Ein Landwirt plant den Bau eines neuen Milchviehstalls. In seinem aktuellen Stall, der 40 Jahre alt ist, stünden diverse Sanierungsmassnahmen an. Zudem ginge mit dem Neubau ein Ausbau der Milchproduktion einher. Der Betrieb ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Zusammen mit seiner Familie, die noch schulpflichtige Kinder hat, entscheidet er sich für einen einfachen Neubau, allerdings mit hohem Tierwohlstandard. Die Wochen und Monate ziehen ins Land. Mit ihnen die Gespräche und teils Auseinandersetzungen mit der Gemeinde, dem Statthalteramt, den Nachbarn, dem Amt für Gemeinden und Raumordnung, dem Amt für Wasser und Abfall, dem Amt für Landwirtschaft und Natur, der Denkmalpflege, der Stiftung für Landschaftsschutz und weiteren. Es hagelt Fachberichte, Einsprachen und Wartefristen. «Sie hätten uns früher ins Boot holen sollen», wird das Vorgehen des Landwirts mehrfach kritisiert. Zielkonflikte und Altlasten kommen ans Tageslicht. Dinge, die der Landwirt selbst nicht beeinflussen kann. Immer wieder fasst er Mut, glaubt, mit seinem Projekt die Existenz des Betriebs sichern zu können. Doch das Bauvorhaben wird schliesslich zum Spiessrutenlauf. Zermürbt gibt die Bauernfamilie nach zweieinhalb Jahren auf und verwirft die Baupläne. Ein Jahr später spielt sie nun mit dem Gedanken, die Milchproduktion aufzugeben.

Diese Geschichte ist eine, wie es sie immer wieder einmal gibt. Und sie alle haben eines gemeinsam. Die betroffenen Bauernfamilien starteten voller Elan ein Projekt und geben schliesslich ermattet vom Marathon auf. So passiert das auch regelmässig Betriebsleitenden, die aussiedeln wollen oder auch müssen, wollen sie eine Produktion sicherstellen. Ställe, Wohnbauten oder auch einfachere Projekte schmettern ab. Gibt das eine Amt grünes Licht, stehen die Ampeln beim nächsten auf dunkelrot.

Einzäunen ja, aber nicht am Waldrand

Ein Landwirt will Landwirtschaftliche Nutzfläche (LN), am Waldrand liegend und von diesem überwachsen, mit Ziegen beweiden, um den Wald zurückzudrängen. Die «Ziegenputzmannschaft»soll den Waldsaum schwenten, damit dieser hernach auf seine ursprüngliche Höhe zurückgestutzt werden kann. Dafür müsste der Landwirt einen Zaun erstellen, schliesslich sollten die Ziegen auch dort bleiben. Sein grösster Fehler war, wie er meint, je irgendwo um Erlaubnis gefragt zu haben. Das Einzäunen wird ihm verwehrt, mit der Folge, dass der Wald weiter in die LN hineinwächst und diese schliesslich zurückdrängt. Ziegen einzäunen gegen den Wolf ja, aber bitte nicht am Waldrand, kann zusammengefasst gesagt werden.

Alle Bauern kennen das engmaschige Schweizer Korsett. Viele haben sich damit abgefunden und wissen, dass es beinahe für jedes und alles mindestens ein aber meistens ordnerweise Formulare braucht und der Segen eines einzigen Amtes eben oft nicht reicht. Auch wenn das zuweilen verärgert, man arrangiert sich mit dem kleinkarierten Denken und versucht, einen gangbaren Weg, gepflastert mit Kompromissen, zu gehen. Wenn denn Kompromisse nicht an Zielkonflikten scheitern.

Kaum Hürden für die Wisente

Im Kanton Solothurn, genauer im Naturpark Thal, wurde ein Projekt aus dem Boden gestampft, wo man richtiggehend über Zielkonflikte stolpert. «Den Wisent dem Jura zurückgeben», nennt sich das Vorhaben. Eine Testherde aus 10 bis 25 Tieren soll sich zunächst im späteren Schaugehege, danach im rund 1 km2 grossen, eingezäunten Auswilderungsgehege und schliesslich auch in dessen Umgebung aufhalten können. Der Verein Wisent Thal, der 2017 gegründet wurde, will rund 1000 Jahre nach der Ausrottung, das grösste verbliebene Wildtier Europas in der Schweiz wieder ansiedeln und damit einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung dieser gefährdeten Tierart leisten. Dass das in der dicht besiedelten Schweiz und insbesondere aus landwirtschaftsnahen Kreisen für Opposition sorgt, erstaunt nicht. Was aber erstaunt, ist der mehrheitlich hürdenfreie Weg, den dieses Projekt, zumindest aufseiten der Behörden, nimmt. Hier scheint zum Beispiel das Einzäunen des Waldes zulässig zu sein. Für Ziegen nicht, für Wisente schon.

Eine Frage, welche die Bauern in dieser Region zudem sehr stark beschäftigt, ist, ob Schäden an Land und Forst entstehen könnten. Das könne derzeit noch nicht mit Sicherheit beantwortet werden, heisst es vonseiten Verein. Das Projekt diene genau dazu, abzuklären, ob die Tiere schädlich sind bzw. welches Ausmass allfällige Schäden hätten, heisst es weiter.

Die produzierende Landwirtschaft wehrt sich

Die gleichen Behörden und Paragrafen, die einem Bauern das Einzäunen oder Umsetzen seiner Projekte verhindern, scheinen hier beide Augen zuzudrücken. Eine Tatsache, welche die Landwirtschaft breit abgestützt verärgern dürfte. Die Versorgung mit gesunden Nahrungsmitteln scheint in den Amtsstuben zuweilen ein tieferes Gewicht zu haben als das Hirngespinst einiger Naturschützer.

Nun liegt das Ganze beim Bundesgericht, weil sich die Gegner dieses Projekts bis auf das Letzte wehren wollen. Dass die produzierende Landwirtschaft hier einmal nicht locker lässt und sich nicht so leicht zermürben lässt, ist ein Zeichen dafür, dass der Wille in den eigenen Reihen da ist, in der Schweiz auch künftig noch Nahrungsmittel zu produzieren.