Nachdem die Schweinemäster im vergangenen Jahr hohe und stabile Preise bekamen, sanken diese in den vergangenen Wochen rapide von Fr. 4.60/kg SG auf aktuell noch Fr. 3.70/kg SG. Damit kann nicht mehr kostendeckend gearbeitet werden. Trotzdem werden weiter viele Jager eingestallt. Die BauernZeitung hat beim Schweizerischen Schweinezucht- und Schweineproduzentenverband Suisseporcs nachgefragt, was für die kommenden Wochen zu erwarten ist.
Die Preise für Schlachtschweine sinken massiv, erwarten Sie, dass die Jagerpreise ebenfalls nachgeben?
Arnold Windlin: Das sind zwei unterschiedliche Märkte zeitlich verschoben. Der Jagerpreis wird wöchentlich von 32 Börsenteilnehmern festgelegt (zehn Mäster, zehn Züchter, zwölf Vermarkter). Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis. Der Absatz der Jager verläuft aktuell flüssig, die Preise sind zwar gesunken, aber zurzeit stabil. Dieser Umstand hat jedoch damit zu tun, dass die Anzahl Mastplätze und die Einstallungen von Mastjagern nach wie vor gross sind. Für das Absatzpotential von Schweizer Schweinefleisch sind die Einstallungen seit August 2020 zu gross ausgefallen.
Wie viele Schlachtschweine sind zu viel auf dem Markt?
Das wissen wir nicht. Die Schlachtschweine können seit Anfang November nicht mehr vollständig verkauft werden. Die durchschnittlichen Schlachtgewichte liegen seither deutlich über 90 kg.
Um wie viel sind die Schlachtungen gegenüber dem Vorjahr gestiegen? Wie viele Tonnen Fleisch sind das?
Insgesamt ist die Produktion im vergangenen Jahr um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen. Im zweiten Halbjahr 2020 beträgt die Erhöhung ganze 5,6 Prozent gegenüber dem zweiten Halbjahr 2019.
Im Labelmarkt läuft es etwas entspannter, bei Bio fehlen gar Schlachttiere. Gäbe es noch Potenzial für Umsteiger?
Für das aktuelle Absatzpotenzial hat es mehr als genug Labelfleisch auf dem Markt.
Kauft der Konsument mehr Labelfleisch?
Das können wir nicht beantworten, das müssten die Fleischverkäufer beantworten. Die Schweinehalter könnten jedoch sofort mehr Labelfleisch anbieten. 60 Prozent der Mastschweine werden nach RAUS- und 68 Prozent nach BTS-Vorschriften gehalten. Verkauft werden kann jedoch nur rund 30 Prozent mit einem Mehrwert. Der Biomarkt ist sehr klein, da ist zu viel und zu wenig sehr nahe beieinander.
Die Einstallungen sind trotz Rückstau der Mastschweine weiter hoch, woran liegt das?
Für das Absatzpotenzial von Schweizer Schweinefleisch sind zu viele Mastplätze in Produktion. Diese Konstellation zwingt die Mäster in Zukunft marktgerechte Einstallungen vorzunehmen. Das heisst, je nach Marktsituation sind weniger Mastjager einzustallen, als die Stallkapazität hergeben würde. Im Weiteren kommt die Branche nicht drumherum, gewisse Ställe nicht mehr zu betreiben. Mästställe, welche nicht mehr zeitgemäss betreut werden können und Renovationsbedarf aufweisen, sollten nicht mehr befüllt werden.
Der Zuchtfortschritt würde bedingen, jährlich den Bestand um tausend Sauen zu reduzieren, damit das Jagerangebot stabil bleibt. Wird dies gemacht oder stehen zu viele Zuchtsauen in den Ställen?
Gemäss Agardatenerhebung 2019 betrug die Anzahl Muttersauen 109 238. Wie viele Muttersauen zum aktuellen Zeitpunkt auf den Betrieben gehalten werden, wissen wir nicht. Seit Mitte September hat die Suisseporcs an die Züchter appelliert, eine Reduktion der Belegungen vorzunehmen. Einerseits wegen der saisonalen Angebotsglättung (siehe Morenbarometer) und anderseits aufgrund der zu hohen Gesamtproduktion. Ob dies auch umgesetzt wurde, wissen wir erst in 42 Wochen, so viel Zeit vergeht von der Belegung bis zum Verkauf der entsprechenden Schlachtschweine.
Was muss die Branche tun, damit die Schweinepreise wieder so stabil verlaufen wie im vergangenen Jahr?
Den Inlandanteil unter 93 Prozent halten. Die Jahre 2019 und 2020 haben deutlich gezeigt, dass durch ein marktkonformes Angebot ein angebrachter Arbeitsverdienst in sämtlichen Produktionsbereichen erzielt werden kann. Die Belegung der Muttersauen und die Einstallungen der Mäster müssen sofort stark reduziert werden. Geschieht dies nicht, werden die Wertschöpfung und der Arbeitsverdienst nachhaltig und unverhältnis-mässig zurückgehen.
Dürfen die Schweineproduzenten dank Lockdown und Restaurantschliessungen auf mehr Schweinefleischkonsum im kommenden Sommer hoffen?
Das können wir nicht beurteilen. 2020 ist der Konsum in den Privathaushalten gestiegen. Damit konnte ein Teil des Wegfalls in der Gastronomie kompensiert werden. Mittelfristig ist es wichtig, dass der Absatz von Schweizer Schweinefleisch in der Gastronomie wieder Fahrt aufnimmt. Die Grenzschliessungen im Frühjahr haben den Einkaufstourismus verringert.