«Bis jetzt ist noch keiner auf die Alp gefahren», sagte der Schwyzer Theo Pfyl, Vorstandsmitglied Schweizer Alpwirtschaftlicher Verband (SAV) auf Anfrage Anfang Woche. Damit meint er die Bestossung der frühen Alpen, etwa im Gebiet Rigi. Um diese Zeit waren vor Jahresfrist schon mehrere Alpen bestossen. In mittleren und höheren Lagen liegt bekanntlich gebietsweise noch viel Schnee. Trete nun nach Niederschlägen und milderen Temperaturen die Schneeschmelze ein, könnte der Auftrieb für viele doch noch im Mehrjahresvergleich «normal» sein, vermutet Pfyl. Viele Kaltlufteinbrüche vertrage es aber nicht mehr.
«Bis jetzt ist noch keiner auf die Alp gefahren.»
Alpfachmann Theo Pfyl, Muotathal, zur Situation in Schwyz Anfang Woche.
Erst trocken, dann kalt
«Noch keine Alp bestossen», tönt es auch aus Uri. «Witterungsbedingt hat die Weidesaison noch nicht einmal auf allen Heimbetrieben begonnen», weiss Damian Gisler, Vorsteher des Amts für Landwirtschaft. Es brauche nun deutlich schöneres und wärmeres Wetter, ansonsten werde sich der Auftrieb verzögern. In den tieferen Lagen in Luzern (Entlebuch) und Nidwalden (Wiesenberg) ist man aktuell am «Auffahren». Verzögerungen seien nicht aussergewöhnlich, ergänzt Heiri Niederberger vom Nidwaldner Amt für Landwirtschaft. Bereits bestossen sind in Obwalden auch tiefe, häufig direkt an den Heimbetrieb angrenzende Sömmerungsbetriebe. Etwa die Stöckalp im Melchtal und auch die Alpkäserei Bergmatt sei in Betrieb, berichtet Niklaus Ettlin vom Amt für Landwirtschaft und Umwelt. Erst zu trocken, dann zu kalt, die Witterung würde auch auf den Heimbetrieben zu einigen Einbussen führen, vermutet Ettlin weiter.
Vom Wetter abgesehen, herrscht aber seit der Agrarpolitik 2014 und den damit einhergehenden höheren Sömmerungsbeiträgen und weiteren Programmen noch immer Aufbruchstimmung. Insbesondere auch, da viele Zentralschweizer Alpen von Familien geführt werden und kaum auf Personal angewiesen sind. Zwar wollen viele einen Alpsommer verbringen, dies liegt im Trend und liest sich gut im Lebenslauf, allerdings sei gutes Personal noch immer gefragt. Insbesondere auch bei den grösseren genossenschaftlich organisierten Alpen. «Die Suche nach geeignetem Personal wird sicher nicht einfacher», sagt etwa Heiri Niederberger.
Was beschäftigt die Zentralschweizer Älpler?
Einer, der es wissen muss, ist der Muotathaler Theo Pfyl. «An der Alpfachtagung wurde das Thema Energieversorgung ausführlich diskutiert», sagt er. In diesem Bereich seien Bestrebungen in Gang, in alternative Möglichkeiten zu investieren. Immer mit dem Ziel, die Dieselgeneratoren nur noch als Notversorgung zu nutzen auf schlecht erschlossenen Alpen. Auch die Haftung bei Wanderwegen ist ein Thema. Eine Sensibilisierung bei den Älplern habe stattgefunden. «Ich hoffe, dass sich auch die Wanderer an die Empfehlungen halten und wir einen Alpsommer ohne Unfälle erleben», sagt Pfyl. Die Situation rund um Grossraubtiere wurde an besagter Tagung relativ entspannt beurteilt. Im Wissen, dass, wenn der Wolf zuschlägt, schnelles Handeln gefragt ist. Vorsorgemassnahmen wurden auf den grossen «Hirten» getroffen.
Konstante Familienbetriebe
Das System der Familienbetriebe hat auch Auswirkungen auf die Bestossung. Diese ist kleineren Schwankungen unterworfen als in anderen Regionen. «Die meisten Alpen bekommen die gewünschten Tiere», so die Erfahrung von Hans Siegenthaler, BBZN Schüpfheim und Berater Alpwirtschaftlicher Verein Kanton Luzern. «Im Kanton Uri blieb die Zahl der gesömmerten Milchkühe in den letzten vier Jahren relativ konstant», sagt der Urner Damian Gisler. Und auch in Schwyz würden die Älpler Schwankungen mit eigenem Vieh auffangen. Noch nicht abschätzbar sei der Zusatzbeitrag für gemolkene Kühe auf die Zahl der gesömmerten Milchkühe.
BVD-Prophylaxe
Nach BVD-Ausbrüchen 2017 im Urner Sömmerungsgebiet hat die Sensibilität diesbezüglich zugenommen. Man appelliere an die Eigenverantwortung der Älpler bezüglich BVD-Prophylaxe, ergänzt Damian Gisler. Dies betreffe insbesondere die zeitnahe Meldung bei der TVD und die Meldepflicht von Aborten von Tieren der Rindergattung. Im Kanton Schwyz gelte die Empfehlung, Tiere gegen Rauschbrand zu impfen, nach wie vor, ruft Theo Pfyl in Erinnerung. Grundsätzlich wurden die Alpbetriebe in den Urkantonen wie auch in Luzern von den kantonalen Veterinärdiensten und Landwirtschaftsämtern über den Winter an Veranstaltungen und schriftlich informiert.
Kontrollen auf den Alpen
Im Kanton Obwalden laufen die Fristen zur Anpassung der Notställe auf die Mindestmasse im nächsten Jahr ab. Das Amt für Landwirtschaft empfiehlt entsprechend eine rechtzeitige Planung. Die Zuständigkeit liegt beim Veterinäramt der Urkantone. Schwerpunkte bei Kontrollen auf Sömmerungsbetrieben in Luzern werden gemäss Hans Siegenthaler der bauliche Gewässerschutz und die Problematik der Verbuschung und Problempflanzen darstellen.