Anfang Dezember schien das Vieh auf den Weiden noch immer brauchbares Futter zu finden. Und das wird wohl keine Ausnahme gewesen sein. Die Bedingungen im Futterbau verändern sich – und sind vor allem unbeständig.

Die Experten sind sich einig: Dieses Jahr war es ausserordentlich warm, ein anderes Jahr wird es aber wieder ausserordentlich kalt sein. Die Wetterverhältnisse schwanken von Jahr zu Jahr stark, was die Bewirtschaftung der Felder zunehmend erschwert. Somit ist es eine grosse Herausforderung, in der Planung flexibel zu bleiben.

Die Vegetation verlängert sich, die Bauern passen sich an

«Dieses Jahr hatten wir einen rekordwarmen Herbst – es macht also durchaus Sinn, sich dieser speziellen Situation entsprechend anzupassen», sagt Andreas Lüscher von Agroscope und der Arbeitsgemeinschaft zur Förderung des Futterbaues (AGFF). Viele Bestände waren laut dem Fachmann Ende Herbst zu hoch, weshalb die Landwirte diese jetzt noch nutzen. Wenn man die Lage rechtzeitig im Auge hatte, konnte man die Bestände gut kontrollieren, so ein anderer Futterbauberater.

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Den optimalem Zeitpunkt für die letzte Beweidung festzulegen, ist aber nicht immer einfach. Dass die Futterbestände nicht mit einer Höhe von über zehn Zentimetern in den Winter gehen, ist indes wichtig, weil abgefrorene und abgestorbene Pflanzen die Narbe ersticken und so von Pilzen befallen werden können. Zudem richten Wühlmäuse in hohen Beständen grössere Schäden an, weil sie dort eine gute Rückzugsmög­lichkeit finden.

Grundsätzlich begrüsst An­dreas Lüscher aber das jetzige Weiden: «Für das Tierwohl und die Tiergesundheit ist das sicher begrüssenswert. Es macht Sinn, das noch gewachsene Futter zu nutzen.» Auch ist es positiv, Masse abzutragen. Die Bestandeslenkung ist aber schon im Sommer abgeschlossen und die botanische Zusammensetzung nicht mehr gross beeinflussbar.

Einen zu tiefen Verbiss vermeiden

Die Beweidung ist nur so lange vertretbar und agronomisch sinnvoll, wie die Bestände genügend hoch und von der Pflanzenzusammensetzung an das Weiden angepasst sind. Denn ein zu tiefer Verbiss führt laut einem Artikel aus dem Fachmagazin «Agrarforschung Schweiz» dazu, dass der Wiederaustrieb im nächsten Frühling verlangsamt ist. So steht der Gewinn von Futterertrag im Spätherbst einem Verlust im nächsten Frühling ­gegenüber.

Neben möglichen Trittschäden, die sich kurz- und langfristig negativ auf einen Grünlandbestand auswirken, weil sich unerwünschte Arten aufgrund der verursachten Lücken einfacher verbreiten können, ist bei der Beweidung im Herbst die Blähungsgefahr zu beachten. Auch für die ökologische Vielfalt ist die späte Beweidung nicht nur positiv.

Es gibt noch qualitativ gutes Raufutter zu holen

So kann ein zu starkes Beweiden von Flächen mit einem hohen Biodiversitätsanteil bei schlechten Bedingungen im Herbst beispielsweise die Blumenvielfalt der Wiesen und Weiden schmälern. Weshalb man die Beweidung von Biodiversitätsflächen in der Direktzahlungsverordnung auch zeitlich eingeschränkt hat.Solange der Boden aber tragfähig, das heisst nicht zu feucht ist, ist es futterbautechnisch in Ordnung, auch jetzt noch zu weiden. Das Gras sei aktuell eher eiweissreich, aber energie- und strukturarm. «Das gibt Ertrag an billigem und qualitativ gutem Raufutter», so Andreas Lüscher von der AGFF.

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