Noch ist es kaum zu hören, das typische laute Summen rund um den Bienenstand. Stefan Bernets Völker befinden sich mehrheitlich noch in der Winterruhe, nur einzelne Bienen sind bereits ausgeflogen. «Sobald die Temperaturen konstant höher sind und die Blumen auf den Wiesen oder die Bäume zu blühen beginnen, wird hier viel mehr los sein», sagt Bernet.
Gezielt selber züchten
Der Imker aus Gommiswald betreut rund 100 Bienenvölker der einheimischen Rasse «Dunkle Biene» (siehe Kasten), verteilt auf sieben Standorte in unterschiedlichen Höhenlagen. In der Hochsaison sind pro Volk etwa 30 000 bis 40 000 Arbeiterinnen, die sich um die Königin kümmern, Brutpflege betreiben und Pollen und Nektar sammeln, unterwegs. Dazu kommen jeweils etwa 5000 Drohnen, also männliche Bienen, die zur Begattung allfälliger Königinnen ausfliegen.
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Nach dem Beginn der Imkersaison im Frühling wartet auf Stefan Bernet eine besondere Aufgabe: In seinem Hauptbienenstand züchtet er Bienenköniginnen. «Eigentlich würden die Bienen auch selbst für eine Nachfolgerin sorgen, wenn ihre Königin stirbt, verletzt ist oder nicht mehr genügend Spermien für die Eiablage hat, um das Volk aufrechtzuerhalten», erklärt der Gommiswalder. «Indem ich jedoch gezielt selbst züchte, kann ich besser kontrollieren, dass sich keine Gene fremder Bienenrassen einschleichen.» Die Methode, die Bernet hauptsächlich anwendet, ist das Umlarven mittels Anbrütekasten: Zunächst liest er aus einem Zuchtvolk geeignete Bienenmaden aus. Diese werden in sogenannten Weiselbechern auf einen Zuchtrahmen gesteckt und anschliessend im Anbrütekasten von Ammenbienen während 24 Stunden mit Gelée Royale gefüttert, einer Mischung aus Honig und Pollen. Daraufhin bildet sich am Weiselbecher rund um die Made ein Wachszapfen.
Anpaarung auf 1111 m ü M.
Nun wird der Zuchtrahmen einem Volk eingehängt, welches zu diesem Zeitpunkt seit zwei, drei Stunden ohne Königin ist, also weisellos, wie es in der Fachsprache heisst, und daher bestrebt, die angehenden Königinnen in den Wachszapfen zu pflegen. Bevor diese am 16. Tag schlüpfen, werden sie von Bernet einzeln in Zuchtkästen umgesiedelt, die mit je 100–150 Gramm weisellosen Bienen und Futter vorbereitet sind. Das Separieren verhindert, dass die erste geschlüpfte Königin alle noch ungeschlüpften absticht, um alleinige Herrscherin im Bienenvolk zu sein. Jeder Kasten kommt für drei Tage in den dunklen und kühlen Keller. In dieser Zeit schlüpft die Königin und wird mit ihrem Bienenvolk vereint.
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Bereits nach vier bis fünf Tagen sind die Königinnen brünstig. Nun bringt sie Stefan Bernet zur Belegstation M37 des Bienenzüchtervereins See-Gaster auf der Alp Untere Bogmen oberhalb von Schänis. Ihr Standort auf 1111 m ü. M. ist kein Zufall: Wenn die Königinnen auf dieser Höhe zur Begattung ausfliegen, ist das Risiko geringer, dass andere Bienenrassen dazwischenfunken. Dazu bilden eine Vielzahl von Vatervölkern mit reinrassigen Drohnen einen breiten Schutzgürtel unterhalb der Station.
Täglich bis zu 2000 Eier
Während den nächsten 14 Tagen fliegen die Königinnen ein- bis dreimal aus und sollten dabei mindestens zehnmal begattet werden, um bis ans Lebensende mit etwa drei bis vier Jahren genügend Sperma in der Samenblase zu haben. Die Paarung geschieht im Flug. Jede Königin legt während der Saison täglich bis zu 2000 Eier, um ihr Volk mit genügend Arbeiterinnen und Drohnen zu versorgen.
Bogmen M37 ist eine B-Belegstation. Das heisst, hier werden Königinnen der Rasse Dunkle Biene für Wirtschaftsvölker gezüchtet, welche für die Honigproduktion genutzt werden. Bei einer A-Belegstation dagegen handelt es sich um Reinzucht. Bei dieser sind die Kriterien strenger, es muss ganz ausgeschlossen werden, dass die Königinnen von Bienen anderer Rassen begattet werden könnten. Daher befinden sich A-Belegstationen an höhergelegenen Orten, beispielsweise am Säntis oder in abgeschiedenen Talkesseln wie dem Schilstal oberhalb von Flums.
Mit 12 Völkern begonnen
Pro Jahr züchtet Stefan Bernet rund 100 Dunkle Bienenköniginnen. Die meisten sind für seine eigenen Völker bestimmt, die im Schnitt alle drei Jahre eine neue benötigen. Die restlichen gibt er an andere Imker weiter. Um die Reinrassigkeit seiner Bienen zu gewährleisten, bringt er einige Königinnen zur Begattung auf A-Belegstellen.
Bernet hatte 2008 einen ersten Imkerkurs besucht, aus Neugier. «Einen Bezug zum Thema hatte ich vorher nicht», sagt er. Er war begeistert, baute sich einen eigenen Bienenstand und fing mit zwölf Völkern an. Es folgten Weiterbildungen zum Betriebs- und Zuchtberater.Letztes Jahr bescherten Bernets Bienen eine Ernte von etwa 3,5 Tonnen Honig. Diesen vertreibt er hauptsächlich über Coop, Online-Plattformen wie Farmy, Mucca und Hofladen-Express. Zudem beliefert er Hofläden und Lebensmittelläden. Abnehmer sind auch Unternehmen, welche seine Produkte für Firmen- und Mitarbeitergeschenke bestellen. Da die Dunkle Biene eine schützenswerte, einheimische Rasse ist, darf Bernet den Honig unter dem Label von Pro Specie Rara verkaufen. Bei Tätigkeiten wie dem Schleudern und Abfüllen des Honigs hilft ihm seine Familie. Die Imkerei betreibt der 43-Jährige neben seiner Vollzeittätigkeit in einem Werkhof. Während der Saison ist er jeden Abend für seine Bienen im Einsatz und übers Wochenende kommen regelmässig 18 Arbeitsstunden zusammen. Auch die Ferien nutzt er dafür. In zwei Jahren möchte Bernet kürzertreten: «Mein Ziel ist es, mit 45 Jahren die Anzahl Bienenvölker zu reduzieren, um wieder mehr Zeit zu haben zum Velofahren oder Wandern.»
Weitere Informationen: www.mucca.ch