Die ersten Rinder und Kühe sind bereits in ihren Sömmerungsquartieren eingezogen. Andere gehen dieser Tage. Die Wärme im April und die darauffolgenden Niederschläge haben das Graswachstum auch in höheren Lagen vorangetrieben. So sei heuer ein zeitiges Bestossen der Bergweiden möglich.
Sömmerungen können stärken
Eine Sömmerung könne für die Fitness des Jungviehs sicher wertvoll sein, erklärt Fabian Dettwiler, Rindviehspezialist und Berater am Ebenrain-Zentrum für Landwirtschaft, Natur und Ernährung in Sissach BL. «Eine Sömmerung muss aber bei der Aufzuchtstrategie berücksichtigt werden und wenn nötig ein kompensatorisches Wachstum möglich machen», sagt er. Zudem müsse auch an das mögliche Verschleppen von Mortellaro oder Parasiten gedacht werden. «Je besser das Management auf den Sömmerungsbetrieben, desto geringer das Risiko.»
Stress kann schaden
Meist wird unter Bauern erstrangig über Kühe gesprochen, weniger über Rinderaufzucht. Eine Phase, die allzu gerne als selbstverständlich betrachtet wird. Fabian Dettwiler erklärt, dass es aber auch hier Wichtiges zu beachten gibt. «Oftmals kommen mit dem Abtränken zu viele Veränderungen auf einmal, wie beispielsweise das Umstallen in ein anderes System oder eine neue Gruppe. Dies bedeutet zu diesem wichtigen Zeitpunkt zusätzlichen Stress für die Kälber, welcher in einem zu tiefen Festfutterverzehr resultiert. Dieser eingehandelte Entwicklungsrückstand ist vor allem in intensiven Strategien schwierig aufzuholen», mahnt er.
Später hingegen würde eine zu energielastige Ration problematisch. Dies ziehe sich hin bis zum Abkalben. Verfettete Erstkalbinnen hätten mehr Probleme mit der Geburt. «Im letzten Trächtigkeitsdrittel ist die Sicherstellung der Eiweiss- und Mineralstoff-/Vitaminversorgung von besonderer Bedeutung, um Kolostrum von hoher Qualität und ein vitales Kalb zu fördern» ergänzt der Rindviehspezialist.
Fehlende Klauenpflege wird zum Problem
Ein weiteres beobachtetes Problem sei die fehlende Klauenpflege beim Besamen und vor dem Abkalben. «Oftmals hat Mortellaro bei den Aufzuchtrindern ihren Ursprung», weiss er. Werde die Krankheit zu diesem Zeitpunkt behandelt, könne die chronische Form oftmals unterbunden werden. «Ausserdem infiziert man die Milchkuhherde nicht immer wieder neu.» Die fehlende Klauenpflege führe zur fehlenden Hohlkehlung an der Klaue und das wiederum zu Sohleneinblutungen und schlimmstenfalls zu Klauengeschwüren nach dem Kalben.
Energieversorgung nach Bedarf
In Sachen Fütterungsempfehlung rät Fabian Dettwiler, die Energieversorgung nach Bedarf zu machen. «Ein gutes Hilfsmittel ist das Body Condition Scoring. Es hilft, die Körperkondition objektiv und systematisch zu erfassen und anschliessend Anpassungen vorzunehmen.» Die Eiweissversorgung sei insbesondere vor dem Abkalben sicherzustellen, um wertvolles Kolostrum zu erhalten.
«Mineralstoff- und Vitamine fördern die Vitalität der geborenen Kälber, aber auch die Fruchtbarkeit der Erstlaktierenden. Denn die Eizellqualität zum Besamungszeitpunkt wird schon vor dem Abkalben massgeblich beeinflusst», erklärt Dettwiler.
Zurück zu den Wurzeln
Auf die Frage, was sich in den letzten zehn Jahren in der Rindviehaufzucht am meisten verändert habe, sagt Fabian Dettwiler: «Die Metabolische Programmierung in den ersten drei Lebenswochen ist sicher die grösste Veränderung. Vielleicht könnte man auch sagen, zurück zu den Wurzeln. Dem Kalb das geben, was es in dieser Zeit am besten verdauen kann, nämlich Milch. Dass diese Kälber in den ersten Wochen vitaler und frohwüchsiger sind, ist nicht mehr von der Hand zu weisen», sagt er.
Er spürt, dass auf den Betrieben die Jungviehaufzucht an Wichtigkeit gewonnen habe. Vor allem bei Stalloptimierungen werde öfters über die Kälber und das Jungvieh gesprochen. Da diese bei Neubauten von Milchviehställen nicht selten hinten anstehen. «Das Bewusstsein für die Basis einer langlebigen und leistungsfähigen Milchkuh scheint gewachsen zu sein», freut sich der Berater und Kuhsignal-Trainer. «Nur wenn sich die Tiere wohlfühlen, bleiben sie gesund und entwickeln sich entsprechend. Zentral sind sicher unter anderem ausgeglichene Gruppen bezüglich des Alters. Dies erleichtert auch dem Landwirt das Management», schliesst Dettwiler.