Ein Demeterlandwirt sagte mir einmal, die schlechtesten Biobauern seien jene, die es nur der Direktzahlungen wegen machten. Ich gehe davon aus, dass er recht hat. Es ist kein Geheimnis und auch keine Schande, dass die Landwirtschaft am Tropf des Bundes hängt. In Milliardenhöhe fliessen Zahlungen, von denen schliesslich auch die vor- und nachgelagerten Betriebe leben. Den Bauern selbst bleibt wenig von diesem Geld, das in drei Chargen in ihre Kasse fliesst. Dass Stimmen lauter werden, man möge sich von diesen Zahlungen abwenden und stattdessen den Produktepreis erhöhen, ist nachvollziehbar. Sie stammen insbesondere aus jenen Kreisen, die auch lautstark und wiederholt eine produzierende Landwirtschaft fordern. Aber warum soll nun genau derjenige Landwirt der schlechteste Bioproduzent sein, der es dieser Zahlungen wegen macht?

Gesetze geben allen Sicherheit

Der Bund schafft in jedem agrarpolitischen Wurf neue Anreizsysteme. Auf der einen Seite regelt und verbietet er mit Gesetzen und Verordnungen und auf der anderen Seite fördert und lenkt er mit Geldern. Die Vergangenheit hat uns gelehrt, dass ersteres meist nicht genügt, weil es immer Lücken hat und es auch immer Leute gibt, die sich nicht daran halten. Verwarnungen, Bussen und Anzeigen sind die Folge. Das wird sich auch künftig nicht ändern. Muss es auch nicht. Schliesslich verhalten sich alle Menschen ähnlich und wer mit 80 km/h durch ein Dorf brettert, soll in aller Deutlichkeit spüren, dass er das nicht tun darf. Ein Bauer, der seine Tiere nicht nach den Gesetzen hält, soll ebenfalls büssen. Diese Gesetze geben im Grunde allen Sicherheit. Jenen, die sich daran halten, jenen die sich nicht daran halten, aber auch jenen, die nichts damit zu tun haben, aber sicher sein möchten, dass es eine Ordnung gibt, auf die er oder sie sich verlassen kann.

Anreize zeigen Wirkung – und haben Folgen

Anreizsysteme liegen im Grunde auf der anderen Seite der Erziehungsskala. Ein Gesetz verbietet ein Verhalten. Ein Anreizsystem will es fördern. Die Vergangenheit hat ebenfalls gezeigt, dass die Bauern sehr affin auf diese finanziellen Anreize reagieren. Mit den Tierhalterbeiträgen beispielsweise hat man die Bestände in eine Höhe wachsen lassen, welche der Landwirtschaft heute noch regelmässig medial zum Vorwurf gemacht wird. Es gibt noch weitere Beispiele. Im Kanton Bern wurde mit Geldern der pfluglose Anbau gefördert. Damit ging die Erosion zurück, im Gegenzug schnellte der Glyphosat-Verbrauch in die Höhe. Die Folgen sind bekannt. Am Pranger steht die Bauernfamilie.

Umwelt- gegen Tierschutz

Wie sieht es denn jetzt mit den Tierwohlprogrammen aus? Die Anreizprogramme BTS und RAUS sind in keiner Weise infrage gestellt. Noch nicht. Während das bei BTS so bleiben dürfte, werden sich Umweltverbände früher oder später gegen die RAUS-Beiträge aussprechen. Darunter werden auch all die Milch- und Fleischprogramme leiden, die wie Pilze aus dem Boden geschossen sind – Grüner Teppich, Bio Weidebeef, Nachhaltige Milch Migros, Wiesenmilch und, und, und. Sie alle werden unter Druck kommen. Dann nämlich, wenn es heisst, die Kühe müssten ihrer Ausscheidung wegen wieder vermehrt in den Stall. Spätestens dann werden sich der Schweizer Tierschutz und Pro Natura in den Haaren liegen. Bis dahin wird aber noch etwas Zeit vergehen. Erst einmal werden die Bauernfamilien mit anderen Zielkonflikten zu kämpfen haben. Einer liegt bereits in der Pipeline des Bundesamts für Landwirtschaft – das Tiergesundheitsprogramm.

Weniger Antibiotika hat eine Schattenseite

Künftig sollen Zahlungen fliessen für gesunde Tiere, die in Würde leben und keinem Stress ausgesetzt sind. Eine nachvollziehbare Idee, jene Bauern zu belohnen, die gut zu ihren Tieren schauen, statt nur jene zu bestrafen, die das nachweislich nicht tun. Aber hier liegt ein Hund begraben und er heisst reduzierter Medikamenteneinsatz. Wir belohnen jene Betriebe, die den Einsatz von Antibiotika runterfahren. Die Landwirtschaft hat den Einsatz innert zehn Jahren halbiert. In der Humanmedizin ist nichts passiert. Eine Befragung zeigt, dass knapp die Hälfte der Bevölkerung damit einverstanden wäre, dass Tiere leiden oder gar sterben, weil sie kein Antibiotika mehr erhalten. Hauptsache, dieser Verbrauch geht weiter runter. Das verstösst gegen eine heilige Kuh in unserem Land: das Tierschutzgesetz. Wir rühmen uns, wir hätten das strengste Tierschutzgesetz weltweit. Bauen unsere Argumentation immer und immer wieder genau auf diesem Gesetz auf und nehmen im Gegenzug in Kauf, dass Tiere leiden, weil wir sie nicht mehr mit den nötigen Medikamenten behandeln können. Und das fördern wir auch noch mit Bundesgeldern. Das geht nicht auf! Vielleicht täte der Schweizer Tierschutz künftig besser daran, dem Bund auf die Finger zu schauen, was dieser künftig genau fördern will und womit, statt sich bei Marktakteuren mit einer einfachen Milchbüechlirechnung lächerlich zu machen.