Sie haben eine bewegte Geschichte hinter sich: die Holsteinzüchter in der Schweiz. Von der Unterdrückung der Rassengebiete bis hin zum Importverbot von Spitzenstieren aus Übersee. Der Kampf für die Rasse hat sich aber gelohnt, dieses Jahr kann die Genossenschaft Holstein Switzerland ihr 125-jähriges Bestehen feiern. Aus diesem Anlass wurde der Film «Mit Herzblut züchten», realisiert. Der 50-minütige Film wurde von der Agentur 23 und von Pauline Jeanbourquin produziert und letzte Woche im Kino in Bern der Öffentlichkeit vorgeführt. Die Hauptprotagonisten in diesem Film sind der Holsteinzüchter Pascal Henchoz und seine Tochter Lauriane aus dem waadtländischen Essertines-sur-Yverdon, mit dem Herdenpräfix Mollanges.[IMG 2]
Nach Kanada auswandern
Doch es gibt nicht nur diesen einen Film, der das 125-jährige Bestehen von Holstein Switzerland thematisiert. In anderen Episoden kommen auch die ausgewanderten Schweizer Oscar und Eric Dupasquier sowie Thierry Jaton zu Wort. Beide Züchter erreichten in Kanada mit ihren Holsteinkühen enormen Ruhm. Pascal Henchoz machte vor 30 Jahren als fast 20-Jähriger ein Praktikum bei den Eltern von Thierry Jaton in Kanada. «Ich sah dort wunderschöne Kühe, wollte unbedingt Embryonen vom Stier Counselor kaufen», erzählt Pascal Henchoz. Denn der Stier Counselor sei in der Schweiz nicht erhältlich gewesen, doch Counselor drückte seinen Töchtern in Übersee den Stempel auf.
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Ein Praktikum
Was für Vater Henchoz nicht schlecht war, könnte auch für seine von der Holsteinzucht begeisterte Tochter Lauriane gut sein. Auch sie absolvierte letztes Jahr ein Praktikum bei Familie Jaton, und zwar beim jetzigen Betriebsleiter Thierry Jaton. Im Film «Mit Herzblut züchten» ist zu sehen, wie Vater Pascal Henchoz seiner Tochter sagt, dass sie drei Embryonen von einer Spitzenkuh aus dem Stall Jaton kaufen dürfe. Die 19-Jährige war schlicht begeistert von den Jaton-Kühen mit dem Präfix Provetaz. Unverzüglich rief sie ihren Vater an und erzählte, dass sie sich zwischen zwei Kühen nur schwer entscheiden könne. Vater Henchoz meinte nur, sie solle halt sechs Embryonen kaufen. Als Lauriane entgegnete, dass diese Kuh so breit und so ausbalanciert sei, sagte Vater Henchoz wie vom Blitz getroffen: «Kauf acht Embryonen!» Vor allem der Holsteinstier Delta-Lambda habe bei Familie Jaton eingeschlagen wie selten ein Stier zuvor. Im Jahr 2021 wurde der Betrieb Provetaz oder besser gesagt Familie Jaton ausgezeichnet als kanadische Meisterzüchter.
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Ein Erbfehler
Auch Familie Oscar Dupasquier holte in Kanada einen Titel nach dem anderen. 1994 siegte sie sogar mit ihrer selbstgezüchteten Dupasquier Starbuck Winnie an der World Dairy Expo in Madison und holte mit ihr den Grand-Champion-Titel. In einer Episode im Film «Mit Herzblut züchten» erzählt Oscar Dupasquier, wie Ende der 60er-Jahre die schwarz-weisse Freiburger Kuh in der Schweiz dem Untergang geweiht war. In den 1950er-Jahren waren nur noch 8000 Kühe im Herdebuch registriert. Als Folge der Bestandsabnahme nahm der Blutverwandtschaftsgrad stark zu. So kam der Erbfehler der sogenannten Schlittenkälber, der auf den Natursprungstier Mouton aus Sâles FR zurückging, immer häufiger vor und die Lage der Rasse war mehr als prekär. Angesichts dieser sehr fordernden Bedingungen fand man die Schwarzfleckviehherden nur noch in einigen Regionen der Kantone Freiburg, Neuenburg und Basel. Das Überleben der Rasse war gefährdet, da keine neuen Genossenschaften gegründet werden konnten. Der Schwarzfleckviehbestand nahm weiter ab.
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Geschmuggelt wurden Kälber
Die ersten Samendosen von friesischen Stieren wurden dann zu Beginn der 1960er-Jahre importiert. Es wurden auch friesische Kälber und Kühe aus Deutschland und Frankreich über die Grenze geschmuggelt. 1966 hob der Bundesrat die Rassenzonen auf. Im selben Jahr importierte der damalige Schweizerische Schwarzfleckviehzuchtverband dann zum ersten Mal 1000 Holstein-Samendosen aus Kanada.
Geschichte geschrieben
Das war die Rettung der Rasse und der Start der Holsteinisierung in der Schweiz. Auch Familie Dupasquier, die in Bulle FR einen Betrieb führte, begann mit der Einkreuzung. Doch 1981 wanderte die Familie nach Guelph in Kanada aus, weil vor der Stadt Bulle ein Einkaufszentrum errichtet und viel Land überbaut wurde. Die Ära, die Familie Dupasquier in Kanada erreichte, ist Geschichte. Neben ihrer Dupasquier Starbuck Winnie züchteten Dupasquiers auch mehrere andere bekannte Kühe und mehrere bekannte Holsteinstiere.
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Weltweite Anerkennung
In der Zwischenzeit ist die Holsteinzucht in der Schweiz zu einer richtigen Macht geworden. Nicht nur in Europa, sondern auch in den Holsteinländern Amerika und Kanada wird die Schweizer Zucht wahrgenommen. Dazu beigetragen haben sicher die bekannten Ausstellungen wie die Expo Bulle, die Swiss Expo oder die Junior Expo Bulle. Aber auch die Holsteinkühe Castel James Jolie, Decrausaz Iron O’Kalibra oder Atwood Galys Vray trugen massiv zu Erfolg und Anerkennung der Schweizer Holsteinzüchter bei.