«Mit steigendem Milchpreis nimmt die Fruchtbarkeit der Milchkühe ab.» Eine gewagte Aussage, die aber immer mal wieder zu vernehmen ist. Fragt man bei Fachleuten wie Tierärzten oder Verbandsexponenten nach, habe die Sache eine gewisse Logik. So werde gerne einmal oder auch zweimal mehr «geübt», wenn die Kuh nicht auf Anhieb trächtig wird, statt sie aus dem Bestand zu entfernen. Wir haben beim Branchenleader Swissgenetics im bernischen Zollikofen nachgefragt, ob diese These mit Zahlen und Statistiken zu belegen sei. «Nein, wir verfügen leider über keine Zahlen zu dieser Fragestellung», erklärt René Bucher, Teamleiter Marketing bei Swissgenetics.
Ein mögliches Indiz
Die prozentuale monatliche Veränderung der Erstbesamungen (EB) versus Gesamt-Künstliche-Besamung (KB) könnte ein Indiz für zunehmende oder abnehmende Mehrfachbesamungen sein. «Aber aufgepasst», sagt Bucher: «Auch die Faktoren Fruchtbarkeit und Einsatz Natursprung beeinflussen diese Entwicklung. In den Monaten Juli bis Oktober 2021 ist die prozentuale Veränderung der EB leicht tiefer als bei den KB, was auf zunehmende Mehrfach-Besamungen hinweist.» Ab November 2021 bis Juni 2022 sei die Veränderung in den KB allerdings kleiner als bei den EB, was auf abnehmende Zweitbesamungen hinweise, schlussfolgert Bucher. Dies deute gar auf ein gegenteiliges Verhalten zum ansteigenden Milchpreis hin. Bucher erinnert, dass diese Aussagen auf Annahmen und Indizes basieren und eben nicht auf statistischen Fakten.
Schlachtviehpreis ist zentral
Wie der Teamleiter Marketing sagt, sei der Schlachtviehpreis ein zentraler Einflussfaktor auf das Verhalten der Kundschaft in Sachen Bereitschaft zu Mehrfachbesamungen. Auch eine sich verändernde nachgefragte Milchmenge könne ein Faktor sein. «Der Milchpreis allerdings hat einen sehr geringen bis keinen Einfluss auf das Besamungsverhalten unserer Kundschaft», ist er sicher.
Auf die Frage, ob mit dem steigenden Milchpreis die Mastbesamungen abnehmen, erklärt Bucher: «Betrachten wir die Anzahl Fleischrassenbesamungen am Gesamt-KB-Markt, so muss diese Frage mit Nein beantwortet werden.» Der entscheidende Faktor für den Anteil an Fleischrassenbesamungen sei auch hier der Schlachtviehpreis – nicht der Milchpreis. Und dieser begünstige seit längerer Zeit die Produktion von Schlachtvieh. «Deshalb ist der Anteil an Fleischrassenbesamungen seit Jahren leicht steigend.»
Selbstverständlich verhelfe auch der steigende Einsatz von Selexyon den Fleischrassenbesamungen zum Anstieg. So würden die besten Tiere einer Herde mit gesextem Samen geführt und die anderen mit Fleischrassen belegt.