Adrian und Daniela Stotzer waren lange auf der Suche nach einem Pachtbetrieb. Vor zwei Jahren hat es endlich geklappt: Seit dem 1. Januar 2018 bewirtschaften sie einen Milchwirtschafts- und Ackerbaubetrieb in der Gemeinde Vechigen BE, genauer im Weiler Radelfingen bei Utzigen BE.
Eine schöne Aussicht
Die Lage des Betriebs könnte schöner nicht sein: Südwärts hat man einen herrlichen Blick auf die Berner Alpen und im Norden sieht man in weiter Ferne die Jurakette. «Ja, mit diesem Betrieb hatten wir Glück», sagt die Betriebsleiterfamilie überzeugt. «Ich hätte mir aber auch einen Betrieb im Welschland vorstellen können», hält Adrian Stotzer fest. Mit dieser Vorstellung, konnte sich seine Frau Daniela aber nicht anfreunden: «Ich bin hier in der Nähe aufgewachsen und noch weiter in die Westschweiz zu ziehen, ging für mich überhaupt nicht.» Als der Betrieb in Radelfingen zur Pacht ausgeschrieben war, landete das Bewerbungsdossier von Stotzers bei Eigentümer Lukas Rentsch. «Die Sympathie hat gegenseitig sofort gepasst», erzählen Daniela und Adrian Stotzer die Geschichte am Küchentisch.
Betriebsspiegel
Name: Daniela und Adrian Stotzer
Ort: Utzigen BE
Betriebsfläche: 21 ha
Viehbestand: 22 Kühe plus Jungvieh
Nach diversen Gesprächen, inklusive mit den Banken, wurde der Pachtvertrag unterschrieben und das gesamte Inventar übernommen. Dank der Unterstützung durch die Familie Rentsch war der Start auch nicht so schwierig für das junge Pächterpaar. «Trotzdem hat mein Mann im ersten Jahr zehn Kilo abgenommen», sagt Daniela Stotzer lachend, die neben dem Betrieb, noch auswärts in einem 30%-Pensum als Physiotherapeutin arbeitet.
Alle Abstammungen im Kopf
Für Adrian Stotzer war klar: Wenn er einmal einen Betrieb übernehmen sollte, will er melken. Denn der gelernte Landwirt und Agronom hatte vor der Pachtübernahme eine Anstellung bei Swissgenetics. Stiere und Kuhfamilien liegen ihm im Blut. Er kennt die meisten Abstammungen auswendig, auch von den Stieren, da war er noch gar nicht auf der Welt. Seine Grossmutter war gottenfroh, als der kleine Stotzer endlich lesen konnte und sie ihm nicht mehr dauernd aus den Stierenkatalogen vorlesen musste. «Mein Bruder, der in Büren an der Aare BE den elterlichen Betrieb bewirtschaftet, und ich haben uns am Abend im Bett jeweils gegenseitig nach den Stieren und deren Abstammungen abgefragt», sagt er schmunzelnd.
Ein klares Ziel
So wie das Ehepaar Stotzer ihren Betrieb führt, so klar ist auch die Zuchtstrategie: Ihr Herz schlägt für das Swiss Fleckvieh. «Diese Rasse eignet sich am besten für unseren Betrieb», hält Adrian Stotzer fest. Um bei der graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion (GMF) mitmachen zu können, sei eine Holsteinkuh nicht gemacht. «Wir streben auch keine Spitzenleistungen an. Unser Zuchtziel liegt bei 7500 kg, bei möglichst hohen Gehalten und tiefen Zellzahlwerten», sagt der Züchter. 4,2% Fett und 3,5% Eiweiss sollten dabei nicht unterschritten werden. «Kühe, die eine hohe Zellzahl aufweisen und zum dritten Mal in ihrem Leben ‹einen Euterviertel haben›, werden geschlachtet», zählt der Landwirt seine Kriterien auf. Bei der Stierenauswahl schaut Stotzer deshalb auch stark auf die Fitnessmerkmale. «Ein SF-Stier wie Donald kommt sehr nahe an mein Zuchtziel heran», sagt er. «Stiere, die nur ein gutes Exterieur vererben und im Fitnesszuchtwert nicht überzeugen, werden nicht eingesetzt.» Auch bei der Fleischleistung werde grosse Beachtung geschenkt.
Guter Milchpreis dank guter Qualität
Eine schlechte Milchqualität kann sich der 21 ha grosse Betrieb sowieso nicht leisten. Denn die Milch von 142'000 kg wird in der Käserei Eyweid in Zäziwil BE in Emmentaler und verschiedene Spezialitäten verarbeitet. «Hohe Inhaltsstoffe und eine gute Milchqualität beeinflussen den Milchpreis», sagt der Betriebsleiter, während er das Dokument der letzten Milchkontrolle zeigt. «Nicht zuletzt auch dank einem guten Käserteam ist es für uns möglich, einen Milchpreis von 70 bis 75 Rp pro Liter Milch zu realisieren», sagt er anerkennend. Aber nicht nur bei der Milch, sondern auch bei der Fütterung legt der Lehrlingsausbildner grossen Wert. «Ich will keine Kühe, die zu Fett in die Galtzeit gehen», sagt der Betriebsleiter. Einen ganz speziellen Ausdruck hat der Landwirt, wenn die Kühe einmal zu fett und wieder zu mager sind: «Das sind für mich Handorgelkühe, das ist ungesund und auch schlecht für meinen Geldbeutel.» Dank dieser durchdachten Fütterung habe man auch keine Probleme mit Aceton oder Fest-liegen.
Wenig Kraftfutter
Da Adrian Stotzer nach dem Studium in Zollikofen BE für einige Zeit bei einer Futterfirma arbeitete, weiss er genau, wie viel Kraftfutter seine Kühe benötigen. «Pro Kuh und Laktation setze ich im Maximum 500 kg ein.» Und: «Ich versuche natürlich, wie jeder andere auch, so viel Milch wie möglich aus dem Grundfutter rauszuholen.» So besteht die Winterfütterung neben Heu und Emd, auch aus Frischkartoffeln und selber produzierter Luzerne. Im Sommer müssen die Kühe das Grundfutter auf der Weide holen. Im Stall wird noch mit Heu und Frischkartoffeln nachgefüttert. Damit nicht nur die Fütterung, sondern auch die Milchqualität auf dem Betrieb stimmt, wird dem Thema Sauberkeit und Tierkomfort grosse Beachtung geschenkt. «Bei uns geht zum Beispiel niemand mit schmutzigen Stiefeln ins Futtertenn», sagt der Betriebsleiter. Auch das Kuhläger wurde zusätzlich mit einem Strohbett aufgerüstet.
Im Gespräch merkt man schnell – die Familie Stotzer ist angekommen auf ihrem Pachtbetrieb. Nicht zuletzt auch dank der Unterstützung und dem guten Verhältnis mit der Verpächterfamilie.