Die Ausstellung «Hühner – Unterschätztes Federvieh» im Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen hätte eigentlich bereits Ende März eröffnet werden sollen, was jedoch durch den Lockdown verunmöglicht wurde. Nun kann sie mit anderthalb Monaten Verspätung doch noch gezeigt werden, da Museen seit dem 11. Mai wieder Besucher empfangen dürfen.
Ein Nachfahre des Dinosauriers
Im Eingangsbereich wird das Publikum von einem überdimensionierten Hühnerskelett des Berliner Künstlers Andreas Greiner, das an einen Tyrannosaurus Rex erinnert, empfangen. Nicht zu Unrecht, schliesslich sind Vögel enge Verwandte dieses gewaltigen Urtiers. Doch ging es dem Künstler um etwas anderes: Mit dieser zehnfachen Vergrösserung eines Broilers wollte er dem Huhn als billiges Massenprodukt der heutigen Zeit ein Monument setzen. Eins, zu dem man für einmal hinaufschauen muss.
Die Geschichte des Haushuhns beginnt vor etwa 8000 Jahren, als die Menschheit beginnt, das auch heute noch im Dschungel Südostasiens auf Bäumen lebende Bankivahuhn zu domestizieren. Aus dem Wildhuhn, mit dem Kennzeichen des roten Kamms ausgestattet, entstanden unter dem Einfluss des Menschen mit der Zeit eine Vielzahl verschiedener Rassen. Ursprünglich stand wohl gar nicht die Nutzung als Nahrungsmittel im Zentrum, zumal Wildhühner jährlich nur etwa 15 bis 20 Eier legen. Vielmehr, so scheint es, war es der Reiz des Exotischen, der das Huhn mitbrachte.
Zucht von Langkrähern
Die Zucht ging in die verschiedensten Richtungen. So entstanden etwa Rassen mit besonders streitlustigen Hähnen, um diese an Hahnenkämpfen vorzuführen, Rassen mit Fussfedern oder speziellem Kopfputz oder Hähne mit ewiglangen Schwanzfedern. An der Ausstellung zu erfahren ist ausserdem, dass es eine Zucht von Langkrähern gibt, so etwa der Sandschakkräher aus dem Balkan, der über 20 Sekunden lang zu krähen vermag. Die verschiedenen Rassen unterscheiden sich nicht nur in Aussehen, Grösse und Temperament, sondern auch in Legeleistung, Fleischansatz und der Bereitschaft zum Brüten.
Es ist die Vielfalt an Hühnerrassen, welche in den letzten 70 Jahren die Züchtung der modernen Hochleistungshühner ermöglichte. Auch der wirtschaftliche Faktor der heutigen Hühnerproduktion ist Thema der Ausstellung. So hat sich beispielsweise in der Schweiz die Anzahl Nutzhühner in den letzten 20 Jahren verdoppelt und liegt heute bei über 13 Millionen. Weltweit gibt es laut Schätzungen um die 20 Milliarden Hühner. Damit ist das Haushuhn der häufigste Vogel.
Religiöse Symbolik
Auf Plakaten eindrücklich dargestellt sind auch die weltweiten Handelswege von Hühnerfutter und der verschiedenen Pouletteile zwischen den Kontinenten. Aus Südamerika stammt besonders viel Soja und Mais für Geflügelfutter, in Russland besteht eine hohe Nachfrage nach Pouletschenkeln, während in China speziell auch die Füsse gefragt sind.
Spuren von globalem Interesse am Huhn zeigen sich auch in der Kulturgeschichte: In den verschiedensten Weltregionen taucht es in der Symbolik von Kultur und Religion auf, die Henne etwa als Ausdruck der Fruchtbarkeit oder der Hahn als Symbol des Verkünders. Letzterer ist hierzulande auf manchem Kirchenturm zu finden, wie auch der Blick durchs Fernrohr aus dem Museumsfenster zeigt. Auch unsere Sprache enthält das Huhn in verschiedenen Begriffen, häufig sind wir uns dessen gar nicht bewusst. Der Wasserhahn beispielsweise ist zu seinem Namen gekommen, weil die Form früherer Modelle an die Silhouette eines Hahnenkopfs erinnern. Dasselbe gilt auch für den Zapfhahn.
Gutes Gedächtnis
Trotz ihrer Inspiration für zahlreiche Kulturen werden Hühner heutzutage oft unterschätzt. Doch von wegen «dummes Huhn»: Das Federvieh hat viele Fähigkeiten, wie an der Ausstellung zu erfahren ist. So ist ein Wortschatz von 24 Lautäusserungen bekannt, die es gezielt einsetzen kann. Zudem hat sich gezeigt, dass ein Huhn bis zu 100 Artgenossen individuell erkennen und im Langzeitgedächtnis abspeichern kann. Dabei orientiert es sich an Merkmalen wie Kämmen und Kehllappen, möglicherweise aber auch an der Stimme und am Geruch.
Das Museum zu Allerheiligen bietet einen vielseitigen Zugang zum Thema Huhn und regt zum Nachdenken an. Auch Kinder sind angesprochen, daher ist ein Besuch auch mit der Familie empfehlenswert. Mit Hilfe verschiedener Medien, unter anderem auch Touch Screens, die mit einem geliehenen Stift bedient werden dürfen, ist sie spielerisch und interaktiv umgesetzt. Es fehlt auch nicht an zahlreichen Exponaten, darunter präparierte Exemplare verschiedener Hühnerrassen. Aufgrund der Corona-Zeit gibt es im Bereich der interaktiven Stationen in der Ausstellung gewisse Einschränkungen. Solange diese gelten, schenkt das Museum allen Besucherinnen und Besuchern mit dem Kauf des Eintritts zusätzlich einen Gratiseintritt, welcher zum erneuten Besuch des ganzen Hauses berechtigt oder verschenkt werden kann.
Mehr Informationen
«Hühner – Unterschätztes Federvieh». Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen.
- Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag, 11 bis 17 Uhr. Bis 5. April 2021.
- Eintritt: Fr. 12.– /AHV, IV, in Ausbildung Fr. 9.– /bis 25 Jahre gratis.