Philippe Haeberli, Leiter Geschäftsbereich Kommunikation, stellte an der GV von Proviande vom 2. Juni 2023 die neuste Imagestudie zu Schweizer Fleisch vor. Im Interview spricht er über die Resultate der Studie und wo er Handlungsbedarf sieht.
94 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer essen regelmässig Fleisch. Sind Sie zufrieden mit dieser Zahl?
Philippe Haeberli: Der Anteil der Schweizerinnen und Schweizer, welcher regelmässig Fleisch isst, blieb über die letzten zehn Jahre stabil – das ist für viele sicher eine Überraschung. Zufrieden sind wir vor allem damit, dass für 70 Prozent der Befragten die Herkunft Schweiz «sehr wichtig» und für 29 Prozent immerhin «wichtig» ist. Das freut uns und zeigt die grosse Wertschätzung gegenüber Schweizer Fleisch.
Der Pro-Kopf-Konsum von Fleisch lag in den letzten Jahren relativ stabil bei 50 Kilogramm, jedoch viel tiefer als in den umliegenden Ländern. Haben Sie eine Zielgrösse, wie hoch dieser Konsum in der Schweiz sein soll?
Nein, eine solche Zielgrösse haben wir nicht. Die Verbraucher sollen selbst und frei entscheiden können, was sie in welcher Menge essen möchten.
Bei welcher Fleischart gibt es aus Ihrer Sicht am meisten Vorurteile, und was tun Sie dagegen?
Schweinefleisch und Wurstwaren werden gemäss unserer neusten Imagestudie als eher ungesund betrachtet.
«Schweinefleisch wird fälschlicherweise oft als fettig verunglimpft, weshalb heute vermehrt zu Geflügelfleisch gegriffen wird.»
Philippe Haeberli zu den Trends beim Fleischkonsum
Dabei ist eine Marmorierung auch ein Zeichen von guter Qualität. Wir klären die Konsumenten regelmässig über solche und weitere Fakten auf.
Wie tritt Proviande dem Hype um die vegane Ernährung entgegen?
Sachlich, faktenbezogen und ohne Ideologie. Veganer machen in der Schweiz nicht einmal ein Prozent der Verbraucher aus. Und wie bereits erwähnt, jede und jeder soll in der Schweiz essen dürfen, was sie oder er möchte. Wir schreiben niemandem vor, was auf seinen Speiseplan gehört. Fleisch ist ein hervorragender Proteinlieferant und ein natürliches Produkt – kein hoch verarbeiteter Ersatz. Diese Vorteile vertreten wir konsequent. Wir verstecken uns nicht.
Das Tierwohl ist ein wichtiges Argument für den Konsumenten, Schweizer Fleisch zu kaufen. Die Bereitschaft, mehr dafür zu bezahlen,sinkt jedoch. Wie wollen Sie den Konsumenten Schweizer Fleisch schmackhaft(er)machen?
Der Anstieg der Preissensitivität ist tatsächlich signifikant.
«Wer hohe Standards bei der Tierhaltung und hohe Qualität in der Fleischproduktion einfordert, der muss auch bereit sein, den Preis dafür zu zahlen.»
Philippe Haeberli zur Forderung der Konsumenten nach mehr Tierwohl
Wir setzen zudem seit Jahren auf das Thema «Nose to Tail». Es muss nicht immer nur das Filet sein. Es gibt andere Fleischstücke, die deutlich günstiger und genauso oder sogar noch schmackhafter sind. Leider ist das Wissen rund um die Zubereitung dieser Stücke heute nicht mehr selbstverständlich. Deshalb haben wir eine grosse Sammlung an Rezepten aufunserer Website aufgeschaltet, die aufzeigen, wie solche Stücke einfach zubereitet werden können und munden.
Proviande nennt vier Handlungsfelder punkto Kommunikation: Preissensitivität, Unwissen, Nachhaltigkeit und Veganismus. Bei welchem ist der Handlungsbedarf bzw. sind die Herausforderungen am grössten?
Alle Handlungsfelder sind wichtig und werden von uns entsprechend bearbeitet. Unwissen ist je länger je mehr eine grosse Herausforderung für uns. Was früher zum absoluten Grundlagenwissen gehörte, ist heute nicht mehr selbstverständlich. Beispielsweise weiss nur knapp die Hälfte der Bevölkerung, dass es ein Kalb braucht, damit eine Kuh Milch geben kann.
Auch sind viele Zahlen im Umlauf, die vielleicht auf die Fleischproduktion im Ausland zutreffen, für die Schweiz hingegen fernab jeglicher Realität sind. Solchen Falschinformationen wollen und müssen wir entschieden entgegentreten.
