«Unser Ziel ist, jede Fläche nach der Alpung im Herbst zu beweiden und dazu eignen sich die Grauen perfekt», sagt Jakob Wickli, Betriebsleiter vom Hof Hinter-Gurtberg in Krinau SG.

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Arrondierte, steile Flächen

Hier im Toggenburg bewirtschaftet er mit seinem Vater Jakob senior den 28 Hektaren grossen Betrieb. Sämtliche Flächen sind um den Betrieb arrondiert. Die Mechanisierung ist zweckmässig, mit einem Rapid Euro werden die steilsten Flächen bewirtschaftet und auch die Gülle damit ausgebracht. (Eigenbau)

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Langlebige, kompakte Kühe

Als Jakob mit seiner Frau Lucienne 2008 den Betrieb übernahm, habe man noch gemolken. Im damaligen Stall mit 18 Anbindeplätzen standen Braunvieh-Kühe, die Betriebsfläche betrug 17 ha LN. «Aufgrund unserer Betriebsgrösse und der Flexibilität zuliebe, haben wir aufgehört mit dem Melken. Wir machten uns auf die Suche nach einer kleinen Kuhrasse, die langlebig ist und eine gute Fleischleistung aufweist. So stiessen wir auf die Grauen», beschreibt Jakob Wickli den Wechsel aufs Grauvieh.

Die erste Grauvieh-Kuh habe man 2009 gekauft, sie ist immer noch auf dem Betrieb, mittlerweile 22-Jährig. Aktuell besteht die Herde fast vollständig aus Grauvieh. Fast, weil «bei einigen Kühen hat es doch noch etwas OB-Blut drin. Die einzige OB-Kuh konnte ich beim Wechsel einfach nicht weggeben. Wir haben sie darum behalten. Ihre Gene leben nun in unserer Herde weiter fort», so Wickli schmunzelnd.

«Unsere erste, 2009 gekaufte Grauviehkuh ist immer noch auf dem Betrieb»

Jakob Wickli über die Langlebigkeit seiner Kühe.

Betriebsspiegel Hinter-Gurtberg
 
Name: Familie Wickli
Ort: Krinau SG
LN: 28 ha und 12 ha Wald, auf 10 Aren wird Getreide für die Selbstversorgung angebaut
Viehbestand: 30 Mutterkühe, Grauvieh eingekreuzt mit etwas OB, 1 Hofhund, 1 Pferd und 1 Pony, weitere Tiere je nach Möglichkeit.

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Absatz via Grosshandel

Die Herde passe jetzt, so wie sie sei, ideal zu dem Betrieb. Die 30 Mutterkühe mit Kälbern beweiden die Betriebsflächen, welche sich auf über 200 Höhenmeter erstrecken. «Mein Zuchtziel ist in zehn Monaten 200 kg Schlachgewicht bei den Kälbern zu erreichen», sagt Jakob Wickli. Erreichen sie dies, kommen sie via Vianco als Natura Beef in den Grosshandel.

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«Der Frühling war bei uns dieses Jahr sehr nass, wir haben spät geheut, dafür gab es auch viel», beschreibt Wickli die Futtersituation im 2023. Der Sommer sei zwar auch hier trocken gewesen, dafür habe es im Herbst wieder genügend Futter gegeben.

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Mit Hilfe «entblackt»

Mit Unkräutern habe man keine Probleme mehr. Die Flächen mit Blackenbesatz wurden mithilfe eines pensionierten Landwirtes gesäubert. «Für einen Stundenlohn von 30 Franken ist er über sämtliche Flächen mit dem Eisen gegangen. Das hat sich auf längere Sicht absolut gelohnt», man habe nun nachhaltig Ruhe von der Blacke, erklärt Jakob Wickli.

Die Betriebsphilosophie ist simpel. «Wir wollen den Betrieb im Normalfall mit ein bis zwei Personen am Laufen halten, wenn etwas Zeit frei wird, werden neue Projekte angerissen», sagt Jakob Wickli.

