Es ist eine illustre Runde, die sich da am Tisch austauscht. Eines haben die sieben Männer aber gemeinsam. Sie haben ein Interesse daran, dass ihre Innovation erkannt wird. Und dabei scheinen sie gut unterwegs zu sein. Ihre angeregten Diskussionen erzählen von ihrem Alltag. Und der ist dem Markt ausgesetzt. Hier trifft der Futtermittelproduzent auf den Metzger, den Verarbeiter und den Handel. Heute fehlt einzig der Bauer. Aber nur heute. An den übrigen Treffen, die vierteljährlich stattfinden, ist er auch dabei. Eine kleine Branchenorganisation extra für das Kräuterschwein also? «Kann man so sagen», sagt Hans Peter Wolf, Geschäftsführer ASF AG, einer Viehhandelsfirma mit Sitz in Sursee LU. Er ist auch der Mann, der am Tisch den Draht zu IP Suisse garantiert. Denn beim Kräuterschwein handelt es sich um ein Produkt, das über IP Suisse an den Konsumenten gelangt. Aber erst einmal alles der Reihe nach.
Ziel: 1000 Schweine
Heute werden wöchentlich 300 Kräuterschweine geschlachtet. Das sind bereits 100 mehr als beim offiziellen Vermarktungsstart vor rund eineinhalb Jahren. Das derzeit formulierte Ziel ist ambitiös, aber machbar, wie sich die Beteiligten einig scheinen. «Wir wollen im Jahr 2025 wöchentlich 1000 Schweine auf den Markt bringen», sagt Hans Peter Wolf. Begonnen hat alles mit dem Futter aus Kräutern. Seit vielen Jahren setzt der Mischfutterhersteller Kunz Kunath in seinem Fors-Futter Kräuter ein.
Produzenten gesucht
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Kräuter beeinflussen den Geschmack des Fleisches
In der Vergangenheit sei es in erster Linie darum gegangen, die diätetischen Eigenschaften der verschiedenen Kräuter zu verwenden, um Tiere gesünder und widerstandsfähiger gegen Krankheiten zu machen, erklärt Peter Stadelmann, Geschäftsführer von Kunz Kunath, Burgdorf BE. Diese würden nach wie vor eine grosse Rolle in den Rezepturen der Fors-Futter spielen. «Später entdeckte man aber auch noch ganz andere Eigenschaften von einzelnen Kräutern. So wurde festgestellt, dass diese den Geschmack des Fleisches beeinflussen können. In der Folge führte man Versuche durch und mass in Zusammenarbeit mit Hochschulen gezielt die Veränderungen im Fleisch», erklärt Stadelmann.
Qualität sei das A und O
Schliesslich wurden Degustationen durchgeführt. Das Resultat war äusserst erfreulich, erinnert sich der Futtermittelhersteller. Ruedi Uhlmann, Leiter Vieheinkauf Lucarna Macana AG in Hinwil ZH, nickt. Die Kräuterschweine, die auf den Tellern der Konsumenten landen, gehen durch seine Hände. Er erinnert sich, dass er die ersten geschlachteten Kräuterschweine in seinem näheren Bekanntenkreis «verteilt» hatte. Die Reaktionen seien eindeutig gewesen, sagt er: «Was ist das für Fleisch?» «Genuss als Mehrwert ist im Bereich der Labelproduktion ganz klar ein Plus», weiss Uhlmann. Qualität sei das A und O. Derzeit stammt rund ein Drittel der Kräuterschweine aus QM-Betrieben, der grössere Teil wird auf IP-Suisse-Betrieben mit BTS produziert. Auf diesen Kanal gedenkt man denn auch beim Ausbau der Menge zu setzen. «Nachhaltigkeit und Biodiversität sind Eckpfeiler der künftigen Schweizer Produktion. IP Suisse macht da einen guten Job», sagt Hans Peter Wolf.
Die Sache mit dem Markt
Wenn Innovation so einfach ist, warum hat es so lange gedauert, bis das Kräuterschwein Absatz fand? Sagen will es am Tisch niemand, aber klar wird aus den Ausführungen: Innovation fliesst von unten nach oben und nicht umgekehrt. «Als Vertreter der Firma vor Jahren Kontakt mit Grossverteilern aufnahmen, um die Vorteile der Kräuterschweine zu präsentieren, waren sie vorerst einmal überrascht, dass niemand auf sie gewartet hat», erinnert sich Peter Stadelmann. Grosse Ernüchterung habe geherrscht, hätte man doch erwartet, mit einem guten und gesunden Fleisch auf offene Ohren zu stossen. Erst einige Jahre später, als die Firmen ASF und Lucarna Macana auf das Produkt aufmerksam wurden, habe sich die Situation schlagartig geändert, erinnert sich Stadelmann. Begeistert von der Qualität des Fleisches beschlossen sie, in das Projekt einzusteigen.
Das Kräuterschwein wird mit einer App beworben
Das Kräuterschwein soll Kunden die kein Schweinefleisch mögen, das Fleisch wieder näher bringen. Dabei soll auch eine App helfen. Mehr dazu lesen Sie hier.
15 000 Schweine im Jahr
Heute, gut vier Jahre später, fressen bereits 5000 Schweine das Kräuterfutter und wachsen zu Kräuterschweinen heran. Die rund 15 000 Schweine, die so jährlich produziert werden, werden vor allem über den Fachhandel vermarktet, mit dem positiven Nebeneffekt, dass zahlreiche Metzger dank des Kräuterschweins ihren Fleischabsatz beachtlich steigern konnten und auch neue Kunden zu gewinnen vermochten. Auch das Echo aus den Kreisen der Gastronomen falle positiv aus. «Schweinefleisch von Kräuterschweinen ist ein Premiumprodukt», so Stadelmann. Auch preislich hebt es sich vom konventionellen Schweinefleisch ab. Und dieses habe sich leider in den vergangenen Jahren eher zum billigen Produkt entwickelt. Die Preise gerieten unter Druck und Innovationen haben es meist schwer, sich zu halten oder überhaupt zu etablieren.
Zahlreiche Vorteile
«Kräuterschwein ist sichtbar und fühlbar anders; es ist ein Label, das neben den produktionstechnischen Vorteilen mit Qualität überzeugt», erklärt Ruedi Uhlmann. So böten Fleischstücke regelmässig Grund zu Ärger, weil diese bei der Lagerung und beim Kochen wesentlich an Gewicht verlieren. Versuche, die an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in Zollikofen BE durchgeführt wurden, konnten neben anderen Vorteilen aufzeigen, dass die Kräuterschweine diesbezüglich bessere Eigenschaften aufweisen. In der Versuchsgruppe lag der Tropfsaftverlust über neun Prozent tiefer als jenerder Vergleichsgruppe. Ebenso war der Kochsaftverlust leicht geringer.
Das Fett im Fleisch macht den Geschmack
Das Fett im Fleisch ist hauptverantwortlich für den Geschmack eines Fleischstückes. «Fleisch ohne Fett ist fad und schmeckt wie Leder», sagt Peter Stadelmann, Geschäftsführer der Fors Kunz Kunath, Burgdorf. Aber auch Fett, das Veränderungen erfährt, wie zum Beispiel durch Oxidation (chemische Reaktion), verliert an Qualität. «Die speziellen Kräuter im Herbafors reduzieren die Oxidation des Fettes», erklärt Stadelmann. Mehr dazu Lesen sie hier.