In Deutschland ist die ansteckende Tierseuche BHV-1 ausgebrochen. Sie ist für den Menschen ungefährlich, kann aber in einem Rindviehbestand durch Fehlgeburten und eine geringere Milchleistung erheblichen Schaden anrichten. Die Krankheit wird durch Herpesviren verursacht und ist aktuell auf einem grossen Aufzuchtbetrieb im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern, im Nordosten Deutschlands, ausgebrochen.
Vermutet wird, dass die Krankheit aus den Niederlanden eingeschleppt wurde. Der deutsche Betrieb, der rund 1000 Tiere an verschiedenen Standorten beherbergt, soll regelmässig Tiere aus Holland importieren. Um den Betrieb wurde nach Ausbruch der Seuche ein Drei-Kilometer-Sperrgebiet festgelegt, wie die Zeitung «Nordkurier» schreibt.
Die Krankheit kann sich durch den Transport lebender Tiere, aber auch mit Samen relativ rasch über grosse Gebiete verbreiten. Deutschland gilt eigentlich als Rinderherpes-freies Gebiet. Ob die Tiere des betroffenen Betriebes nun allesamt gekeult werden müssen, ist Bestand einer Untersuchung.
Frei von IBR und IPV
Das Bovine Herpesvirus BHV ist den Schweizer Bäuerinnen und Bauern hauptsächlich durch die Krankheiten Infektiöse Bovine Rhinotrachitis (IBR) geläufig. Die Schweiz ist nun schon bald seit 30 Jahren anerkannt frei von IBR. Seit 1994 gibt es ein risikobasiertes Stichproben-Untersuchungsprogramm, um regelmässig diese Freiheit von IBR nachzuweisen. In den Siebzigerjahren trat die Krankheit derart stark auf, dass Massnahmen zur Eindämmung der Seuche angeordnet wurden. Die Bekämpfung dauerte mehrere Jahre und kostete die öffentliche Hand damals annähernd 135 Millionen Franken.
Bedeutung für die Schweiz?
Welche Bedeutung hat nun aber ein Ausbruch des Herpesvirus im nördlichen Nachbarland auf die Rindviehbestände der Schweiz? Wir haben beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) nachgefragt. «Ausgerottete Seuchen können aufgrund des Tierverkehrs und des internationalen Handels jederzeit wieder in die Schweiz eingeschleppt werden», erklärt das BLV das Gefahrenpotenzial, auch in der Schweiz, in absehbarer Zeit, einen Fall zu haben. Im Fall von IBR müssen importierte Rinder zusätzliche Garantien erfüllen und werden beim Import aus nicht IBR-freien Ländern getestet.
Eine Einschleppung des Erregers in Betriebe erfolge meist über den Zukauf von Tieren, die klinisch gesund sind, aber das Virus latent in sich tragen oder sich in der Inkubationsphase befinden. Weiter könnten sich Schweizer Tiere auch während der Sömmerung auf ausländischen Alpen infizieren, falls sie dort in Kontakt mit infizierten Tieren kommen.
Obschon die Schweiz seit 1994 anerkannt frei von IBR ist, wurden in den letzten Jahren vereinzelt positive Tiere nachgewiesen. «Diese Fälle hatten aber keinen Einfluss auf den Seuchenfreiheits-Status der Schweiz, weil es sich jeweils nur um ein serologisch positives Resultat für ein einzelnes Rind handelte und kein Virus gefunden wurde», erklärt das BLV. Der letzte solche sogenannte «Einzelreagent» wurde Ende des letzten Jahres nachgewiesen.
Kommt es zu einem Fall, treten folgende Massnahmen gemäss Tierseuchenverordnung in Kraft:
- Sperre: Betrieb wird unter Sperre gestellt.
- Tötung: verdächtige und verseuchte Tiere werden geschlachtet.
- Milch pasteurisiert: Milchrückstände, die bei der Verarbeitung von Milch aus gesperrten Beständen anfallen, werden pasteurisiert, bevor sie an Kälber verfüttert werden.
- Reinigung: die Stallungen werden gereinigt und desinfiziert.
- Kontrolle: Die Sperre wird aufgehoben, nachdem die blutserologische Untersuchung aller Tiere einen negativen Befund ergeben hat. Die Proben dürfen frühestens 30 Tage nach Ausmerzung des letzten verseuchten Tieres erhoben werden.