Regelmässig führen Schweineställe respektive die daraus entstehenden Gerüche zu Streitigkeiten unter Nachbarn. Insbesondere Ställe mit Ausläufen stehen im Fokus und zeigen die ganze Problematik zwischen Tierwohl und Emissionsminderung auf. 

Diesem Spannungsfeld hat sich die höhere Bundeslehr- und Forschungsanstalt Raumberg-Gumpenstein aus Österreich angenommen. Unter dem Projektnamen SaLuT – «Saubere Luft in der Tierproduktion» wurde mit Partnern aus Forschung, Vollzug und Praxis ein Stallkonzept bezüglich den Geruchs- und Ammoniakemissionen untersucht und wissenschaftlich begleitet. 

Eingestreuter Liegebereich im Innenraum und überdachter Aussenbereich

Der Antrieb für dieses Projekt ist die Etablierung eines Haltungssystems, das eine Reduktion der Emissionen ermöglicht ohne den Einsatz von teurer Abluftreinigungstechnik. Auf den ersten Blick ist der Stall für uns Schweizer nichts Aufregendes. Im Stallinnenraum befindet sich der Kontrollgang und der eingestreute Liegebereich, welcher mit einer Schiebewand dem Tiergewicht angepasst werden kann. Im Innern befindet sich kein Kanal und der Boden weist ein durchgehendes Gefälle in den Aussenbereich auf. Die Gesamtfläche ist im ähnlichen Rahmen, wie die hiesigen Programme BTS und RAUS fordern. Im Aussenbereich befinden sich die Futterautomaten und anschliessend der einzige Kanal im Stall. 

Hier ist der erste Unterschied, welcher sofort auffällt: Der komplette Aussenbereich ist überdacht und die Seitenwände können während der kalten Jahreszeit und bei heftigem Wind mit Rollvorhängen geschlossen werden. Durch die Überdachung wird die direkte Sonneneinstrahlung reduziert und somit das «Aufheizen» der Ausscheidungen verhindert – die Ammoniakemissionen verdreifachen sich zwischen 20 °C und 30 °C. Schnee und Eis verursachen zudem keine Probleme – so funktioniert die Entmistung auch bei tieferen Temperaturen. Trotz allem haben die Tiere die Möglichkeit, sich im Aussenklima aufzuhalten. RAUS- und Labelvorschriften lassen in der Schweiz ganzflächige Auslaufüberdachung jedoch nicht zu. 

Für ideale Zuluft im Innenbereich sorgen Cool-Pads

Die Emissionen beginnen immer bei der Fütterung. Grundvoraussetzung für eine optimale Verwertung ist die Mehrphasenfütterung. Protein, welches nicht verfüttert wird, kann anschlies­send nicht zu Ammoniak verflüchtigen. 

Viel Wert legt man auf die Konditionierung der Zuluft für den Innenbereich. Diese wird mittels Cool-Pads im Sommer abgekühlt. Über die Zuluftführung im «Keller» wird die Luft im Winter erwärmt und im Sommer abgekühlt. Die ideale Zuluft garantiert zum einen die Sauberkeit im Liegebereich, unterstützt das Wohlbefinden der Tiere und reduziert die Ammoniakemissionen, da die Emissionen direkt mit der Temperatur korrelieren. Diese zwei Massnahmen sind in der Schweiz längst bekannt. Die stickstoffreduzierte Phasenfütterung wird im Rahmen von Ressourceneffizienzbeiträgen in der Schweiz unterstützt.

Massnahmen zur Emissionsminderung
Mit der Kombination der folgenden Massnahmen wird die Reduktion erreicht:
-  Zuluftkühlung mit Cool-Pads und Unterkellerung
- Funktionelle Trennung der Aktivitätsbereiche
- Multiphasenfütterung
- Entstaubung der Einstreu
- Kot-Harn-Trennung.

Entstaubung der Einstreu reduziert Emissionen 

Weiter wird die Einstreu entstaubt. Staub belastet nicht nur die Atemwege der Betriebsleiter und der Schweine, sondern ist ein Träger von Gerüchen und Bioaerosolen. 

Grossballen aus Stroh werden automatisch aufgelöst und ­gehäckselt. Der durch die Strohmühle entstehende Luftüberschuss wird gemeinsam mit dem Staub abgesaugt und das entstaubte Stroh fällt nach unten in den Verteilkreis. Von dort aus wird es automatisch in den einzelnen Buchten verteilt. Durch die Entstaubung entfallen diese zwei negativen Eigenschaften. Die Rolle von Staub als Geruchs­träger wird heute noch stark unterschätzt.

Trennung von Kot und Harn

Die effektivste Minderungsmassnahme befindet sich unter den Rosten. Der Kanalboden weist ein Gefälle von rund fünf Prozent zur Mitte auf. Dort befindet sich eine sogenannte Harnsammelrinne. In diese Rinne fliesst der Urin, ohne dass er mit dem Kot vermischt wird. Das gleiche System wird auf Laufflächen von Rinderställen angewandt. Die Trennung im Kanal ist viel effizienter, da die mechanische Vermischung verhindert wird. 

Ammoniak entsteht erst, wenn Kot und Urin zusammenkommen. Durch diese rasche und saubere Trennung der zwei Fraktionen kann der Stickstoffverlust unterbunden werden. Im Harn befindet sich der grössere Teil des mineralischen Stickstoffs und kann so für eine gezielte N-Gabe verwendet werden. Der Feststoff beinhaltet den grösseren Anteil des Phosphors und hat ein hohes Potenzial zur Energiegewinnung in einer Biogasanlage.

Umsetzung in der Schweiz
Im Kanton St. Gallen wurde der erste Schweinezuchtstall in Betrieb ge­nommen, welcher die Kot-Harn-Trennung in allen Stallbereichen vornimmt. Anstelle von offener Güllefläche befindet sich in jedem Kanal ein Entmistungsschieber. Den positiven Effekt riecht man sofort, wenn der Stall betreten wird. Man riecht das Stroh und im Jagerstall besonders das schmackhafte Futter. Alle zwei Stunden wird der Kot mithilfe von Schiebern in den Sammelkanal verfrachtet (siehe Bilder). Von dort gelangt er in einen Container. Der Kot wird an eine Biogasanlage geliefert und der Harn separat gelagert.

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Kombination führt schlussendlich zum Ziel

Erste Veröffentlichungen der umfangreichen Forschungs- und Messergebnisse sind sehr vielversprechend. Alle untersuchten Parameter sind deutlich tiefer. Diese positiven Werte werden durch die Kombination von allen Massnahmen erreicht und lassen sich nicht auf eine einzelne zurückzuführen. Trotz der momentanen Überproduktion muss man nach vorne schauen. Das vorgestellte Stallsystem lässt hoffen, dass Tierwohl und Emissionsschutz einander nicht ausschliessen. Nur so kann weiterhin mit der Akzeptanz der Konsumenten für die Tierhaltung gerechnet werden.