Angerissen heisst, dass man zum Beispiel ein Gebäude oder einen Stall mit dem Holz aus dem eigenen Wald umbaut respektive renoviert. Dieser stellt auch einen eigenen kleinen Betriebszweig dar. Pro Jahr werden sicher 80 Kubik Bauholz und 30 Kubik Buchenholz verkauft.

Mehr Lärchen im Wald

Für die Zukunft möchten Wicklis das Betriebssystem mehrheitlich beibehalten. Mit kleineren Anpassungen reagieren sie auf die vermehrten Wetterkapriolen. «Wir haben zum Beispiel im Wald neu Lärchen gesetzt, die sind etwas trockenheitsverträglicher als die Fichten», erklärt Wickli.

«Auch habe ich für meine Frau einen Feigen- und Aprikosenbaum im Garten gepflanzt. Bisher halten sich diese», fügt er mit einem Schmunzlen an. Keine Änderung gibt es jedoch bei den Grauen. Diese werden noch eine Weile in Krinau die Hänge abgrasen.


Das Grauvieh – eine Übersicht

Das Grauvieh wird in der Schweiz als Zweinutzungsrasse gezüchtet. Zuchtziele der Rasse sind Robustheit, Widerstandsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit, hohe Fruchtbarkeit, Langlebigkeit, Frühreife und Leistungsfähigkeit.

Die Züchterinnen und Züchter sind in drei Vereinen organisiert.

Die «Bündnerischen»

Rätisches Grauvieh Schweiz (RGS); kleinster der drei Rinderschläge, Pro-Specie-Rara-Rasse. Einst weit verbreitet in den Bündner Alpen, eignet sich aufgrund seines leichten Körperbaus für extensive Weiden und extreme Lagen sehr gut. Für eine Anerkennung im Herdebuch dürfen die Tiere nicht mehr als 131 cm Widerristhöhe haben. Verwendet wird ausschliesslich Schweizer Genetik. Gemäss Verein gibt es zurzeit 2000 Rassetiere, wovon rund die Hälfe Zuchttiere seien.

Die «Milchbetonten»

Schweizer Grauviehzuchtverein: Die Herdebuchführung ist an Braunvieh Schweiz übertragen. Fokus auf Milchproduktion, aber auch auf die Eignung zur Zweinutzung. Nebst der Milchleistung wird darum der Bemuskelung und der Fitness und somit einer guten Fleischleistung und einer einfachen, wirtschaftlichen Haltung viel Bedeutung zugemessen. Die durchschnittliche Nutzungsdauer der Kühe, insbesondere die von ausgewiesenen Zuchttieren, sollte zudem über 8 Jahren liegen. Verwendet wird Schweizer und Tiroler (Österreich und Italien) Genetik.

Die «Fleischbetonten»

Rassenklub Grauvieh Schweiz (RCGS): Mutterkuh Schweiz angeschlossen. Der Verein verfügt über 45 aktive Mitglieder. Fokus auf Fleischproduktion, Vermarktung unter den Labels Natura-Beef, Natura-Veal. Angestrebt werden folgende Zuchtziele (ein Auszug):

  • Widerristhöhe: Bei den Kühen werden 119 bis 130 cm, bei Stieren 130 bis 141 cm angestrebt.
  • Gewicht: Bei Kühen werden 450 bis 650 kg, bei Stieren 600 bis 1000 kg anvisiert.
  • Kälberleistung: Eine TZ 205 über 1000 g sowie eine Fleischigkeit CH-TAX T3 bis C3 sind angestrebt.
  • Format: Harmonisch ausgeglichener Körper, gute Flankentiefe, straffes, gut angesetztes Euter, korrekte Zitzen.
  • Bemuskelung: Gute Bemuskelung über Schulter und Lende, langer voller Stotzen.
  • Fundament: Trockene Sprunggelenke, genügend Klauensatz, korrekter Vorder- und Hinterstand. Verwendet wird Schweizer und Tiroler (Österreich und Italien) Genetik.

Hier gibt es weitere Informationen zu den drei Zuchtvereinen