«Ammoniak verschlechtert die Luft und ist ein schädliches Umweltgas. Gleichzeitig nehmen dadurch die Klauengesundheit und die allgemeine Gesundheit unserer Tiere ab», fasst Matthias Schick prägnant zusammen. Er ist Bereichsleiter Tierhaltung und Milchwirtschaft am Strickhof und ausserdem in der Forschungsleitung von Agrovet-Strickhof tätig. Ammoniakemissionen lassen sich unter anderem durch eine Kot-Harn-Trennung vermindern.
Herr Schick, wie weit sind wir bei diesem Thema in der Schweiz?
Matthias Schick: Kot-Harn-Trennung wird in der Schweiz sehr kontrovers diskutiert. Vonseiten Forschung und Wissenschaft gibt es Vorschläge, diese Trennung schnell hinzubekommen, etwa durch eine Harnsammelrinne und Laufflächen mit ca. 3 % Quergefälle. Mit einer solchen kann man gemäss Literaturangaben bis zu 20 Prozent Ammoniak einsparen. Es gibt hierzu aber auch Nachteile, etwa Mehrkosten beim Bau und Mehrarbeit. Es braucht 3 Prozent Gefälle, um das realisieren zu können. Man bekommt immer eine Schmierschicht, weil der Harn schneller abläuft und der übrig bleibende Kot richtiggehend verschmiert, gerade im Sommer. Das führt dazu, dass man eine zusätzliche Befeuchtung installieren muss, was wiederum Kosten auslöst. Was die Praxis angeht, sind viele Landwirte noch sehr skeptisch. Mittlerweile gibt es aber mehr und mehr Hersteller, die dieses Gefälle schon in eine Gummimatte eingebaut haben. Das kann dann auch für Altbauten interessant werden. Hierzu liegen aber noch kaum wissenschaftlich fundierte Ergebnisse vor. [IMG 2]
Also kurz zusammengefasst: bei diesem Thema gibt es noch ganz viel Potenzial.
Klar, einerseits beim Bauwesen. Ich selbst bin seit 40 Jahren daran, Stufen und Übergänge in Ställen wegzuempfehlen, weil weder Kuh noch Mensch gerne darüber gehen. Und jetzt kommen wir wieder und bauen erhöhte Fressstände und Harnsammelrinnen ein. Ob dies fortschrittlich ist, kann diskutiert werden. Aktuell wird viel auf Schiebertechnik gesetzt, aber in der Zukunft sehe ich eine Entwicklung hin mehr zu mobilen Systemen, sprich Entmistungsrobotern mit intelligenten Steuerungen. Die ersten Modelle konnten nur Mist schieben, aber nun gibt es auch bereits Verfahren, welche auch sammeln können. Bei einer Variante aus Österreich sind Harn und Kot bereits trennbar. Gleichzeitig sind diese Systeme aber noch nicht so weit, dass wir von der Beratung in jedem Fall sagen können, «kauf dir sofort einen Roboter». Einerseits sind sie teuer, kosten bis zu 45 000 Franken, gleichzeitig sind sie noch nicht so zuverlässig, wie wir das gerne hätten. Sie müssen sich vorstellen, bei den Melkrobotern sind wir mittlerweile schon in der fünften Generation, bei den Entmistungssystemen stecken wir noch in den Kinderschuhen. Dahinter ist noch nicht so viel Intelligenz.
Was raten Sie denn einem Bauern, der sich für das System interessiert?
In der Schweiz gerät der Spaltenboden mehr und mehr in Verruf. Verschiedene Kantone diskutieren derzeit schon ein Verbot des Spaltenbodens für Milchkühe. Der Laufbereich muss dann planbefestigt sein. Wir müssen uns also damit befassen, einen Schieber öfters laufen zu lassen, und auch die Möglichkeit eines mobilen Systems ins Auge fassen. Wenn wir Fressstände oder eine Harnsammelrinne einbauen, sind wir für 30 Jahre verbaut. Mit einem mobilen System bleibt man hingegen flexibel und kann sich in fünf Jahren etwas Besseres holen. Ich versuche in meiner Beratungstätigkeit, möglichst viel mit Robotertechnik zu machen. Die stationären Schieber haben den Nachteil, dass sie den Boden glatt schleifen und man ihn anschliessend wieder aufrauen lassen muss, was wiederum zu mehr Emissionen führt.
Die Schieber sind sehr etabliert. Wird in diesem Bereich geforscht?
Ja, wir sind mit unserem Team am Strickhof dabei, Schieber weiterzuentwickeln und zu optimieren. Wir setzen da auf verbesserte Schieber-Boden-Anpassungen und weniger Schmierschichten. Weiterhin untersuchen wir die Wirkung von Ureaseinhibitoren, welche direkt beim Entmistungsvorgang automatisiert eingesetzt werden, um Emissionen (Geruch und Ammoniak) zu reduzieren.
Viel geschrieben wurde auch schon über die niederländische Kuhtoilette.
Ja. In der Schweiz gibt es dieses System noch nirgends. In Deutschland gibt es einen Betrieb damit. Ob sich die Kuhtoilette allerdings durchsetzen wird, ist sehr fraglich. Ich habe in der DLG-Neuheitenkommission dazu beigetragen, dass sie eine Goldmedaille gewonnen hat. Sie machen das allerdings nicht wegen den geringeren Emissionen, sondern weil sie den gewonnenen Harn für industrielle Prozesse mit grosser Wertschöpfung verkaufen können. Dass Ammoniak gesenkt wird, ist ein Nebeneffekt. Es gibt noch andere Systeme aus dem Ausland: Der Zeraflex ist ein durchlässiger Boden für den gesamten Stall. oder der Cow-Garden, das ist ebenfalls ein künstlicher urindurchlässiger Boden. Vieles ist möglich, aber meist noch im Entwicklungsstadium und vor allem mit hohen Kostenfolgen verbunden. Dann gibt es bereits seit längerem Böden, die einen raschen Harnabfluss über Wölbungen und Kunststofflippen garantieren sollen. Diese Böden funktionieren unter schweizerischen Bedingungen mit viel Stroh und Grobfutter leider nicht zufriedenstellend.
Ammoniak ist auch bei den Schweinen ein grosses Thema. Wie sieht es da mit Kot-Harn-Trennung aus?
Genau. Bei der Schweinehaltung gibt es Systeme aus Österreich mit Unterflur-Kot-Harn-Trennung. Da kommen nun aber langsam auch Schweizer Systeme auf den Markt.