Der Schweinemarkt steckt in einer noch nie dagewesenen Krise. Jetzt zieht man die Notbremse. Letzte Woche tagte der Verwaltungsrat von Proviande und beschloss die Bildung eines Krisenstabes unter der Leitung von Suisseporcs. Mit Vergünstigungsaktionen durch den Bund und den Export von 50'000 Mastschweinen soll der Markt kurzfristig entlastet werden, so der Vorschlag des Führungsstabs.
Schuldzuweisungen jetzt nutzlos
Letzten Freitag, also am gleichen Tag wie die Meldung publik wurde, tagten die Mitglieder von Suisseporcs Ostschweiz in Kirchberg SG. Anwesend waren auch Meinrad Pfister, Präsident, und Stefan Müller, Geschäftsführer von Suisseporcs. Müller wandte sich mit deutlichen Worten an die Produzenten: «Wir müssen jetzt handeln. Wenn wir nichts machen, haben wir an Weihnachten eine Katastrophe.» Es handle sich um eine ausserordentliche Situation, die ausserordentliche Massnahmen erfordere und die nicht alleine von den Schweinehaltern getragen werden können. Müller rief zur Einigkeit und Solidarität auf: «Wir sind nicht in der Lage, einander gegenseitig den Schwarzen Peter zuzuschieben. Die gesamte Branche muss mithelfen.» Gemeint sind die Züchter, die Mäster, die Händler und die Abnehmer.
Suisseporcs fordert eine ausserordentliche, branchenweite Finanzierungslösung. Grundvoraussetzung für Müller ist, dass der Handel mithilft. Unter der Voraussetzung, dass sich der Handel mit Fr. 0.05/kg SG sowie auch die Abnehmer beteiligen, unterstützt Suisseporcs einen Beitrag durch die Schweineproduzenten mit Fr. 0.15/kg SG. «Wichtig ist uns, dass die Massnahme befristet und der Prozess transparent ist», betonte Müller. So könnten rund 50'000 Schlachtschweine, der aktuelle Überhang, aus dem Schweizer Markt exportiert werden. Müller hofft, dass sich der Markt mit diesen Massnahmen bis im Januar entspannt. Überwacht werden soll der ganze Prozess von Proviande. In der Zwischenzeit hat sich die Task Force bereits wieder getroffen. Neuigkeiten zum Export-Projekt sind aber noch nicht spruchreif. Hingegen hat der Proviande-VR am Mittwoch als Massnahme zur Marktentlastung eine freiwillige Einlagerung von Schweinefleisch beschlossen.
Schweinefleisch kann eingelagert werden
Aufgrund der aktuellen Marktsituation Schweine hat der Verwaltungsrat Proviande am Mittwoch mit Zustimmung des Bundesamtes für Landwirtschaft beschlossen, eine freiwillige Einlagerung von Schweinefleisch einzuleiten. Damit Beiträge generiert werden können, müssen Vorschriften eingehalten werden. Die Aktion ist befristet vom 5. bis 22. Dezember 2022. Die Menge ist nach oben nicht limitiert. Auslagerungen sind nur im Rahmen der jeweiligen Beschlüsse durch den Proviande-VR statthaft.
Die Produzenten sind gespalten
Wie gross die Kluft innerhalb der Branche ist, zeigte die Diskussion bei Suisseporcs Ostschweiz. So meinte ein Mitglied, dass die Preise zwar tief, aber noch nicht tief genug seien: «Je tiefer die Preise, umso rascher die Wirkung und umso schneller haben wir eine Erholung auf dem Schweinemarkt.» Meinrad Pfister entgegnete, dass dies nicht zu einer raschen Entspannung führe. «Das heutige Preisfindungsmodell ist zu träge und reagiert zu spät. Wir brauchen jetzt eine Lösung, damit die Krise nicht weiter eskaliert.» Pfister berichtete von verzweifelten Produzenten, die auf der Geschäftsstelle anrufen, weil sie nicht mehr weiter wissen.
Man habe schon vor einem Jahr vor dem Szenario gewarnt, in dem man heute stecke, fuhr Pfister fort. «Wir müssen einen Weg festlegen, wie wir den Markt zukünftig in den Griff kriegen wollen.» Das allerdings sei Diskussionsstoff für eine spätere Phase und Aufgabe der Arbeitsgruppe Schweinemarkt. Eine Umfrage zum Thema wurde kürzlich bei den Mitgliedern durchgeführt und ausgewertet.
Die Basis äusserte sich zum Schweinemarkt
Die Suisseporcs hat im August eine gross angelegte Umfrage durchgeführt. Die Ergebnisse dienen insbesondere auch der Arbeitsgruppe Schweinemarkt, bestehend aus Vertretern von Züchtern, Mästern, Handel, HAFL, externen Experten und Geschäftsstelle Suisseporcs als Grundlage für Massnahmen mit dem Ziel, eine «langfristig marktgerechte Produktion sicherzustellen».
Die wirtschaftliche Perspektive im Betriebszweig Schweinehaltung in den nächsten 3 Jahren wird dabei unterschiedlich beurteilt. Zuversichtliche und pessimistische Produzenten halten sich in etwa die Waage. Für die nächsten 12 Monate erwarten allerdings über 85 % eine Überproduktion. Investiert wird gemäss Umfrage in den kommenden 5 Jahren eher zurückhaltend. Grossprojekte (über 500 000 Franken), stehen auf 36 der teilnehmenden 837 Betrieben an. Der Morenbarometer wird bei den Belegungen von Züchtern nur schlecht berücksichtigt. Neue Modelle, um die Produktion nicht nur abzubilden, sondern stärker zu steuern, werden unterschiedlich mitgetragen. Von einer kompletten Ablehnung kann aber nicht gesprochen werden. Eine deutliche Mehrheit befürwortet den zusätzlichen Einbezug von messbaren Indikatoren, wie etwa Jagereinstallungen in das aktuelle Modell für die Preisfestlegung bei Mastjagern.
Leue Höck im luzernischen Hildisrieden
Kommenden Montag, 5. Dezember, 20 Uhr, treffen sich die Zentralschweizer Mitglieder der Suisseporcs in Hildisrieden zum traditionellen Leue Höck. Das Thema ist gegeben.
