hagelnetzen etwa ein Viertel der Produktemenge im Netz bleibt. «Unter der modernen Applikationstechnik versteht man die sachgerechte Ausbringung der Pflanzenschutzmittel mit maximaler Anlagerung an die Zielflächen und maximaler Umweltschonung», stellte Wohlhauser fest.Nützlich in der Steillage
Nützlich in der Steillage
Stefan Hodler von der Firma Remote Vision demonstrierte am Fach- und Praxistag Rebbau einen Drohneneinsatz in einem Rebberg in Steillage. Dazu verwendete er eine Drohne des Typs Agras T16, die mit einem 16-Liter-Tank ausgerüstet ist. Zur Vorbereitung stellte Hodler wichtige Parameter wie beispielsweise Eckpunkte ein. Mit einer Geschwindigkeit von 4,5 km/h und einer Distanz von 4,3 m über dem Boden flog die Drohne schliesslich über die ausgewählte Parzelle im Wülflinger Rebberg und versprühte dabei das getankte Pflanzenschutzmittel. «Den Hang hinauf und hinunter fliegen geht nicht, das wäre zu ruckartig», sagte Hodler, der als Lohnunternehmer Sprühaufträge ausführt. «Stattdessen fliegt die Drohne quer über die Parzelle. So gibt es mehr Fluss und die Vernetzung ist besser». «Grundsätzlich ist die Applikation vom Boden aus wirksamer. In Steillagen jedoch bietet der Drohneneinsatz auch viele Vorteile», so Michael Gölles vom Strickhof. Vorzüge der Applikation aus der Luft seien etwa Bodenunabhängigkeit, das Vermeiden von Fahrspuren und mehr Arbeitssicherheit beim Ausbringen des Mittels.