Kurz vor Mitternacht sei es gewesen, als ein Anwohner Nicole Mühlestein alarmierte. Etwas stimme bei ihren Hühnern nicht. "Da rennst du einfach los", erzählt sie, "ich wollte rasch meine Hennen retten, an ein Gewehr habe ich in diesem Augenblick nicht gedacht". Ihr Hühnermobil steht einige hundert Meter weit weg vom Bauernhaus. Als sie die Türe öffnet, springt ein Fuchs heraus, im Mobil herrscht ein Gemetzel. Tote und verletzte Hennen, einige sitzen apathisch auf den Stangen. "Rund dreissig Hennen waren so stark verletzt, dass ich sie sofort töten musste, das war schlimm" erinnert sie sich.
Mehrarbeit wegen Fuchs
Am Schluss sind 200 Hennen tot, knapp hundert überleben. Das Hühnermobil verfügt über eine automatische Klappe, die sich beim Eindunkeln schliesst. Vermutlich sei der Fuchs genau zu diesem Zeitpunkt eingedrungen, als sich hinter ihm die Klappe schloss. Danach wütete er mehrere Stunden, hatte gar Zeit eine Henne zu verspeisen. Als Nicole Mühlestein ihre toten Hennen in die Kadaversammelstelle brachte, erfuhr sie: Sie ist nicht die Einzige mit Fuchsschäden. Die Füchse scheinen in diesem Jahr besonders hungrig zu sein.
Schutz ist schwierig
Schutzmassnahmen zu ergreifen ist bei Freilandhaltung nicht einfach. Nicole Mühlestein ist sicher, der Fuchs, überwindet das Elektronetz um ihre Hühnerweide mühelos. Auch wenn sie seit dem Vorfall stärkeren Strom auf dem Netz hat und jeden Abend den Stall kontrollieren geht – die Unsicherheit bleibt. Doch der Zusatzaufwand lohnt sich. Auf dem finanziellen Verlust bei Fuchsschäden bleibt nämlich der Tierhalter sitzen. Anders als Wolf- oder Biberschäden werden diese nicht vergütet. Mühlestein hatte Glück im Unglück. Bereits eine Woche später konnte sie Althennen bei einem Eierproduzenten holen, der seine Halle ausstallte. So hielt sich der Ausfall bei den Eiern in Grenzen und die Anwohner können wie gewohnt im Hofladen einkaufen. "Auch die verbleibenden Hennen haben den Schock gut überwunden und legen erstaunlicherweise wie gewohnt weiter", stellt Mühlestein fest. Etwas schreckhafter seien sie geworden. Kein Wunder, denn der Fuchs lebt in nächster Nachbarschaft weiter und Grabspuren zeigen: Er hat Lust auf mehr Hühnerfleisch. Mühlestein dürfte ihn zwar schiessen, aber das traut sie sich nicht zu, insbesondere nicht in der belebten Gegend, wo ihr Hühnermobil steht.
Erlaubte Selbsthilfemassnahmen sind von Kanton zu Kanton verschieden. Eine Übersicht aus den Kantonen Bern, Solothurn, Freiburg und Basel-Landschaft gibt es weiter unten im weiterführenden Artikel.