Seit Januar ist in einem Schlachtbetrieb im st.-gallischen Gossau ein Klassifizierer am Werk, der niemals krank ist und keine Pause braucht. Der neue Mitarbeiter heisst BCC-3, was für «Beef Classification Center Version 3» steht und ein vollautomatisches Klassifizergerät verkörpert. Die acht Türme sind direkt in die Schlachtlinie eingebaut. Mit den 40 Kameras fotografiert das BCC-3 jede Schlachtköperhälfte gleichzeitig und verrechnet die Daten zu einem virtuellen 3D-Modell. Aus den so gewonnenen Messwerten resultiert letztendlich das Ergebnis der CH-Tax-Klassifizierung.

Mit der wissenschaftlichen Begleitung der HAFL wurde das Gerät in der vierjährigen Projektdauer geprüft und anschliessend vom BLW zugelassen. «Vor dem Zulassungsverfahren mussten dem Gerät die CH-Tax-Klassifizierungsformeln implementiert werden, was viel Zeit in Anspruch genommen hat», sagt Peter Schneider, Leiter Projekte der Proviande, im Gespräch mit der BauernZeitung. Anschliessend erfolgte nach einer vorgegebenen Matrix die Validierung des Gerätes.

Das Ziel der Entwickler sei nicht, besser zu klassieren, sondern stabiler, wie Peter Schneider betont. «Wir stellen fest, dass der Mensch Schwankungen in der Konzentration hat und nach einer gewissen Zeit ermüdet. Zudem ist das Klassifizierungsresultat eine subjektive Beurteilung.» Diese menschlichen Schwankungen wollte die Branchenorganisation mit dem automatischen Gerät dezimieren.

Nicht ohne Fachpersonal

Nach dem ersten halben Jahr «Berufstätigkeit», in dem das Gerät über 50 000 Rindvieh-Schlachtkörper klassifiziert hat, liegen nun die ersten Resultate auf dem Tisch: So ging beispielsweise die Zahl der Beanstandungen um 25 % zurück, wie Peter Schneider erklärt. Er gibt aber zu, dass die Anschaffungskosten eines BCC-3-Gerätes nicht zu unterschätzen sind und vom Schlachtbetrieb getragen werden müssen.[IMG 2]

Zudem würde man zur Zeit keine menschlichen Arbeitskräfte einsparen, da im Schlachtbetrieb nach wie vor eine lizenzierte Fachperson für den Fall einer Panne vor Ort sein muss. Auch im Falle eines Schlachtschadens, den das BCC-3 nicht richtig einstufen kann, ist die Anwesenheit eines menschlichen Klassifizierers nach wie vor unabdingbar. Dasselbe gilt bei einem allfälligen Eingriff der Fleischkontrolle oder bei Schlachtkörpern, die ausserhalb der Norm sind. Kosten könnten allerdings durch die reduzierten Beanstandungen eingespart werden, so Proviande.

Die Maschine darf auch Fehler begehen

Wie beim Mensch darf aber auch das Gerät eine gewisse Anzahl an Fehlern begehen. So setzten die Entwickler die Grenze von maximal 3 % nicht-klassifizierten Schlachtkörpern an. Diese Grenze wurde gemäss dem wissenschaftlichen Bericht von Martin Scheeder von der HAFL nicht übertroffen (2,78 % = Fehlermeldungen, Nicht-Klassifizierung von Schlachtkörpern). Bezüglich Fleischigkeit müssen mindestens 85 % der maximal möglichen Punktzahl erreicht werden und bezüglich Fettgewebe mindestens 75 % der maximal möglichen Punktzahl.

Diese Anforderungen gelten auch bei der Lizenzierung der Schlachtbetriebsklassifizierer von Proviande, erläutert Peter Schneider. Dabei gelte ein Bonus/Malus-System: Je treffender das Gerät (oder der Mensch) klassifiziert, desto höher die Punktzahl. Weicht die vom Gerät vergebene Punktzahl stark vom Referenzwert ab, gibt es Minuspunkte. «Die hoch gesetzten Validierungsanforderungen konnten mehrheitlich erfüllt werden», beteuert Schneider.

Und wie wurden die Referenzwerte eingestellt? Dafür platzierte das Team neben dem Gerät drei unabhängige Experten entlang der Schlachtlinie, die alle dieselben Schlachtkörper klassifizierten. Stimmten zwei der Experten-Resultate mit dem Resultat des BCC-3 überein, wurde dies als Referenzwert übernommen.

Der Bund finanziert mit

Momentan ist dieses Klassifizierungsgerät das erste, welches in der Schweiz in Betrieb ist. Weil Proviande im Leistungsauftrag des Bundes steht, hat sich der Bund an den Projektkosten beteiligt.

Auf die Frage, ob es im Interesse der Proviande wäre, dass mehr Schlachtbetriebe vollautomatisch klassieren würden, entgegnet Schneider: «Das entscheiden die Schlachtbetriebe – wir können keinen Einfluss darauf nehmen. Aus Sicht der Klassifizierung würden wir dies begrüssen, da wir klare Vorteile in der Geräteklassifizierung erkennen», so der Projektleiter. Im Falle einer Inbetriebnahme in einem anderen Schlachtbetrieb könnte die Formel beibehalten, allerdings müsste die Validierung des Geräts dem Standort (und den dortigen Schlachtkörpern) angepasst werden.