Der nasse Sommer ist nicht nur für die Pflanzenwelt, sondern auch für Wildtiere ein Problem. Man geht davon aus, dass es dieses Jahr vielerorts weniger Nachwuchs geben wird. Für bodenbrütende Vögel wie das Auerhuhn ist die derzeitige Witterung zum Beispiel ein Problem. Das bestätigt Pierre Mollet. Er arbeitet bei der Vogelwarte Sempach als Spezialist für Raufusshühner in der Abteilung «Förderung der Vogelwelt».

Fressen oder sich aufwärmen

«Es ist in der Tat so, dass viele Auerhuhn-Küken in diesem nassen Sommer wohl nicht überleben werden», sagt Pierre Mollet auf Anfrage der BauernZeitung. Ein Auerhuhn legt zwischen acht und zwölf Eier. Die Küken schlüpfen in der Regel im Juni.

In den ersten drei bis vier Lebenswochen sind sie nicht in der Lage, ihre Körpertemperatur selber aufrecht zu erhalten. Sie müssen sich in dieser Phase regelmässig bei der Henne aufwärmen. Man sagt auch, die Küken werden von der Henne «gehudert». Gleichzeitig müssen sie selber auf Nahrungssuche gehen. Ist es in dieser kritischen Phase nass und kalt wie dieses Jahr, erfrieren oder verhungern viele Küken.

Wildruhezonen helfen 

Die Aufzucht sei dieses Jahr aber nicht nur für das Auerhuhn, sondern für Raufusshühner allgemein eine Herausforderung, sagt Mollet. Dazu zählen Birkhühner, Schneehühner und Haselhühner. Da auch regelmässige Störungen durch Menschen ein Problem sein können, sind vor allem Auerhühner auf Wildruhezonen angewiesen, damit die Bestände nicht noch weiter abnehmen. Solche Wildruhezonen gibt es in fast allen Kantonen, in der Ostschweiz zum Beispiel im Kanton Glarus, im Toggenburg oder im Kanton Graubünden.

 

Glarner Schutzprojekt

Das Auerhuhn ist eine geschützte Vogelart und in der Schweiz sehr selten. Die Art ist auf strukturreiche lückige Nadelwälder angewiesen und ist sehr anfällig auf Störungen. Dass sich oberhalb Bilten ein guter Bestand etabliert und halten kann, hat laut Kanton Glarus verschiedene Ursachen:

  • Die Gemeinde Glarus Nord als Waldeigentümerin bewirtschaftet das dortige Sonderwaldreservat gezielt so, dass Auerhuhnlebensräume erhalten und gefördert werden.
  • Diese aufwändige Bewirtschaftung des Waldes wird durch den Kanton finanziell unterstützt und gefördert.
  • Um die Störungen der Vögel durch menschliche Aktivitäten zu vermindern, insbesondere während dem Winter sowie der Balz- und Jungenaufzuchtzeit, ist der Büelser Wald seit 2017 als Wildruhezone ausgeschieden.

Periodische Schwankungen sind nichts Aussergewöhnliches

Dieses Jahr werden sich die Populationen von Auerhuhn und Co. wahrscheinlich verkleinern, weiss Vogelexperte Pierre Mollet. Witterungsbedingte Populationsschwankungen sind also normal. «Warme Sommer tun den Raufusshühnern gut, nasse Sommer sind schlecht für sie», bringt es Mollet auf den Punkt.

2018 und 2019 waren demnach gute Sommer, in denen die Auerhuhn-Populationen gewachsen sind. «Das Wetter ist einer der wichtigsten Faktoren, dass sich die Bestände erholen können. Ist das Wetter im Sommer über mehrere Jahre gut, mag es auch mal etwas leiden», sagt Mollet und meint damit die natürlichen Feinde wie Wildschwein, Fuchs, Marder oder grosse Raubvögel.