Herr Eugster, war Ihnen die Strategie des Kantons bezüglich Wolfswarnsystem bekannt?
Franz Eugster: Ja, und als Mitglied des Grossen Rates habe ich sie schon mehrfach angeprangert. Ich verstehe nicht, warum eine SMS-Warnung nur bei einem Riss auf Thurgauer Boden erfolgt. Wir Tierhalter brauchen diese Warnung – sogar, auch wenn Risse nahe an der Kantonsgrenze ausserhalb unseres Kantons erfolgen. [IMG 2]
Die Präsenz eines Wolfes stellt schon ein grosses Risiko dar. Wenn man also weiss, dass ein Wolf herumstreift, dann müssen die Tierhalter zwingend gewarnt werden.
Was geht Ihnen durch den Kopf, wenn Sie die Aussage der Jagdverwaltung hören, die Nutztierhalter würden im Falle von Präventivwarnungen die Herdenschutzmassnahmen vernachlässigen?
Diese Aussage finde ich deplatziert. Wir Tierhalter schützen unsere Tiere so gut es geht. Ein vollständiger Schutz vor dem Wolf ist nicht möglich, das ist uns auch bewusst. Wenn wir aber über die Anwesenheit eines Wolfes gewarnt werden, können wir noch wachsamer sein.
Welche Erwartungen haben Sie und die Schafzuchtverbände an die Jagd- und Fischereiverwaltung in Bezug auf den Wolf?
Wir erwarten, dass wir schnell und unkompliziert informiert werden, wenn ein Wolf in unserem Kanton oder nahe der Kantonsgrenze präsent ist. Für das Amt ist dies nun wirklich keine grosse Sache. Zudem wünschen wir auch, dass im Falle von Rissen eine gemeinsame Kommunikation zwischen Tierhalter und Amt abgesprochen wird. Wenn Medien nicht mit Informationen bedient werden, dann verbreiten sie nur jene Informationen, die sie selbst finden.
Wie ist die Stimmung bei den Schafhaltern im Kanton nach dem Riss von drei Alpakas Anfang April und dieser Sichtung von letztem Donnerstag, auch wenn es letztendlich ein Wolfshund war?
Egal, wo Risse in der Ostschweiz stattfinden, wir Schafhalter fühlen mit den betroffenen Tierhaltern mit. Wir bedauern, dass wir in der Schweiz noch immer keinen pragmatischen Umgang mit diesem Grossraubtier gefunden haben. Wenn wir die Akzeptanz gegenüber dem Wolf sichern wollen, brauchen wir dringend eine konsequente Bestandesregulation.
Warnung erst nach Rissen?
Vergangenen Donnerstag, 23. Mai, machte auf Whatsapp ein Video von einem wolfsähnlichen Tier, das unter einem Weidezaun durchschlüpft und nachher wieder im Wald verschwindet, die Runde. Die Aufnahmen wurden in Ettenhausen gemacht und sorgten auf den sozialen Medien für Unsicherheit. Das Video der Wolfshundsichtung ist auf den Social-Media-Kanälen des VTL zu finden.
Sei ein Wolfshund
Michael Vogel von der Jagd- und Fischereiverwaltung gibt am Montag auf Nachfrage des «Thurgauer Bauer» Entwarnung: Es habe sich beim gesichteten Tier nicht um einen Wolf, sondern um einen tschechischen Wolfshund gehandelt. «Es gab mehrere deutliche Indizien», sagt Vogel, ohne weiter ins Detail zu gehen. Wem der Hund gehörte und ob er wieder bei seinem Besitzer ist, könne er nicht sagen. Link VTL-Facebook-Wolfshund TG
Im Kanton Thurgau sei jederzeit mit Wölfen zu rechnen, hält Michael Vogel fest. «Wir empfehlen darum allen Halterinnen und Haltern von Nutztieren, herdenschutztauglich zu zäunen.» Eine SMS-Warnung wurde vergangenen Donnerstag nicht versandt. Vogel sagt dazu: «Eine Wolfssichtung stellt noch kein Gefahrenpotenzial dar.» Im Thurgau wird erst nach einem Rissereignis eine Nachricht an die Nutztierhalter versandt. Michael Vogel rechtfertigt die Strategie, die sich von jener der Nachbarskantone unterscheidet: Man befürchte, dass die Nutztierhalter die Herdenschutzmassnahmen vernachlässigen würden und sich nur noch auf den Warndienst verlassen, wenn der Kanton bei jeder Wolfssichtung oder mutmasslichen Wolfssichtung eine Warnung verschickt.
