In der Schweiz sterben jährlich fast 300 Menschen wegen antibiotikaresistenter Bakterien, europaweit sogar 3300. Diese Zahlen hat das Schweizerische Zentrum für Antibiotikaresistenzen (Anresis) vergangenes Jahr veröffentlicht. Antibiotikaresistenz entsteht, wenn Bakterien unempfindlich oder weniger empfindlich gegenüber Antibiotika werden. Solche resistenten Bakterien können die Behandlung von Infektionen verlängern oder sogar unmöglich machen.

Der Schweizer Antibiotikaverbrauch sinkt

Die gute Nachricht ist, dass der Antibiotikaverbrauch in der Schweiz abnimmt. Bei ambulanten Behandlungen wurden fünf Prozent weniger eingesetzt als vor zwei Jahren. Im Spital nahm der Verbrauch um zehn Prozent ab. Hausärzte verschrieben 2017 auf 1000 Konsultationen in 29 Fällen Antibiotika. Einige Jahre zuvor waren diese noch in bis zu 40 Fällen verordnet worden.

Nicht überall gibt es Fortschritte

In der Veterinärmedizin geht der Einsatz markant zurück. Für die Behandlung von Haus- und Nutztieren wurden 2017 etwas mehr als 32 Tonnen Antibiotika eingesetzt. In zehn Jahren konnte der Verbrauch im Veterinärbereich um über die Hälfte reduziert werden, wie im «Swiss Antibiotic Resistance Report 2018» zu lesen ist. Gemäss dem Bericht, der alle zwei Jahre erscheint, hat das vor allem damit zu tun, dass weniger Medizinalfutter verkauft wurde. Der Verbrauch von so genannten kritischen Antibiotika ging in der Tiermedizin innerhalb von zwei Jahren um 20 Prozent zurück. Diese haben eine besonders hohe Bedeutung, da sie bei gewissen Krankheiten die einzige Behandlungsmöglichkeit darstellen. Problemfelder bleiben aber bestehen, etwa die antibiotischen Trockensteller. Bei der Menge der intramammären Injektionen (sprich ins Euter) steht die Schweiz an der Spitze der Negativrangliste. Auch in der Kälbermast und der Schweinehaltung ist der Antibiotika-Einsatz noch weit verbreitet. 

Datenbank ermöglicht gezieltes Handeln

Auch bei der Erfassung von Verschreibungen hinkt die Schweiz anderen europäischen Ländern hinterher. In Dänemark besteht schon seit 1995 eine solche Antibiotika-Datenbank, hierzulande erst seit Anfang Jahr. Seit dem 1. Januar 2019 müssen Tierärzte und Tierärztinnen Antibiotikaverschreibungen im Rahmen von Gruppentherapien elektronisch erfassen.  Seit einigen Tagen – dem 1. Oktober – gilt die Eingabepflicht  auch für Einzeltiertherapien  und bei Abgaben auf Vorrat. Für die Tierärzteschaft ist das ein Mehraufwand, den sie in ihren Rechnungen an die Tierhalter – seien es Büsibesitzer  oder Bauern – weitergeben werden. Darüber kann man fluchen, doch dass Handeln beim Verbrauch genauso Not tut wie bei der Aufzeichnung, lässt sich nicht wegdiskutieren. Die neue Datenbank kann helfen, zu erkennen, wo zu viel Antibiotika eingesetzt wird bzw. wer zu viel einsetzt. Dort kann man dann gezielt ansetzen.

Druck von der Trinkwasserinitiative

In der Humanmedizin ist die Datenlage lückenhaft, denn die Aufzeichnung bleibt für Spitäler und Apotheken freiwillig. Dass Tierärzte und Landwirte das nur schwer verstehen können, ist sehr nachvollziehbar. Sich bewegen und zusammenarbeiten müssen alle: Politik, Human- und Tiermedizin und Landwirtschaft. Der politische Druck steigt hier mit der Trinkwasser-Initiative.   Diese will Direktzahlungen bei prophylaktischem Antibiotikaeinsatz  oder für Betriebe verbieten, deren Produktionssystem einen regelmässigen Einsatz nötig macht.

Gegen Viren sind Antibiotika wirkungslos

Um alle Akteure an einen Tisch zu bringen, hat der Bundesrat die Nationale Strategie gegen Antibiotikaresistenzen (StAR) erarbeitet. Teil davon ist die Sensibilisierungskampagne «Nutze sie richtig, es ist wichtig» der vier Bundesämter BAG, BLW, BLV und Bafu. Diese informiert die Bevölkerung über den sorgfältigen Umgang mit Antibiotika und ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung.  Denn vielen Schweizer(-innen) ist noch nicht klar, dass Antibiotika gegen Bakterien, nicht aber gegen Viren wirken.

Mit Alternativen spart man auch Geld 

Zurück zur Landwirtschaft: Damit der Antibiotikaverbrauch weiter sinkt, kann jeder Betrieb eigene Massnahmen treffen. Dazu gehören sicher ein sorgfältiges Management, gute Haltungsbedingungen und eine gute Hygiene im Stall. Je weniger Infektionen auftreten, desto weniger Antibiotika müssen eingesetzt werden. Nicht zu vergessen ist, dass jede Behandlung auch etwas kostet. Jede Dosis, auf die verzichtet wird, hilft also nicht nur im Kampf gegen die Resistenzen, sondern schont auch das bäuerliche Portemonnaie. Bestimmt ist in den Schweizer Ställen auch das Potenzial bei der Alternativmedizin (etwa Homöopathie) noch nicht ganz ausgeschöpft.