Damit Milchkühe gesund und leistungsfähig bleiben, ist eine an ihre Bedürfnisse angepasste Fütterung zentral. Je nachdem wie gross der Anteil Weidegras in der Ration ist, müssen jahreszeitliche Schwankungen im Nährstoffgehalt der Pflanzen ausgeglichen werden. «Im Moment sind die Weidebedingungen herrlich, fast wie im Sommer», erklärt Fredy Schori von der Forschungsgruppe Wiederkäuer der Agroscope. Zwar sei das Graswachstum wegen der Trockenheit vielerorts unterdurchschnittlich, das Futter aber sauber, der Boden trittfest und die Temperaturen eher hoch.

Das Entwicklunsstadium entscheidet

«Für die Gehalte an Rohprotein und Struktur, sprich Zellwandbestandteilen, ist das Entwicklungsstadium der Pflanzen entscheidend», führt Fredy Schori aus. Je älter, desto verholzter sind die Stängel, junges Gras enthält mehr Eiweiss. Da herbstliche Witterung das Wachstum bremst und junges Gras dominiert, steigt der Rohproteingehalt auf der Weide an, während das Futter weniger Struktur hat. Als Ausgleich bieten sich Dürrfutter und energiereiche Maissilage, Maiswürfel oder Grünmais zur Ergänzung an. Auch Kartoffeln könne man als energiereiches und wasserhaltiges Futter gut geben, wobei die Knollen einwandfrei und nicht in grossen Mengen grün sein sollten. Wie wichtig eine Anpassung des Futters an die herbstlichen Weidebedingungen ist, hängt vom jeweiligen Haltungssystem (z. B. Voll- oder Halbtagesweide) ab.

Magnesium zufüttern

Wird es im Herbst kühler, sollte man während etwa einem Monat in der Übergangsphase zur Winterfütterung Magnesium ­zugeben. Denn junges Gras ­passiert den Pansen schneller, was die Magnesium-Aufnahme hemmt. Dabei rät der Fachmann eher zur gezielten Fütterung jedes Tieres als zu Leckschalen: «So hat man mehr Kontrolle über die aufgenommenen Mengen und weiss, dass jedes Tier seine 100 Gramm pro Tag bekommt», begründet Fredy Schori. Ausserdem seien Leckschalen je nach Salzgehalt, Konsistenz und Melasseanteil unterschiedlich attraktiv.

Erste Hinweise auf einen Fütterungsfehler zeigen sich in der Milchleistung, der Futteraufnahme und dem Verhalten der Tiere. Auch wenn bei vielen Tieren dünnflüssiger Kot auftritt, kann das Futter die Ursache sein. «In der monatlichen Milchleistungskontrolle zeigt sich ein Fütterungsfehler erst verzögert und sie ist nur eine Momentauf-nahme», so Schori.

Eine Vorspeise hilft

Es wird empfohlen die Kühe nicht sehr hungrig auf die Herbstweide zu lassen, um Blähungen durch grosse Mengen junges, frisches Gras oder Klee zu verhindern. Allzu viel vorher füttern sollte man aber auch nicht, «sonst nutzen die Tiere die Weide eher zum Wiederkäuen und als Erholungsraum», gibt der Fachmann zu bedenken. Es habe sich ein Heu-«Amuse-Bouche» bewährt. Gerade bei Risikoparzellen mit hohem Kleeanteil und bei schlechten Bedingungen (kalt, nass, gefrorenes Futter) ist so der grösste Hunger gestillt. «In unseren Vollweide-Versuchen haben wir in der Bergzone 1 Mitte September/ Anfang Oktober erfolgreich jeweils vor dem Weidegang eine Heu-Ergänzung von 1–2 Kilo angeboten», erläutert Fredy Schori.

 

Vorsicht bei gefrorenem Gras

Während nasses Gras für Kühe kein Problem darstellt, kann gefrorenes für sie schädlich sein. «Durch das Gefrieren platzen die Pflanzenzellen auf und die Nährstoffe werden leichter verfügbar», erläutert Fredy Schori. Das erhöhe das Blähungsrisiko, zudem könne der Pansen durch den schnell verfügbaren Zucker übersäuern. Muss vor dem Weidegang zugewartet werden, damit morgendliches Eis auftaut, empfiehlt Schori, etwas Dürrfutter anzubieten, damit danach auf der Weide nicht zu schnell gefressen wird. Wie gross der Effekt von gefrorenem Weidefutter ist, hängt vom Anteil an der gesamten Ration ab.

 

Für ihn steht fest, dass ein Weidegang generell besser ist als jedes Stallsystem. Es gebe sogar Hinweise darauf, dass Keton-Körper bei einer Ketose durch Bewegung abgebaut werden – «Bewegung schadet den Tieren nie», ist der Fachmann überzeugt. Allerdings rät er, Jungtiere im ersten Jahr oder 1,5-Jährige im Herbst nicht unbedingt auf den gleichen Parzellen wie die Kühe zu weiden, da im Herbst der Parasitendruck höher ist. «Wenn die Kühe den ganzen Sommer auf diesen Weiden standen, erhöht sich beispielsweise die Konzentration der Wurmeier auf der ganzen Fläche», erklärt Fredy Schori. Ausgewachsene Kühe seien dagegen robuster.

Erkältungen sind selten

Widerstandsfähig seien Kühe auch gegen Kälte. Sie fühlen sich unter trockenen Bedingungen zwischen −5 und 20–25 Grad wohl. Unterkühlungen, die das Immunsystem schwächen, können bei vorhandenem Erreger zu einer Erkältung führen . Diese treten aber selten und wenn, dann v. a. bei nass-kaltem, windigem Wetter auf.

 

Wann sollte man die Weidesaison beenden?

Im Herbst sei es im Allgemeinen nicht weiter schlimm, wenn nicht bis zum letztmöglichen Tag geweidet werde, sagt Fredy Schori. Das sei nicht mit dem Frühjahr vergleichbar, wenn ein möglichst zeitiger Austrieb für die Kontrolle des bevorstehenden Wachstumspeaks und den restlichen Verlauf der Weidesaison entscheidend ist.

Den Boden schonen

Wichtiger sei es, im Herbst Trittschäden zu vermeiden. Bei anhaltendem Regen oder grossen Niederschlagsmengen steigt das Risiko dafür. Abhilfe schaffen können kürzere Weidezeiten. «Die grössten Mengen Futter nehmen Milchkühe während vier bis fünf Stunden nach dem Melkenzu sich», erklärt der Fachmann. Man könne die Tiere entsprechend am Morgen früh raus-lassen und gegen Mittag wieder in den Stall holen. Sie müssten sich allerdings erst an den neuen Rhythmus gewöhnen.

Fausthoch in den Winter

Als Faustregel sollte die Weide mit einer Graslänge von 6–7 Zentimetern (Faustbreite) eingewintert werden.