In Deutschland wurde vor Wochenfrist elf Kilometer von der polnischen Grenze entfernt bei einem Wildschwein ein erster Fall von Afrikanischer Schweinepest (ASP) festgestellt. Inzwischen sind eine Handvoll weitere Fälle im selben Gebiet bekannt. Dies erstaunt nicht. Die Situation ist in einigen Gebieten Polens, noch mehr im Osten als an der Grenze zu Deutschland, bereits seit geraumer Zeit ausser Kontrolle. Über 40 000 Schweine wurden dort dieses Jahr wegen ASP bereits gekeult.

Deutschland leidet

Die Verschiebung um ein paar Kilometer auf deutsches Gebiet hat aber für unsere Nachbarn im Norden massive Auswirkungen. Diese sind vorderhand vor allem finanzieller Natur. Der Preisfür Schlachtschweine ist über Nacht um 20 Cent auf 1,27 €/kg Schlachtgewicht gesenkt worden. Hinzu kommt, dass wegen Corona und hoher Sicherheitsmassnahmen viele Schlachtbetriebe bereits nur mit angezogener Handbremse produzieren. Der Fleisch-Konzern Tönnies forderte entsprechend bereits eine Regionalisierung der ASP-Sperrgebiete für den Export. Deutschland ist ein Schweinefleisch-Exportland. Rasch haben Südkorea, Japan und China ­Einfuhrverbote für deutsches Schweinefleisch verhängt. «Die Party ist zu Ende», titelte ein deutsches Wirtschaftsmagazin. Denn Deutschland hatte bezüglich ASP lange Glück. Einerseits blieb das Virus auf polnischer Seite der Grenze, anderseits wurde zünftig Fleisch exportiert, auch wegen der ASP-Situation in China.

«Alles Mögliche tun, damit das Virus nicht in Schweizer Ställe kommt.»

Meinrad Pfister, Präsident Suisseporcs, Schweizerischer Schweinezucht- und Schweineproduzentenverband.

Zeit nutzen in der Schweiz

Und in der Schweiz? Der Fund in Deutschland veranlasst das ­Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) vorderhand zu keinen weiteren Massnahmen, wie es auf Nachfrage der BauernZeitung heisst. Die Bundesbehörden verfolgen jedoch die Entwicklung aufmerksam und sind darauf vorbereitet, in Zusammenarbeit mit den Kantonen zu reagieren. In verschiedenen Kantonen wurden schon gross angelegte Übungen durchgeführt, der Seuchenfall auf Betrieben durchgespielt. Ein nationales Monitoring Wildschwein ist bereits länger implementiert.

Auch in der Schweiz käme bei einem ersten ASP-Fall sofort Druck auf die Preise. Nicht wegen des Exports, dieser ist vernachlässigbar. Das Image und damit die Nachfrage im gut versorgten Markt nach Schweinefleisch würde durch die zu erwartende Berichterstattung leiden, auch wenn das Virus für den Menschen ungefährlich ist. Irgendwann werde wohl auch bei uns der erste Fall von ASP auftauchen, alles andere sei blauäugig, sagen Experten wie Xaver Sidler von der Universität Zürich seit Jahren.

Biosicherheit hochfahren

Es ist eine Herkulesaufgabe. Trotzdem müsse man alles Mögliche tun, damit das Virus nicht in Schweizer Schweinebetriebe kommt, sagt Suisseporcs-Präsident Meinrad Pfister vehement. Es gelte, Verständnis für die Biosicherheitsmassnahmen aufzubringen (siehe Kasten). Für die Verschleppung der ASP über weite Distanzen sind meist «menschliche Aktivitäten» verantwortlich. Die Ausbreitung durch Wildschweine erfolgt langsam und über kurze Distanzen. Mit der Instruktion der Mitarbeitenden auf hiesigen Höfen und dem Hochfahren der Biosicherheitsmassnahmen, im Besonderen einer Einzäunung der Ausläufe, ist bereits viel getan.

 

Mit der Ampel den Betrieb sichern

Die eigens für die Schweiz adaptierte ASP-Risikoampel steht seit Anfang September als Online-Tool zur Verfügung. Über ein Multiple-Choice-System beantworten die Landwirte Fragen, wobei das Tool in einem zweistufigen Verfahren automatisch bewertet, wie stark jeder Aspekt das Risiko eines ASP-Eintrags verringert oder erhöht. Das Ergebnis ist nach Ampelfarben visualisiert und gibt Auskunft über die erreichte Risikoklasse. In einer Analyse werden alle identifizierten Risikofaktoren gemäss ihrer Bedeutung aufgelistet. Daraus entsteht für die Schweinehalterin eine praktische To-do-Liste mit konkreten Massnahmen. Das Projekt «ASP-Risikoampel Schweiz» wurde von der Universität Vechta (D) zusammen mit der Suisag durchgeführt. Als Basis diente die ASP-Risikoampel Deutschland. Die wissenschaftliche Grundlage für die Gewichtung der Risikofaktoren hat eine Gruppe von 33 Experten aus der ganzen Schweiz und fünf Experten aus Deutschland erarbeitet. Die dem SGD angeschlossenen Betriebe finden die ASP-Risikoampel Schweiz über ihr Login unter suisag.ch. Im Rahmen des SGD-Beratungsbesuchs kann das weitere Vorgehen diskutiert werden. Nicht-SGD-Betriebe überprüfen ihren Betrieb unter risikoampel.uni-vechta.de.