Eutererkrankungen mit dem Erreger Streptococcus uberis haben zugenommen. «Im Moment handelt es sich dabei um den wichtigsten Euter-Erreger», erklärt Tierarzt Beat Berchtold auf Anfrage. Dieser Erreger ist ein sogenannter Umweltkeim, der auf der ganzen Welt verbreitet ist. Die Bakterien kommen überall in der Umgebung von Rinderherden vor und leben auf den Weiden oder in den Ställen. Erkrankt eine Kuh an Streptococcus uberis, kann das Eutergewebe geschädigt werden. Dadurch wird das betroffene Euterviertel oft anfälliger für Neuerkrankungen. Die Behandlungsform ist klar: Es braucht Antibiotika.
Massiver Druck
«Die Veterinärmedizin und damit auch die Landwirtschaft stehen im Vergleich zur Humanmedizin unter massivem öffentlichem Druck, den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren», weiss Matthias Knöri, Geschäftsführer der Firma Dr. E. Graeub AG. Das Schweizer Pharmaunternehmen stellt Veterinärprodukte her und hat vor wenigen Wochen eine Impfung gegen den Erreger Streptococcus uberis auf den Markt gebracht.
Für Knöri ist es nicht überraschend, dass der Antibiotikaeinsatz in der Schweiz und in der EU in der Tiermedizin bereits seit Jahren rückläufig ist. «Die Tierarzneimittelbranche in der EU erwirtschaftet nur gerade rund 12 % ihres Umsatzes mit Antibiotika, während mit Vakzinen (Impfungen) über 30 % des Umsatzes generiert wird», weiss er. Knöri ist sich sicher, die Wichtigkeit der Vorbeugung von Infektionen mit der damit verbundenen Beratungsdienstleistung der Tierärzteschaft wird zunehmen. Aber auch dann sei ein Leben ganz ohne Antibiotika in der Tiermedizin eher undenkbar und könnte aus ethischen Gesichtspunkten nicht vertreten werden.
In der Praxis getestet
Die neue Impfung aus dem Hause Dr. E. Graeub AG heisst Ubac. «Durch die Impfung wird der Immunstatus der Kuh und der ganzen Herde gegenüber Streptococcus-uberis-Infektionen verstärkt. Besonders wichtig für einen erfolgreichen Einsatz ist die genaue Abklärung im Bestand, ob das Mastitisproblem effektiv darauf zurückzuführen ist. Dazu ist es wichtig, dass alle Tiere in der Herde geimpft werden», erklärt Tierärztin und Graeub-Produktmanagerin Aurélie Siegenthaler. In einem Problembestand könne die Impfung zu einer deutlichen Reduktion der klinischen Fälle und dadurch zu einer Reduktion des Antibiotikaverbrauchs und der Milchverluste führen.
Bevor die Impfung auf den Markt kam, wurde sie von Tierärzten auf Betrieben getestet. Beat Berchtold, Tierarzt von der Tierärztlichen Bestandesbetreuung in Bargen BE, sagt, dass durch die Impfung tendenziell weniger Euterentzündungen durch Streptococcus uberis auftreten und auch die Zellzahlen leicht sinken. Es seien aber immer noch Euterentzündungen aufgrund dieses Keims auf den Betrieben vorhanden. «Wichtig ist für mich eine ganzheitliche Abklärung der Risikofaktoren. Eine Impfung ist eine der Möglichkeiten, den Druck etwas zu senken. Eine einwandfreie Melktechnik, eine optimierte Melkarbeit, sowie eine tiefe Keimbelastung auf dem Läger und eine wiederkäuergerechte Fütterung mit einwandfreier Futterqualität sind genauso wichtig», zieht er ein Fazit.
Beschaffung schwierig
«Die Tiermedizin wird zunehmend Antibiotika einsetzen, die in der Humanmedizin wenig Anwendung finden», sagt Matthias Knöri. Die Beschaffung genau dieser Wirkstoffe in der vorgeschriebenen Qualität werde aber zunehmend schwierig. Die oft aus Asien stammenden Zulieferer der Rohstoffe würden die Marktpreise diktieren. «Es kann also davon ausgegangen werden, dass beliebte Produkte vom Markt verschwinden werden, Produkte teurer werden oder aber nur noch eingeschränkt zur Verfügung stehen», ist er sich sicher. Hier sind also Massnahmen gefordert. Neben einer optimierten Tierhaltung haben Impfungen mit Blick in die Zukunft wohl die grösste Bedeutung.