«Unter 10 000 Franken pro Kuhplatz», sagte Benjamin Gasser, der mit seiner Frau Rebekka den Miltenhof in Schleitheim bewirtschaftet. 10 000 Franken – wo man heute von Stallbaukosten zwischen 30 000 und 40 000 Franken pro Kuhplatz rechnet? Benjamin Gasser gab bereitwillig Auskunft. Gäste waren Thurgauer Milchbauern auf einer Exkursion, die der Thurgauer Milchverband (TMP) organisiert hatte.
Eigenleistung und Stahlhalle
2022–2023 hat Benjamin Gasser den 55 m langen Stall zusammen mit seinem Bruder Mathias Gasser, der Architekt ist, mit viel Eigenleistung gebaut. Die Stahlhalle importierten sie von der in Buzancy (Frankreich) ansässigen Firma Screb. Die Kosten betrugen inklusive Transport 100 000 Franken. Dazu kam aber noch der Zoll. Auch montierten sie die Halle in Eigenleistung.
Der Unterbau musste logischerweise der Stahlkonstruktion angepasst werden. Wichtig war für Gasser auch die Arbeitseffizienz. So ist das Strohlager zwischen den Liegeboxen und der Lelyroboter in der Mitte des Stalls. Tränkebecken gibt es nur im Stall, sodass die Tiere während der Weidesaison zurück in den Stall kommen, saufen und am Melkroboter gemolken werden, bevor sich das Weidetor für sie wieder öffnet.
Platz bietet der Stall für 120 Kühe, aber es stehen nur deren 53 darin. Und zwar ganz bewusst, sodass seine Tiere ohne Stress in den breiten Gängen verweilen können. Auch ist die Anzahl der Tiere angepasst an den Ackerbau, einerseits was die Strohverwertung und andererseits was den Hofdüngerbedarf betrifft. Aber zurück zu den Kosten. «Wir sind in der Hügelzone und konnten von Subventionen profitieren», sagte Gasser. Einerseits von den üblichen Stallbausubventionen für die Hügelzone, andererseits von den Beiträgen für emissionsmindernde Massnahmen.
Wegen letzterem hatte TMP-Präsident Daniel Vetterli auch seine Milchproduzenten für die Exkursion aufgeboten. Der Kanton Thurgau ist schweizweit Vorreiter, was die Umsetzung von baulichen Massnahmen zur Reduktion von Ammonaik betrifft. Bereits seit 2022 müssen Landwirte für Neu- und Umbauten über 30 GVE erhöhte Fressstände einbauen. Seit diesem Jahr gilt zudem auch die Pflicht für 3 % geneigte Laufflächen mit Harnsammelrinne.
[IMG 2]
«Ich spürte eine grosse Skepsis gegenüber diesen emissionsmindernden Massnahmen. Daher ich fand es sinnvoll, dass wir bei Benjamin Gasser vorbeigehen und von ihm hören, wie es funktioniert.»
«Funktioniert problemlos», sagte Gasser. Die 3 % Gefälle seien übrigens auch bei den erhöhten Fressplätzen eingebaut. Der Beton wurde mit einer Besenstrich-Oberfläche versehen, sodass der Harn gut ablaufen könne und die Fläche rutschfester sei. Aufgrund der grosszügigen Breite der Laufgänge von über 4 m und der geringen Tierzahl, könne sich jedes Tier stressfrei bewegen und so käme es auch nicht zum Ausrutschen.
Gegen das Einfrieren der Harnrinne hat er ein Heizungsrohr eingebaut. Sinken die Temperaturen in den Minusbereich, schaltet ein sogenannter Frostwächter die Heizung automatisch ein.
Betriebsspiegel Miltenhof
Rebekka und Benjamin Gasser
Ort: Schleitheim
LN: 80 ha, davon 47 ha Ackerbau mit Getreide, Mais und Kartoffeln, Mais, Sonnenblumen und Zuckerrüben
Viehbestand: 53 Milchkühe, eigene Aufzucht und Grossviehmast
Gefälle betonieren ist schwierig
Alles funktioniert. Abenteuerlich war es aber, die Lauffläche zu betonieren. «Gefälle zu betonieren, ist immer schwierig. So hat jeder Baumeister abgewunken», erinnerte sich Benjamin Gasser. So beschlossen er und sein Bruder, selbst zu betonieren. «Das einzige grosse Problem war, dass wir einige Male einen vollen Betonmischer zurückschicken mussten, weil deren Beton zu feucht geliefert wurde. Obwohl wir explizit, nicht allzu feuchten bestellt hatten», erinnerte sich Mathias Gasser.
