Nach der Hitzewelle vor zwei Wochen sind die Temperaturen inzwischen wieder etwas gesunken. Doch beim Hitzestress der Tiere spielt nicht nur die Temperatur eine Rolle – auch die Luftfeuchtigkeit ist ein entscheidender Faktor.
Mehr Milch, mehr Stress
Am wohlsten fühlen sich Kühe bei Temperaturen zwischen 0 und 15 Grad. Sinkt die Temperatur darunter oder steigt sie darüber, bedeutet das für die Tiere Stress – bei Hitze ist dieser stärker als bei Kälte. Wie gross der Hitzestress für die Kühe ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Der wohl wichtigste, vom Tier abhängige Faktor ist die Milchleistung. Je höher sie ist, desto anfälliger ist das Tier für Hitzestress. Die durch die Milchproduktion entstehende Wärme muss an die Umgebung abgegeben werden. Wie wir Menschen besitzen auch Kühe Schweissdrüsen, jedoch deutlich weniger, weshalb sie schlechter schwitzen können.
Neben der Temperatur spielt auch die Luftfeuchtigkeit eine entscheidende Rolle. Ist sie hoch, kann die Luft weniger Feuchtigkeit aufnehmen und das Schwitzen wird erschwert. Dann können bereits Temperaturen ab 20 Grad bei Kühen zu mildem Hitzestress führen. Je tiefer die Luftfeuchtigkeit ist, desto höhere Temperaturen werden ohne grossen Stress ertragen. Wie gross der Hitzestress für Kühe in Abhängigkeit von Temperatur und Luftfeuchtigkeit ist, zeigt der sogenannte Temperatur-Feuchtigkeits-Index, kurz THI.
Weg mit der Feuchtigkeit
Vernebelungsanlagen bewirken durch die Verdunstung von Wasser eine Abkühlung – ähnlich wie beim Schwitzen. Auch durch die Atmung und das Schwitzen der Kühe gelangt Feuchtigkeit in die Stallluft. Bleibt das verdunstete Wasser in der Luft, steigt die Luftfeuchtigkeit – und der THI verschlechtert sich. Damit die Vernebelungsanlage eine gute Wirkung zeigt, muss die feuchte Luft aus dem Stall transportiert werden. Andernfalls kann es zu gefährlichen Situationen kommen, da die Kühe nicht mehr genügend Feuchtigkeit übers Schwitzen abgeben können. Reichen bauliche Öffnungen und natürliche Luftzirkulation nicht aus, sollten zusätzliche Lüfter installiert werden. Sonst wird die Vernebelungsanlage schnell zur Sauna.
Die Lüfter sollten ausser Reichweite der Tiere montiert oder aber mit einem Schutzgitter versehen werden. Schräg angebrachte Lüfter führen die Luft direkt zu den Kühen, gerade montierte sorgen für Luftzirkulation über den Tieren. Gerade in älteren, tieferen Ställen kann ein im Gang aufgestellter Grossraumlüfter – in Kombination mit geöffneten Fenstern – dafür sorgen, dass die Luft zirkulieren kann.
Auch bei der Verdauung von Rohfasern im Pansen wird zusätzlich Wärme erzeugt. Eine Reduktion des Raufutteranteils in der Ration kann etwas Entspannung bringen. Aber Achtung: Fehlt das Raufutter, kaut die Kuh weniger wieder und produziert dadurch weniger Speichel. Das kann dazu führen, dass der pH-Wert im Pansen zu stark absinkt, eine Pansenübersäuerung ist die Konsequenz – mit den bekannten Folgen wie Pansenazidose. Eine Rationsanpassung mit einem allfälligen Einsatz von Puffersubstanzen sollte nur in Absprache mit einer Fachperson erfolgen.
An Wasser und Schatten denken
Vor lauter THI und dem Einsatz von Puffersubstanzen sollten naheliegendere Tricks nicht vergessen werden: Kühe brauchen viel frisches Wasser. Um grosse Mengen in kurzer Zeit aufnehmen zu können, sind Tränken mit hoher Durchflussrate nötig. Tröge erleichtern das Saufen gegenüber Tränkebecken. Die Weide- und allenfalls der Fresszeitpunkt sollten auf die frühen Morgen- oder späten Abendstunden oder sogar die Nacht verlegt werden. Gerade dunkle, schwarze Tiere heizen sich an der Sonne mehr auf als helle und leiden bei Sonneneinstrahlung noch mehr. Auf der Weide müssen genügend Schattenplätze für alle Tiere vorhanden sein. Im Stall ist genügend Frischluft wichtig. Und vergessen Sie die Fliegen und Bremsen nicht. Je höher die Temperaturen, desto mehr Insekten fliegen umher und stressen die Tiere zusätzlich. Der Insektendruck sollte mit den bekannten Mitteln tief gehalten werden.