Er mag schöne Kühe, vor allem mag er Kühe, die auch wirtschaftlich sind und sich gut verkaufen lassen. Ruedi Sommer, Präsident des Emmentalischen Fleckviehzuchtverbands aus Wynigen, weiss, was er will und ist überzeugt, dass die Emmentaler Bauern die richtige Kuh in ihren Ställen halten und züchten.
Über 2000 Tiere im Jahr
Das Emmental mit seinen Hügeln, Gräben und Chrächen ist bekannt für sein begehrtes Zuchtvieh, welches die Bauern mehrheitlich an den beiden Auktionsplätzen Schüpbach und Burgdorf verkaufen. «Zirka 200 Tiere sind es jeden Monat. Also über 2000 Kühe, Rinder und Kälber pro Jahr», rechnet Ruedi Sommer vor. Dabei komme die Käuferschaft jeweils aus der ganzen Schweiz, insbesondere viele treue Kunden aus der Ostschweiz. «Der Viehverkauf ist für uns Emmentaler ein wichtiges Standbein», hält der Präsident ausdrücklich fest. Ruedi Sommer weiss, heutzutage sei eine mittelgrosse Kuh mit genügend Substanz, tiefen Zellzahlen und guter Milchleistung am meisten gefragt. Eine Kuh mit starkem Exterieur, so, wie sie die Emmentaler Züchter eigentlich gerne haben, rücke immer mehr in den Hintergrund. «Das Exterieur wird heute an den Auktionen ganz klar weniger nachgefragt als früher», bedauert er. «Persönlich finde ich es schade, dass der Preisunterschied zwischen einer schönen und einer ‹normalen› Nutzkuh fast gleich Null ist.» Für ein absolutes Spitzentier werde aber immer noch ein guter Preis bezahlt. Nichtsdestotrotz: Die grosse Leidenschaft von Sommers sind schöne und leistungsstarke Kühe. Dabei ist ihr Züchterfleiss nicht zu übersehen. Von der Swiss-Fleckvieh- über die Red-Holstein- bis zur Holstein-Kuh – ja, die Palette ist gross in ihrem Stall und eine Schaudiva reiht sich an die andere. «Schon mein Vater hatte ein Flair für die Zucht, damals noch mit reinen Simmentalern», sagt er anerkennend.
Pickel und Armani
Mit dem Einzug der Einkreuzung stieg das Niveau auf dem Betrieb Sommer noch einmal. «Vor allem die Stiere Pickel, Armani, Odyssey oder Mogul haben gut funktioniert», hält der Betriebsleiter fest. Eher schlechte Erfahrung habe man mit Trimbo und Absolute gemacht. Zurzeit werden die Stiere Jackpot, Bad, Agent, Doorman, Apple Crisp und verschiedene SF-Stiere wie Kilian eingesetzt. «Wir haben immer noch fünf reine SF-Kühe im Stall», sagt der Züchter nicht ohne Stolz. Stammmutter sei hier die Renato-Tochter Zagora und man wolle auch in Zukunft dieser SF-Linie treu bleiben. Dank des Spermasexings, das auf dem Hof zum Einsatz kommt, ist auch die Nachzucht entsprechend gross. «Zirka 20 Rinder kalben jährlich ab. Dies ermöglicht uns, jedes Jahr 15 bis 20 Nutzkühe zu verkaufen.» Bei der Stierenauswahl sind sich Vater und Sohn Fabian, der das zweite landwirtschaftliche Lehrjahr absolviert, meistens einig. «Es ist uns egal, von welcher Firma die Stiere kommen. Hauptsache, sie genügen unseren Ansprüchen», hält der Betriebseiter fest. Exterieur, Zellzahl und die Milchgehalte seien dabei die Kriterien, auf die man am meisten achte. Dank dieser akribischen Anpaarung bleiben auch die Zuchterfolge nicht aus: Klassensieg an der Eliteschau in Bern, sehr gute Platzierungen an der Starparade wie auch an der Altjahrsschau gehen auf das Konto von Sommers, um nur einige zu nennen.
Nur die Besten
Ruedi Sommer ist sich bewusst, dass auch in ihrem traditionellen Zuchtgebiet immer mehr Betriebe auf die Mutterkuhhaltung umstellen oder das Interesse an Schauen und Ausstellungen verlieren. «Wir mussten dies auch an der letzten Verbandsschau feststellen», sagt der Präsident. Denn die Anzahl der angemeldeten Kühe hielt sich damals in Grenzen und das Auswahlkomitee musste oder durfte fast jede Kuh berücksichtigen, welche für die Verbandsschau angemeldet wurde. «Dies hat uns aufgezeigt, dass ein Auswahlverfahren überflüssig wird. Das heisst, dass wir an der nächsten Verbandsschau zum ersten Mal auf eine Vorschau verzichten werden», hält der Präsident fest. Obwohl auch die Anmeldungen bei der Starparade abnehmend sind, werde bei diesem Anlass noch an einer Vorschau festgehalten. «Für die Starparade, welche dieses Jahr am Sonntag, den 23. Februar stattfindet, möchten wir nur die allerschönsten Kühe berücksichtigen», sagt er. Für dieses Jahr konnten als Richter Christian Aegerter (RH, RF und HO) und Bruno Beyeler (SI und SF) verpflichtet werden. Wie Sommer selber sagt, werde er im Februar das letzte Mal als Vorschauexperte für die Starparade unterwegs sein. «Es ist Zeit, hier das Zepter weiterzugeben», so der Präsident.
Gute Kandidaten
Auch als Viehschauexperte ist Ruedi Sommer das letzte Jahr unterwegs. «Nach der Herbstschau ist Schluss», sagt er wehmütig. «Es war eine herrliche Zeit und ich habe in all den Jahren viel Schönes auf den Viehschauplätzen erlebt.» Und welche Anekdoten möchte er diesbezüglich preisgeben? «Es gibt einige, die sind aber nicht für die Zeitung», sagt er grinsend. Wirklich keine? Nach kurzem Überlegen gibt er doch noch eine zum Besten. «Es gab einen Experte, dem riss an einer Jubiläumsschau beim Chüjermutzanziehen, von oben bis unten sein schönes, weisses Hemd. Schnell fragte er bei seinem Kollegen nach, ob er für ihn eventuell ein Ersatzhemd hätte. Dieser meinte dann etwas entrüstet: Er sei schon etwas korpulent, aber doch noch nicht ganz so wie er. So musste der Experte, nicht wie seine Kollegen, im traditionellen Chüjermutz-Tenu die Kühe punktieren, sondern in einem gestrickten Pullover, den er schlussendlich noch in seinem Auto fand.» Nach zwölf Jahren ist also Schluss für Ruedi Sommer als Experte und für Ersatz ist gesorgt. «Wir haben im Emmental sehr gute Kandidaten, sie müssen sich nur melden», sagt er augenzwinkernd. Aber eines müsse man wissen: Man brauche manchmal schon einen starken Rücken und am Abend reiche oft die Zeit nicht mehr, um die eigenen Kühe zu melken. «Hier kann ich auf meine Lebenspartnerin Renate Lüthi zählen, die das Melken, wenn nötig übernimmt», hält Sommer anerkennend fest. Aber eines ist klar: Dem Emmentaler Verband bleibt der versierte Präsident noch einige Jahre erhalten.