Neu sind vor dem Bund alle Freiberger gleich. Namhaft dafür verantwortlich ist Bundesrat Albert Rösti, der sich vor seiner Wahl zum Magistraten für die Erhaltung der sogenannten «Stutenprämien» stark gemacht hat. Obschon der Bund ursprünglich plante, im Rahmen der zusätzlichen Unterstützung zur Erhaltung einheimischer Rassen (Motion Rieder 21.3229) die 500 Franken nur noch an aktive Zuchtstuten mit einem maximalen Fremdblutanteil von 12,5 % auszurichten, bleiben auch künftig alle Freibergerstuten mit Fohlen bei Fuss in deren Genuss.

Keine «spätere» Bestrafung riskieren

Massgebend verantwortlich für das Umschwenken des Bundes ist dieser selbst. Auch heute noch betreibt er in Avenches VD ein Nationalgestüt. Bis 1997 war er zudem wesentlich an der Zucht der Freibergerrasse beteiligt. So ist auch das Einführen von Fremdblut auf seinem Mist gewachsen. Das Einkreuzen erfolgte nämlich vor Übergabe der Zuchtverantwortung an den Schweizerischen Freibergerverband (SFV) und auch vor Schliessung des Herdebuchs per 1. Januar 1998.

Nun können die Freibergerzüchter aufgrund der Einsicht des Geldgebers fortan von einer Sonderbestimmung im Bereich der Reinrassigkeit profitieren. Und diese ist, dass alle Pferde, die zum Zeitpunkt der Gründung der Sektion Reinzucht des SFV-Herdebuchs in dieser Sektion eingetragen waren, hinsichtlich der Beiträge für Schweizer Rassen mit kritischem oder gefährdetem Status als Tiere mit einem Blutanteil von 100 % eingestuft werden. Diese Sonderregelung sei durch den wesentlichen Unterschied gerechtfertigt, dass eine Fremdbluteinführung durch den Bund bei keiner anderen Rasse stattfand, ist man beim Bund zum Schluss gekommen. Eine spätere «Bestrafung» der Freibergerrasse sei zu verhindern. Denn diese wäre widersprüchlich.

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Gleich und doch überhaupt nicht gleich

Ab dem 1. Januar 2023 sind also alle im Herdebuch eingetragenen Freiberger «gleich» – alle sind zu 100 % reinrassig. Die Züchter sehen diesem Umstand nur bedingt wohlwollend entgegen. «Wir fordern den Eintrag des bislang ausgewiesenen Fremdblutanteils auf den Abstammungspapieren auch weiterhin. Die Basispferde müssen auch weiterhin sofort erkannt werden», sagt Bruno Spring, Präsident der Interessengemeinschaft des Original Freiberger Pferdes. Auch beim SFV und bei den Urfreibergerzüchtern (Eidgenössischer Verband des reinrassigen Freibergerpferdes, RRFB) tönt es nicht nach einer Lösung aus der Schublade.

«Wenn das Fohlen aus der Paarung 0 % Fremdblut aufweist, erhält es einen Abstammungsnachweis, da es die Kriterien für die Kategorie ‹FM alter Typ›, also RRFB, voll erfüllt.»

Pauline Queloz, Geschäftsführerin SFV

Denn so reinrassig die Pferde vor dem Bund auch sein mögen, Kreuzungstiere sind nicht willkommen. Werden nämlich Urfreiberger mit SFV-Freibergern gekreuzt, gibt es teilweise Probleme: «Wenn das Fohlen aus der Paarung 0 % Fremdblut aufweist, erhält es einen Abstammungsnachweis, da es die Kriterien für die Kategorie ‹FM alter Typ›, also RRFB, voll erfüllt. Wenn es hingegen mehr als 0 % Fremdblut hat, erhält es nur einen Identitätsausweis. Es gilt nämlich nicht als Pferd, das zur Zucht bestimmt ist, da es weder den Kriterien des RRFB noch denen des Herdebuchs des SFV entspricht», erklärt Pauline Queloz, Geschäftsführerin des SFV, auf Anfrage.

Solche Pferde mit Identitätskarten und solche, die einen RRFB-Vater und/oder eine RRFB-Mutter hätten, könnten daher auch nicht normal an einem Feldtest teilnehmen, da eine Exterieurbewertung nicht zugelassen sei. «Wenn nicht beide Elternteile in unserem Stud-Book kategorisiert und anerkannt sind, dann sind die Nachkommen keine Zuchtpferde», konkretisiert Queloz.

Kriterien unterscheiden sich deutlich

Diese Pferde, die aus solchen Paarungen entstehen, sind, obschon es sich im Grunde um reine Freiberger handelt, eigentlich «Sans-Papiers». Das könne bedauert werden, sagt Pauline Queloz, erinnert aber daran, dass sich die Kriterien für die Anerkennung beim RRFB von jenen des «Standard-Freibergers» unterscheiden würden. «So sind beispielsweise die Anforderungen für das Bestehen des Feldtests unterschiedlich und entscheiden darüber, ob man als RRFB eingestuft wird oder nicht», sagt sie.

Wenig versierte Züchter, die sich aus ihrer Stute ein Fohlen wünschen, tun demnach gut daran, die Abstammungspapiere beider Wahl-Eltern zu studieren und auf Kompatibilität zu überprüfen. Solche Verpaarungen zwischen Urfreibergern und Freibergern sind eher selten, daraus entstehen weniger als ein Dutzend Fohlen pro Jahr.

Prozent-Angabe bleibt auch weiterhin auf den Papieren

Die Angst, es könne so weit kommen, dass der Fremdblutanteil auf den Abstammungspapieren nicht mehr ersichtlich ist, kann Pauline Queloz allerdings ausräumen. «Man spricht nur in den Augen der Zuchtverordnung von ‹0 %-Fremdblut›, als Anerkennung seitens des Bundes, dass alle ab 1997 registrierten Freiberger echte Freiberger sind. Der biologische Fremdblutanteil wird aber – wie bisher – in den Papieren der Pferden eingetragen. Er bleibt also im Herdebuch unverändert und die Pferde werden auch nicht auf 0 % gesetzt. Das Ganze hat auch keine Auswirkungen auf die Anpaarung von RRFB-Pferden mit anderen FM-Pferden», schliesst Queloz.