«Sie gehörte auch zum Inventar», sagt Adrian Frauchiger schmunzelnd mit Blick auf die miauende Hofkatze. Der 21-Jährige hat etwas erreicht, wovon viele Jungbauern und auch Quereinsteiger(innen) träumen. Er konnte Anfang Jahr ausserfamiliär einen Betrieb im bernischen Tschugg kaufen. «Das ist schon nicht alltäglich, das ist mir bewusst», sagt der junge Mann.
Ein Dorf weiter
Aufgewachsen ist der Landwirt auf dem Hof seiner Eltern ein Dorf weiter, im bernischen Ins. «Mein Vater hat schon lange nach einer Möglichkeit gesucht, um mit der Milchproduktion fortzufahren.» Der elterliche Betrieb befindet sich mitten im alten Dorfkern von Ins, mit zehn Aren Weiden ums Haus.
Ein Neubau kam nicht in Frage, «wir hätten ins Moos aussiedeln müssen.» Im Laufe der Jahre gab es zwar zwei, drei Varianten, die nicht zustande kamen, bis der ehemalige Betriebsleiter des nun gekauften Betriebs mit ihnen ins Gespräch kam.
«Ich fahre schon eine Vollgas-Strategie»
Er will vorwärts kommen: Adrian Frauchiger über seine Betriebsphilosophie.
Langer Prozess
Bis zum Kauf dauerte es drei Jahre. Erst musste die Finanzierung geklärt werden und auch ob Adrian Frauchiger die 30 Hektaren Pachtland würde übernehmen können. Das war wichtig für die Tragbarkeit.
Betriebsspiegel
Name: Adrian Frauchiger
Ort: Tschugg BE
Ackerfläche: 40 ha (10 davon Eigentum)
Viehbestand: 50 Milchkühe, 40 Rinder und Kälber
Kulturen: Gras, Mais, Futter- und Brotweizen
Label: BTS, RAUS, Wiesenmilch
Insgesamt bewirtschaftet er nun 40 Hektaren. Er hat acht Hektaren Weide an den Hängen des Jolimonts, 22 Hektaren Ackerfläche und zehn Hektaren Streuflächen am Neuenburgersee, produziert Gras, Mais, Futter- und Brotweizen.
Eltern produzieren Zwischenfutter
Die Eltern führen ihren 30-Hektaren-Betrieb in Ins nun viehlos weiter, produzieren Zwischenfutter für Adrians 50 Milchkühe, 40 Gusti und Kälber, ausserdem Weizen, Gerste, Mais, Kartoffeln, Karotten und Blumenkohl. Der Vater ist auch noch als Lohnunternehmer unterwegs (Streifenfrässaat im Mais, Pressen).
«Es sind zwei separate Betriebe, aber wir arbeiten natürlich zusammen», erklärt Adrian Frauchiger. Er ist der einzige Milchproduzent in Tschugg. Im Laufstall stehen 50 Kühe.
Fast alle davon hat Adrian Frauchiger von seinem Vorgänger übernommen. Es sind Holstein, der Vater hielt Braune, aber die meisten davon kamen wegen der Gelenke mit den neuen Verhältnissen (Laufstall, viel Weide) nicht zurecht. Auf die Frage, ob er die Braunen vermisst oder sein Herz jetzt für Holstein schlägt, zuckt er mit der Schulter und lacht. «Ein bisschen von beidem.»
Die Kuh namens Corona
Adrian Frauchiger ist neben der Milchleistung, dem Fett- und Eiweissgehalt vor allem die Robustheit wichtig: «Ich will eine praktische Kuh, die wirtschaftlich interessant ist.» Er könne für das Foto kurz ein «Chueli usehole», sagt er und holt eine Kuh aus dem Stall, deren Jugend, Robustheit und Leistung ihm besonders gefällt.
Auf die Frage nach dem Namen sagt er leicht grinsend: «Ui… das ist Corona.» Sie sei in der Pandemiezeit geboren worden, deshalb habe sie von den ursprünglichen Besitzern wohl diesen Namen erhalten. Der Stalldurchschnitt liegt zwischen 9000 und 10'000 Litern Milch, daran will er festhalten. «Ich fahre schon eine Vollgas-Strategie, sei es bei den Kühen oder auch auf dem Acker.»
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Wiesenmilch produzieren
Die Aufzucht erfolgt auf dem eigenen Betrieb, er setzt auf Genetik von Select Star, so waren etwa Hulk, Haggai und Renault in letzter Zeit Stiere seiner Wahl. Adrian Frauchiger produziert Wiesenmilch, mit dem aktuellen Milchpreis von rund 70 Rappen ist er zufrieden: «Für Industriemilch ist das nicht schlecht.»
Überhaupt stimmt ihn die aktuelle Lage auf dem Milchmarkt zuversichtlich: «Es sieht nicht schlecht aus.» Bis Ende letzten Jahres lieferte sein Vater die Milch noch an die Käserei Ins, die nun ohnehin schliesst, wie kürzlich bekannt wurde. «Mein aktueller Milchpreis liegt nun acht bis zehn Rappen höher.» Das Label Wiesenmilch hat er mit dem Betrieb übernommen.
Viel selbst gebaut
In den letzten Monaten war er damit beschäftigt, neue Aussenboxen zu bauen und den Melkstand von sechs auf acht Plätze zu erweitern. «Ich habe viel selbst gemacht, gebaggert, betoniert.» Investieren müssen werde er in den nächsten Jahren vermutlich vor allem in den Maschinenpark. Den Hofkauf konnte er dank der Bank und elterlicher Hilfe finanzieren. Der Vater hilft ihm auch morgens und abends im Stall.
«Die Reaktionen im Umfeld waren positiv.»
Sein Freundeskreis habe überrascht, aber ermutigend auf den Hofkauf reagiert.
Eltern in Ins geblieben
Während Adrian Frauchiger ins Bauernhaus in Tschugg gezogen ist, in dem er noch eine Zweizimmerwohnung vermieten kann, sind die Eltern in Ins geblieben. «Sie wollten nicht weg», sagt er und fügt an: «Ein bisschen Abstand ist ganz gut, wenn man zusammenarbeitet.» Es sei vielleicht manchmal nicht so einfach für seinen Vater, die Verantwortung abzugeben, weil Adrian noch so jung sei.
Für Adrian Frauchiger gab es nie etwas anderes als Bauer zu werden. Nach der Lehre, die er auf Betrieben in Zollikofen, Ferenbalm und Köniz absolvierte, arbeitete er noch ein Jahr im Welschen als Angestellter. Das wäre auch sein Weg gewesen, falls es nicht mit dem eigenen Betrieb geklappt hätte. «Dann hätten wir zuhause die Kühe weggeben müssen.»
Lernende ausbilden
Nun hat Adrian Frauchiger diverse Pläne, ist für die Betriebsleiterschule angemeldet und möchte später gerne Lehrlinge ausbilden. Auf die Frage, warum er denn an die Zukunft der Landwirtschaft glaubt, sagt er pragmatisch: «Irgendjemand muss die Leute doch ernähren.»
Sein Freundes- und Bekanntenkreis habe auf den Hofkauf in so jungen Jahren überrascht, aber positiv reagiert, sagt Frauchiger. «Ich bin einfach gerne Landwirt, mir gefällt die Mischung, ich muss nicht den ganzen Tag Chuefüdle anschauen, ich gehe dazwischen gerne aufs Feld.»