Wer ein Tier verkauft, kann selten denken, es sei aus den Augen und aus dem Sinn. Erfahrungsgemäss gibt es drei Sorten von Käufern. Nummer eins weiss, was er sucht, kauft schnellentschlossen, stellt die nötigen Fragen, verlädt das Tier und ist weg. Nummer zwei ruft vorher mindestens dreimal an, will alles ganz genau wissen, ruft von unterwegs an, weil er den Weg nicht findet, und kauft dann, wenn er im Stall steht, ein ganz anderes Tier, als er ursprünglich wollte. Nummer drei kauft schnell und planlos, fragt wenig und ruft danach noch mindestens dreimal an, weil das Tier doch nicht so das ist, wie er es wollte, es eigentlich zu teuer war und er jetzt mit dem Strich hinten links nicht so sicher ist, ob das dann gut kommt. Und dann noch das Papier, das in Ordnung gebracht werden muss.

Darf der Aufwand etwas kosten?

Sicher ist, der Handel macht mal mehr, mal weniger Aufwand und Freude. Und es stellt sich die Frage, darf dieser Aufwand etwas kosten und wenn ja, wie viel? Darf ein Tränker aus dem hinteren Chrachenmoos gleich viel kosten, wie einer, der neben der Autobahn verladen wird? Ist es richtig, wenn ein Emmentaler Viehzüchter zwei Jahre ein Rind hegt und pflegt, es hochträchtig für 3400 Franken verkauft und der Händler daran nach einer Fahrt in die Ostschweiz 1000 Franken verdient?

Es sticht die Bauern in die Nase, wenn die Viehhändler mit dem dicken Mercedes vorfahren oder wenn sie hören, was ihre Kühe in der Ostschweiz angeblich wert sind. Den Viehhändlern ist es lieber, wenn der Züchter und der Käufer nicht miteinander reden – und die Auktion nicht im Internet übertragen wird. Sicher ist, es gibt dieses Ost-West-Gefälle. Sein Ursprung ist relativ schnell benannt, in einem beliebten Spruch der Berner: «Mä mues dr Fröid o öpis rächne.» Dass man die Freude an der Viehzucht nicht in allen Landesteilen gleich gewichtet, ist altbekannt. Und bei einigen ist die Freude am Mercedes halt grösser, als an einer Viehschau. Doch rechnen werden hoffentlich alle Beteiligten auf irgendeine Art und Weise. Dabei ist der Ostschweizer zur Erkenntnis gekommen, dass er seine Kühe ringer im Bernbiet kauft, weil das weniger Arbeit macht, die strapazierte Nährstoffbilanz nicht belastet und er dann erst noch die schönere Kuh hat. Andersrum hat es in der Westschweiz halt viele Hügel, die sich hervorragend zur kostengünstigen Rinderaufzucht eignen. Und wo immer es eine Gewinnspanne gibt, gibt es einen Schlauen, der sie abschöpft. Es wäre ja den Westschweizern freigestellt, mit ihren Kühen in die Ostschweiz zu fahren und den Gewinn selbst zu verdienen. Oder die Ostschweizer könnten sich das Geld sparen und die Kühe günstiger in der Westschweiz abholen. Aber eben, so einfach ist es nicht, Zeit ist Geld und man muss nicht nur der Freude etwas rechnen, sondern auch der Wut und dem Ärger.

Die Landwirtschaft reagiert auf Ungerechtigkeiten

Wie viel Transparenz verträgt ein Markt? Wann ist eine Marge so hoch, dass man sie selbst verdienen möchte? Immer dann, wenn der zu erwartende Gewinn grösser ist als der zu erwartende Aufwand. Erfahren haben das die Grossverteiler, als sich die Preisschere zwischen Produzenten und Laden immer weiter öffnete. Wer seine Kirschen fixfertig verpackt für ein paar Rappen abliefern soll und sie dann für ein Vielfaches im Laden wiederfindet, der kommt eines Tages auf die Idee, die Früchtchen selbst am Strassenrand zu verkaufen. Der Boom bei der Direktvermarktung zeigt, dass die Landwirtschaft durchaus reagiert, wenn sie ungerechtfertigte Preise und eine Möglichkeit sieht, die Marge selbst abzuschöpfen.

Sicher ist eine Kuh keine Kirsche und beim Viehhandel spielen die Emotionen mit. Da verkauft man vielleicht das Tier lieber einem, der es gut hält, statt blindlings dem Meistbietenden. Und ausserdem fehlt der Landwirtschaft vielfach das Selbstvertrauen, für die Produkte einen angemessenen Preis zu verlangen und den eigenen Stundenlohn zu verrechnen. So gesehen müsste man vielleicht nicht den Viehhändler kritisieren, der seine Kosten verrechnet, sondern vielmehr sich selbst, dass man es nicht tut. So wie niemand für 5000 Franken kostendeckend ein Freibergerpferd aufziehen und ausbilden kann, reichen auch 3400 Franken halt vielleicht nicht für ein hochtragendendes Rind. Es ist jedoch einfach, den Kirschbaum zu fällen, wenn niemand einen anständigen Preis für die Kirschen bezahlen will. Aber zu entscheiden, dass man kein Rind mehr zu diesem Preis aufzieht, das fällt schwer. Sinnvoll wäre, wenn die Freude am Tier nicht dazu führen würde, dass man halt ein bisschen gratis arbeitet. Schlauer wäre es, wenn daraus das Bewusstsein erwachsen würde, was das Tier und die Arbeit einem wert sind, zu welchem Preis man es verkauft und zu welchem Preis man es seinlässt. Nur dann können Angebot und Nach-frage spielen.