Die Tage werden länger, die Temperaturen wärmer, die Weidesaison kann nun so richtig beginnen. Obwohl die Breinierenkrankheit – auch Enterotoxämie genannt – bei Schafen und Ziegen ganzjährig auftreten kann, besteht eine erhöhte Gefahr bei der Umstellung von der Winterfütterung auf die Weidehaltung im Frühling.
Warum tritt die Krankheit auf?
Verursacht wird die Krankheit durch das Bakterium Clostridium perfringens. Der Erreger kommt natürlicherweise im Darm von gesunden Tieren und in deren Umgebung vor. Krank werden die Tiere erst dann, wenn sich die Bakterien innerhalb einer kurzen Zeit massiv im Darm vermehren. «Das kann nach einer pltzlichen Futterumstellung im Stall oder auf der Weide geschehen», erklärt Christine Fournier vom Beratungs- und Gesundheitsdienst für Kleinwiederkäuer (BGK).
Begünstigt werden könne dies zusätzlich durch einen hohen Kraftfutteranteil oder einen Eiweissüberschuss (junges Gras) in der Ration bei gleichzeitigem Mangel an Rohfasern. Damit werde die Pansenflora überfordert und es gelange ungenügend verdautes, stärkereiches Futter in den Darmkanal. «Das schlecht verdaute Futter bildet ein ideales Nährmedium für die Bakterien, wodurch sich diese in sehr kurzer Zeit massiv vermehren», so die Tierärztin. Von den Clostridien werden hohe Mengen an Giftstoffen gebildet, die über den Darm in den Körper aufgenommen werden und starke Hirn-, Leber- und Nierenschäden verursachen.
Lämmer erkranken häufig
Ziegen können laut Christine Fournier auch ohne vorgängige abrupte Futterumstellung erkranken. «Oft ist sie eine Folge von generellen Störungen im Magen-Darm-Trakt», erklärt sie. Meist erkranken die Tiere laut der Tierärztin im Anschluss an eine Pansenübersäuerung an der Breinierenkrankheit. «Auch ein Parasitenbefall oder Stresssituationen während des Transports und an Ausstellungen sowie Wetterumstürze können die Magen-Darm-Tätigkeit einschränken und unter Umständen eine Erkrankung auslösen.»
Während die Krankheit bei Ziegen in allen Alterskategorien vorkommt, erkranken bei den Schafen häufig gut genährte Einlinge oder Lämmer, die mit der Flasche aufgezogen werden. «Meist handelt es sich um einige Wochen alte Sauglämmer oder sechs bis zwölf Monate alte Mastlämmer», so Christine Fournier. Auch adulte Schafe seien gelegentlich von der Krankheit betroffen.
Wässrig-blutiger Durchfall
Die Erkrankung verläuft bei den Schafen sehr schnell. «Häufig sterben die betroffenen Tiere ohne vorgängige Krankheitsanzeichen», sagt die Tierärztin. Zeigen die Tiere Symptome, sind es vor allem Koordinationsstörungen, Fieber und Atemnot.
Bei Ziegen könne die Krankheit entweder akut und rasch oder aber auch verzögert verlaufen. «Das auffälligste Anzeichen ist ein plötzlich auftretender schwerer und übel riechender wässriger Durchfall, der oft Blut enthält», erklärt Fournier. Weiter treten bei den betroffenen Tieren Krämpfe, Bauchschmerzen sowie Kreislaufschwäche auf. Vor allem jüngere Tiere sterben jedoch auch ohne vorherige Krankheitsanzeichen. Häufig verlaufe die Krankheit jedoch langsamer als bei den Schafen. «Meist sterben die betroffenen Ziegen nach einer Krankheitsdauer von ein bis vier Tagen. Bei einem chronischen Verlauf können die Tiere mehrere Wochen krank sein. Sie zeigen eine reduzierte Fresslust, magern ab und haben immer wieder Durchfall», erklärt sie.
«Therapie ist ein Notfall»
Krankmachende Clostridien
Neben Clostridium perfringens gibt es viele weitere Clostridien-Arten, die zu Erkrankungen führen. Zu ihnen zählen unter anderem:
Clostridium botulinum: Verursacht Botulismus. Führt zu Lähmungen der Muskulatur des Bewegungsapparates, der Kau- und Schluckmuskulatur sowie der Atemmuskulatur und schlussendlich zum Tod der Tiere.
Clostridium tetani: Verursacht Tetanus. Typisch für die Krankheit sind unkontrollierte Muskelkrämpfe, insbesondere der Kaumuskulatur und der Halsmuskulatur, sowie eine Überempfindlichkeit auf Reize von aussen.
Aufgrund des schnellen Krankheitsverlaufs bei Schafen sei ein Behandlungsversuch selten erfolgreich. «Um unnötiges Leid zu verhindern, muss je nach Situation auch eine Euthanasie in Betracht gezogen werden», so Christine Fournier. Da der Krankheitsverlauf bei Ziegen verzögert oder chronisch verlaufen kann, kann laut Christine Fournier mithilfe einer aufwendigen Intensivbehandlung mit Infusionen und verschiedenen Medikamenten ein Todesfall teilweise verhindert werden. «Die Therapie ist ein Notfall, für den der Tierarzt beigezogen werden muss. Je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto besser sind die Erfolgschancen», so die Tierärztin. Erkrankte Tiere benötigen eine intensive Pflege. Sie brauchen einen warmen und trockenen Platz im Stall, wo ihnen frisches Wasser und immer wieder kleine Mengen Futter (kein Kraftfutter) angeboten werden.
