Dieser wird nämlich durch die Motion beauftragt, das RAUS-Programm ab der Bergzone 1 an die natürlichen Gegebenheiten anzupassen, indem die Vegetationsperiode als Kriterium für die Anzahl Weide- und Auslauftage festgelegt wird. Konkret heisst das, dass wenn Vegetationsbedingt im Mai und Oktober kein Weidegang möglich ist, die Bestimmungen vom RAUS-Programm «13-mal Laufhof pro Monat» anteilsmässig zu erfüllen sind.

Weidezeitpunkt beginnt nicht überall am gleichen Tag

In der Begründung geht der Verfasser der Motion darauf ein, dass der Frühling und damit die Möglichkeit, die Kühe auf der Weide zu halten, offensichtlich nicht in der ganzen Schweiz und «schon gar nicht in allen Höhenlagen am gleichen Tag beginnt». Die heutige Regelung gehe aber genau davon aus, so von Siebenthal. Bestimmt ist eine Weidezeit für die ganze Schweiz mit fixen Daten für die Weidezeit vom 1. Mai bis 31. Oktober. «Es ist jedoch notwendig, im Berggebiet den Landwirten die Regelung für den Auslauf im Winter, im Frühling wie auch im Herbst der witterungsbedingten Realität anzupassen», gibt dann auch Ständerat Werner Salzmann (SVP, BE) im Rahmen der laufenden Sommersession die Forderung der Motion wieder.

Flexibilisierung unzureichend

Ein unverhältnismässiger hoher administrativer Aufwand entstehe durch die einzelbetrieblich erforderlichen Ausnahmebewilligungen durch die Kantone, die die Situation heute bereits flexibler machen sollten. Grundlage dafür bietet eine Klausel in der Direktzahlungsverordnung (6B Ziffer 2.5 Buchstabe b).

Agronomisch sinnvoller und im Vollzug einfacher umzusetzen sei es, wenn der Zeitpunkt durch die betriebliche Umstellung von Winterfütterung auf Weidegang und umgekehrt bestimmt werde, so die Begründung in der Motion. «Konkret gilt ab Beginn Weidegang das entsprechende Regime für das RAUS-Programm. Mit dieser Systematik entsteht bei wechselnder Witterung und einer erneuten kurzzeitig umstellenden Fütterung keine Unsicherheit auf dem Betrieb und im Vollzug. Die Einhaltung lässt sich im Falle einer Kontrolle einfach feststellen», heisst es weiter.

Liegt in seinem Interesse

Erich von Siebenthal argumentiert in seiner Vorlage: Der Weidegang stellt für die Betriebsleitende Person die wirtschaftlich günstigere Variante dar. «Aus diesem Grund wird er oder sie ganz sicher bestrebt sein, eine Umstellung auf den frühestmöglichen agronomisch sinnvollen Zeitpunkt vorzunehmen», so die Überlegung. Das läge in seinem oder ihrem betriebswirtschaftlichen Interesse.

Zustimmung aus der kleinen Kammer

«Mit der Anpassung würde das RAUS-Programm endlich an die natürlichen Gegebenheiten angepasst», so von Siebenthal. Dem stimmt nun offensichtlich auch die WAK-S zu. Die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerats ist der Meinung, dass den klimatischen, regionalen und topografischen Besonderheiten der Landwirtschaftsbetriebe in bestimmten Höhenlagen Rechnung getragen werden muss. Die vorgeschlagene Regelung, die Vegetationsperiode als Kriterium für die Anzahl Weide- und Auslauftage festzulegen, wäre geeigneter, weil damit eine einheitliche und praxistaugliche Lösung für alle Betriebe ab der Bergzone 1 gelte.

«Führt zu unklaren Verhältnissen im Vollzug»

In seiner Begründung schreibt der Bundesrat, dass die Regelung des RAUS-Programms, die bis 2007 galt, aus guten Gründen revidiert wurde: Sie führte laut Bundesrat zu unklaren Verhältnissen im Vollzug und zu Unsicherheiten bei den Bewirtschafterinnen und Bewirtschaftern, da die Vegetationsperiode eine einzelbetriebliche Beurteilung zur Folge hatte. Je nach Lage, Exposition und Bodenverhältnissen variiert der Vegetationsbeginn und damit die Weideperiode im Berggebiet, aber auch in tiefergelegenen Regionen. Deshalb habe man 2008 auf die heutige Regelung umgestellt, welche von November bis April 13-mal pro Monat Auslauf oder Weide und von Mai bis Oktober 26-mal pro Monat Weide oder Auslauf verlange.

Harmonie zwischen Tierschutz und RAUS ist gegeben

Als weiteres Argument gegen die vorgeschlagene Regelung nennt der Bundesrat die Analogie von Tierschutz-Kontrollhandbuch Rinder und den aktuell geltenden RAUS-Bestimmungen, in der die Winterfütterungsperiode vom 1. November bis 30. April definiert ist. «Damit ist der Vollzug bei Tierschutz und RAUS harmonisiert», so der Wortlaut des Bundesrats. «Dies ermöglicht eine einfache Verständlichkeit für die Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter, eine schweizweite Gleichbehandlung, einen administrativ einfachen Vollzug mit einer effizienten Kontrolle».

Nicht tieferer, sondern höherer administrativer Aufwand

Die Anzahl Weide- und Auslauftage anteilmässig zu berechnen, würde den administrativen Aufwand nicht senken, sondern die Komplexität wesentlich erhöhen, warnt der Bundesrat in seiner Begründung. «Wenn beispielsweise auf einem Betrieb der erste Tag der Vegetationsperiode der 12. Mai wäre, hiesse dies, dass die Tiere bis zum 11. Mai 4,6 Auslauftage (11/31 x 13) auf einer Auslauffläche und ab dem 12. Mai 16,8 Weidetage (20/31 x 26) benötigen würden, rechnet der Bundesrat vor.

Man komme dem Berggebiet schon heute entgegen

Die Ausnahmebewilligung durch den Kanton kann für bis zu fünf Jahre ausgestellt werden kann. Laut dem Bundesrat würden sie aber nur «ganz wenige» Betriebe im Berggebiet beantragen, welche im Mai keine geeignete Auslauffläche haben.

Vor der Annahme der Vorlage warnte der Bundesrat, dass eine Reduktion des RAUS-Beitrags im Verhältnis zur Reduktion der Auslauftage im Mai und Oktober im Berggebiet geprüft werden müssten, da der Mehraufwand zugunsten des Tierwohls geringer wäre».

Das Klima verändert sich und mit ihm die Weidezeit. Das war der Beweggrund von Ständerat Werner Salzmann, um die Motion «RAUS-Programm: Weidezeitpunkt an die Winterfütterung und damit der Realität anpassen» zu skizzieren. Diese erlag am 8. Juni 2022 mit 21 zu 19 Stimmen in der Grossen Kammer dem Widerstand der Parlamentarier. Daraufhin verfasste alt Nationalrat Erich von Siebenthal (SVP, BE) eine gleichlautende Motion, die am 20. September 2023 mit 105 zu 74 Stimmen bei 11 Enthaltungen gutgeheissen wurde. Nun stimmte auch der Ständerat, im Verlaufe der Sommersession, der Vorlage zu. Der Bundesrat zeigte sich auch noch während der laufenden Sommersession ablehnend gegenüber der Vorlage.