Multiresistente Bakterien steigen an – trotz den Bemühungen aller Beteiligten. Belinda Köchle ist eine davon. Sie doktoriert an der Vetsuisse-Fakultät der Universität Bern und will in ihrer Dissertation herausfinden, ob antibiotikaresistente Kolibakterien von einer Milchkuh auf die nächste gelangen können und welche Rolle dabei Managementfaktoren wie Haltung und Fütterung spielen.
Ziel ist es, Tipps für Milchproduzenten und -produzentinnen abzuleiten. Deshalb sucht sie Bauern mit Anbindeställen.
Immer mehr Resistenzen
Seit dem Aktionsplan des Bundes sind Antibiotikaresistenzen zu einem brennenden Thema geworden. Und das zurecht: «Um die 80 % der weltweiten Antibiotikaproduktion gehen in die Tierhaltung. Bezogen auf die Schweiz waren es im Jahr 2019 rund 30 000 kg verkaufte Antibiotika für die Tiermedizin», so Belinda Köchle.
Trotz Bemühungen seitens des Bundes, der Tierärzt(innen) und der Landwirte, den Antibiotikaeinsatz zu reduzieren, steigt die Anzahl multiresistenter Bakterien weiter an. Dies heisst konkret, dass man Entzündungen nicht mehr behandeln kann und Kühe ausgemerzt werden müssen.
Worum geht es?
Worum genau geht es nun in der Arbeit von Belinda Köchle? Sie will Kotproben von Kühen in Anbindeställen nehmen und darin nach Escherichia-coli-Bakterien suchen. «E.-coli-Bakterien sind zuverlässig in jeder Kuh zu finden, da sie zurnormalen Darmflora gehören. Sie werden deshalb gerne als Indikatoren der Resistenzlage hergenommen», sagt die Forscherin.
Die Entnahme wird mithilfe eines sterilen Wattestäbchens durchgeführt, geht schnell und ist für die Kuh völlig schmerzlos. Insgesamt werden pro Stall drei Kühe beprobt:
- Eine, die antibiotisch behandelt worden ist in den letzten drei bis sieben Tagen und das systemisch. Das heisst, das Antibiotikum wurde gespritzt und verteilt sich im ganzen Körper.
- Eine Nachbarskuh auf dem Läger, die mindestens vier Wochen frei ist von Antibiotika. Damit kann Köchle untersuchen, ob sie mit resistenten Bakterien angesteckt wurde oder nicht.
- Die dritte Kuh steht weiter weg und muss ebenfalls behandlungsfrei sein. Anbindeställe sind deshalb Voraussetzung.
Das Vorkommen resistenter Bakterien scheint nicht allein wegen der Verabreichung von Antibiotika zuzunehmen. «Regelmässige Beobachtungen von landwirtschaftlichen Betrieben zeigen, dass manchmal kein Zusammenhang zwischen Antibiotikaeinsatz und Resistenzen besteht», weiss Belinda Köchle.
Welchen Einfluss Managementfaktoren auf Antibiotikaresistenz in Bakterien haben, will die Tierärztin in ihrer Studie auch klären. Zu den Managementfaktoren gehören zum Beispiel die Gestaltung des Lägers, die Stallhygiene und die Art der Fütterung der Milchkühe. «Dazu werden die Bauern mit mir gemeinsam einen Fragebogen ausfüllen können», sagt Köchle.
Was bringen die Resultate?
Generell werden die Betriebe nur einmal kurz besucht. «Falls aber nochmals eine Kuh mit Antibiotika behandelt wird, wäre ich froh um eine kurze Rückmeldung», so die Forscherin. Dann würde sie allenfalls erneut schnell vorbeikommen und die drei Tupfer nehmen. Den Fragebogen braucht es dann nicht noch einmal.
Was bringen die Resultate der Studie den Tierhaltenden konkret? «Wenn nachgewiesen wird, dass resistente E.-coli-Keime übertragbar sind, können wir die Empfehlung herausgeben, Kühe während der Therapie zu isolieren, um andere zu schützen». Da die Untersuchung auch Managementfaktoren erfasst, werden die Ergebnisse auch zeigen, ob diese einen Einfluss auf die Antibiotikaresistenz haben oder nicht. Allenfalls könnte man konkrete Empfehlungen bezüglich Art der Einstreu ableiten, erläutert Belinda Köchle.
280 Betriebe gesucht
Gesucht werden schweizweit 280 Milchviehbetriebe mit Anbindehaltung, die sich ab sofort bei Belinda Köchle melden können. Ab November finden dann die Besuche statt. Auch Betriebe, die derzeit noch keine systemisch behandelte Kuh haben, aber gerne an der Studie teilnehmen möchten, können sich vorab anmelden.
Weitere Informationen:
Telefon Büro: 031 684 23 42
Mobil: 076 240 00 97
www.vetstudie-unibern.ch