Ein grosser Vorteil des 3 %-Gefälles sei die gestiegene Klauengesundheit – und die Gülle habe mehr «Pfuus», dafür ist er als Biobetrieb im Ackerbau dankbar. Abschliessend sagte Benjamin Gasser: «Wenn man selbst baut, so wie wir es mit viel Eigenleistung gemacht haben, muss man bereit sein, Risiken zu tragen.» Aber er wollte günstig bauen – und sich nicht durch eine Abschreibungsdauer von 25 Jahren jegliche Flexibilität verbauen. Unsicher sei er auch gewesen, ob das mit Bestellung der Stahlkonstruktion bei der französischen Firma funktioniere. «Bezahlen muss man ja immer zum Voraus. Aber es hat reibungslos geklappt.» Pünktlich zum Liefertermin seien die Lastwagen eingetroffen.
Mehr zum Thema Ammoniakemissionen senken auf www.ammoniak.ch
Zwei Anträge auf dem Weg ins Umweltamt
Woher stammt die Skepsis gegenüber geneigten Laufflächen?
Kilian Appert: Bedenken haben die Landwirte, was die Rutschfestigkeit betrifft. Kühe können ausrutschen und sich dabei verletzen. Bei neu gebauten Quergefällen mit Besenstrich oder Quarzsand bereitet das noch keine Probleme. Hingegen befürchtet man, dass im Laufe der Jahre, wenn die Oberfläche abgeschliffen oder mit Harnstein verschmutzt ist, die Rutschfestigkeit abnimmt. Die Rutschfestigkeit liesse sich durch das Fräsen von Rillen oder durch anderweitiges Aufrauen wiederherstellen, allerdings sinkt dann die Ammoniakreduktion. Zudem sind Quergefälle mit Mehrkosten verbunden.[IMG 3]
Werden die Mehrkosten durch Beiträge von Bund und Kanton abgedeckt?
Per 1. Januar 2025 sanken die Beiträge auf Fr. 120.–/GVE Quergefälle und Fr. 70.–/GVE für erhöhte Fressstände. Damit ist ein Drittel beziehungsweise die Hälfte der Mehrkosten gedeckt, für den Rest muss der Landwirt jetzt selbst aufkommen.
Warum weigern sich Baufirmen, geneigte Laufflächen zu betonieren?
Quergefälle zu betonieren ist aufwändiger als eine planbefestigte Lauffläche. Dazu ist nicht jede Baufirma bereit. Eine Alternative ist, dass eine planbefestigte Lauffläche zu betonieren und eine Gummimatte mit einem vorgefertigten Gefälle draufzulegen.
Kürzlich trafen Sie sich mit dem Amt für Umwelt, um über Ausnahmen und Alternativen zu sprechen. Was kam heraus?
Es war ein runder Tisch, wo auch Daniel Vetterli, Präsident der Thurgauer Milchproduzenten, Martin Angehrn, Leiter Landwirtschaftsamt sowie Agroscope zugegen waren. Zu diskutieren gab, ob man stark frequentierte Bereiche im Stall vor den Melkeinheiten weiterhin mit herkömmlichen Spaltenböden versehen kann. Dazu wird nächstens einen Antrag eingereicht. Auch ein zweiter Antrag ist in Vorbereitung.
Um was geht es dabei?
Inhalt sind integrierte Laufhöfe. Diese platziert man dort, wo sowieso ein Laufbereich hin muss. Der Laufgang, der ohnehin verschmutzt wird, wird dann gleichzeitig zum Laufhof. So kann man die verschmutze Fläche deutlich reduzieren, was einen direkten Einfluss auf die Entstehung von Ammoniak hat. Im Rahmen der Nationalen Drehscheibe Ammoniak werden laufend neue bauliche und betriebliche Entwicklungen geprüft.
Gibt es bereits Alternativen zu Quergefällen?
Agroscope plant im Emissionsversuchsstall in Tänikon das Bodensystem Espaflex einzubauen, das man auch für das Nachrüsten herkömmlicher Spaltenböden nutzen kann. Diese Gummimatte deckt einen Teil der Spalten zu. Dann haben sie ein 3 %-iges Gefälle von der Mattenmitte zu den Rändern und nächstoffenen Spalten, sodass der Harn rasch abfliesst. Die Wirkung muss wissenschaftlich erwiesen sein – das wird also ein bis zwei Jahre dauern, bis die Ergebnisse von Agroscope da sein werden. Auch ist die Finanzierung dieses Forschungsprojektes bis jetzt noch nicht gesichert.