«Unterstützend kann zu Beginn Aktivkohle verabreicht werden. Später empfiehlt sich die Gabe von Produkten zum Aufbau der Pansen- und Darmflora», erklärt sie. Neben der Behandlung des erkrankten Tieres gelte es zudem Massnahmen auf Herdenebene zu treffen, um weitere Krankheitsfälle zu verhindern. Tritt die Krankheit auf der Weide auf, muss die Herde laut Fournier kurzfristig eingestallt oder zumindest auf eine abgeweidete Fläche verbracht werden. Den Tieren muss Heu oder strukturreiches Emd gefüttert und die Kraftfuttergaben müssen reduziert werden. Tiere mit ersten Krankheitsanzeichen gelte es zu separieren und zu behandeln.
Breiige Niere bei Schafen
Anhand der Symptome und dem Verlauf kann laut Christine Fournier meist eine Verdachtsdiagnose gestellt werden. Während bei der Sektion umgestandener Schafe häufig breiig veränderte Nieren auftreten, zeigen Ziegen mit verzögertem Krankheitsverlauf häufig eine blutige Dickdarmentzündung. Aus diesem Grund wird die Krankheit bei ihnen auch häufig als Clostridien-Enterotoxämie und nicht als Breinierenkrankheit bezeichnet.
Auch ein Glukosenachweis mittels Teststreifen im Harn bei umgestandenen Tieren gilt, sofern er positiv ausfällt, als relativ sicherer Nachweis. Eine sichere Diagnose lässt sich laut Fournier aber nur durch eine Sektion und durch einen Toxinnachweis aus dem Darminhalt (im Labor oder mittels Schnelltest) stellen. «Dieser Nachweis kann im Falle eines verzögerten Verlaufs bei Ziegen auch aus dem Kot noch lebender Tiere erfolgen», erklärt sie.
Impfen gegen die Breinierenkrankheit
Als wirksamste Massnahme zur Vorbeugung der Breinierenkrankheit hat sich laut Christine Fournier die konsequente Impfung des ganzen Bestandes erwiesen. Für einen belastbaren Impfschutz braucht es dafür laut der Tierärztin eine zweimalige Grundimmunisierung im Abstand von vier bis sechs Wochen.
Trächtige Schafe impfen
Bei den Schafen werden laut Fournier im Anschluss idealerweise die trächtigen Tiere je nach Impfstoff drei bis neun Wochen vor dem erwarteten Geburtstermin geimpft.
«Mit der Biestmilch nehmen die Lämmer gleichzeitig auch die mütterlichen Antikörper auf und bleiben so in den ersten Wochen geschützt», erklärt sie. Im Alter von fünf bis elf Wochen erfolge dann die Impfung der Jungtiere. «Lämmer von ungeimpften Muttertieren müssen dagegen bereits in der zweiten bis dritten Lebenswoche geimpft werden. Die zweite Impfung erfolgt dann etwa sechs Wochen später», so die Tierärztin.
Anders sieht es bei den Ziegen aus. Hier sei die Antikörperbildung nach der Impfung geringer und teils nicht bei allen Tieren gleich stark, was zu einem schlechteren Impfschutz als bei den Schafen führe. Aus diesem Grund gelte es, Ziegen in einem kürzeren Impfintervall zu impfen. «Nach der Grundimmunisierung mit zwei Impfungen im Abstand von vier bis sechs Wochen müssen die Tiere alle sechs Monate nachgeimpft werden», erklärt Christine Fournier.
Nur gesunde Tiere impfen
Idealerweise erfolge dies jeweils im Frühjahr und im Herbst kurz vor der Zeit des erhöhten Krankheitsrisikos. «In Problembetrieben kann es sogar sinnvoll sein, alle drei bis vier Monate nachzuimpfen», so die Tierärztin.
Wichtig ist laut der Tierärztin, dass nur gesunde Tiere geimpft werden. «Werden bereits erkrankte Tiere geimpft, kann es zu zusätzlichen Todesfällen kommen», erklärt Christine Fournier. Zudem empfiehlt die Fachfrau einen zeitlichen Abstand von zwei Wochen zu anderen Impfungen (aktuell z. B. Blauzungenimpfung).
Futter langsam umstellen
Neben der Impfung muss unbedingt auf eine langsame Futterumstellung über einen Zeitraum von ungefähr zwei Wochen, auf eine wiederkäuergerechte Fütterung sowie auf eine gute Mineralstoffversorgung geachtet werden. «Die Futterration muss genügend Struktur enthalten und das Kraftfutter portioniert und in Kombination mit Heu verabreicht werden», erklärt sie. Auch eine Verwurmung der Tiere gelte es möglichst zu vermeiden.