Wenn ein Wolf wiederholt Schaden anrichtet, ist die Erteilung einer Abschussbewilligung durch die zuständige Behörde eine Erleichterung. Den Abschuss aber auch auszuführen, stellt die Wildhut vor Herausforderungen. Der dritte Quartalsbericht zu Grossraubtieren im Kanton Graubünden drückt diese in Zahlen aus: Bei vier Gesuchen bzw. für 12 Wölfe liegt eine Abschussbewilligung vor, bisher seien aber lediglich zwei Tiere erlegt worden.

Im Winter ist es einfacher

Es geht um die Regulation von vier reproduzierenden Rudeln, es dürfen jeweils Jungwölfe geschossen werden. «Die Zahlen sind nicht mehr ganz aktuell» schränkt Arno Puorger ein, der beim Bündner Amt für Jagd und Fischerei für Grossraubtiere zuständig ist. Tatsächlich seien es im Moment (Stand 31. Oktober 2023) 5 erlegte Wölfe, wobei 17 Abschüsse in 5 Rudeln bewilligt worden sind. Die letzten drei Bewilligungen erfolgten erst in den letzten Tagen, so Puorger.

Im Sommer halten sich Wölfe in höheren Lagen auf, was die Jagd auf sie erschwert. Wenn im Winter Rehe und Hirsche Richtung Tal ziehen, tun es auch die Grossraubtiere. «Somit haben sie einen kleineren Bewegungsradius und sind etwas einfacher aufzufinden und zu erlegen», stellt Puorger fest.

Es braucht Ausrüstung und Fachwissen

Abo Wolfsangriffe häufen sich «Die Wildhüter werden nicht ausreichen, um die Wölfe unter Kontrolle zu bringen» Monday, 14. August 2023 Im Allgemeinen haben Wölfe riesige Streifgebiete und sind vorwiegend nachtaktiv. Für eine erfolgreiche Jagd brauche es daher einerseits die passende Ausrüstung und andererseits genügend Fachwissen, erklärt Arno Puorger. Dazu gehört z. B. ein Wärmebildgerät für die Suche und eins auf dem Gewehr, mit dem man auch umgehen können müsse. «Weiter sollte man die Bewegungsmuster eines Wolfs einschätzen können und die korrekte Ansprache als Wolf ist zwingend.» Für Laien oder unerfahrene Jäger sei das schwierig zu bewerkstelligen, «die Wolfsjagd braucht erfahrene Fachpersonen», betont Puorger.

Zufallstreffer durch Jäger

Für Wolfsabschüsse ist die Wildhut zuständig. Nur einmal habe man bisher Jäger miteinbezogen, um einen bewilligten Abschuss in Klosters GR auszuführen, erinnert sich Arno Puorger. «Die 80 Jäger haben einzeln Sonderbewilligungen bekommen und wurden an einem Infoanlass geschult», erklärt der Fachmann. Das war aufwändig, am Ende gelang aber einem Jäger den Abschuss. «So handelt es sich eher um einen Zufallstreffer: Man ist nicht explizit auf der Jagd nach Wölfen, begegnet aber auf der Pirsch nach Wild einem Grossraubtier», bemerkt Puorger. Er hält den Einbezug von Jägern daher nicht für die einzige Lösung, um die Erfolgsquote der Wolfsjagd zu erhöhen: «Mehr Leute heisst nicht automatisch mehr Erfolg, weil Wölfe rasch lernen und die Effizienz mit der Anzahl der Involvierten nicht zwingend steigt.» Das geeignete Fachpersonal gebe es klar bei der Wildhut, die allerdings mit zahlreichen weiteren Aufgaben betraut ist – von der Jagdaufsicht über Wildunfälle, die Wildschadensabwicklung bis zu Stellungnahmen für Baugesuche ausserhalb der Bauzone.

«Wir brauchen mehr Ressourcen bei der Wildhut», schlussfolgert Arno Puorger. Es fehle aber auch an Erfahrungswerten, gerade im Hinblick auf das neue Jagdgesetz und die darin vorgesehene Regulierung.

«Wir brauchen mehr Ressourcen bei der Wildhut»

Arno Puorger, Amt für Jagd und Fischerei des Kantons Graubünden

Hoffnung auf mehr Abschüsse

Für dieses Jahr ist Puorger zuversichtlich, dass sich die Quote noch verbessern wird. Dies, weil wie eingangs erwähnt Wölfe im Winter tendenziell einfacher zu finden sind. Dass die Bestandsregulierung in Zukunft ebenfalls in der kalten Jahreszeit stattfinden soll, habe allerdings andere Gründe: «Im Winter findet keine Fortpflanzung statt und die Jungtiere sind nicht mehr so abhängig von ihren Eltern, dass bei deren Abschuss nicht überlebensunfähige Waisen zurückbleiben.» Die ausstehenden Abschüsse im Kanton Graubünden basieren auf dem alten Jagdgesetz und die entsprechenden Bewilligungen verfallen erst Ende März 2023. Abschüsse von Einzelwölfen, die keinem Rudel angehören, müssen hingegen innerhalb zweier Monate erfolgen. Ansonsten müssen die Tierhalter ein weiteres Jahr mit dem schadenstiftenden Wolf leben, oder bis wieder ein gewisser Schaden eingetreten ist.

 

Welpen in elf von zwölf Rudeln

Bisher hat die Wildhut im Kanton Graubünden zwölf Rudel nachgewiesen. In allen bis auf eines kamen 2023 Welpen zur Welt, insgesamt 46. Weiter seien in praktisch allen Bündner Talschaften mit bisher geringer Wolfspräsenz Einzelwölfe unterwegs. «Aufgrund der hohen Dynamik muss von weiteren Paarbildungen im Verlauf der Wintermonate ausgegangen werden», heisst es dritten Quartalsbericht Grossraubtiere. Insgesamt verzeichnet man in Graubünden 2023 264 durch Wölfe getötete und 34 verletzte Nutztiere. Zehn Fälle von verhaltensauffälligem Grossvieh wurden im dritten Quartal gemeldet.