Die Afrikanische Schweinepest (ASP) rückte – im besten Fall nur vorübergehend – sehr nahe an die Schweiz heran. Der Erreger wurde in einer Freilandhaltung in Süddeutschland nachgewiesen.
Wohl über den Mensch
Es waren keine gute Nachrichten, auch für die Schweizer Schweinebranche. Am 26. Mai 2022 wurde in einer Freiland-Schweinehaltung im Bundesland Baden-Württemberg, weniger als 100 Kilometer entfernt von der Schweizer Grenze und unmittelbar neben Frankreich, ASP nachgewiesen. Die Einschleppung konnte noch nicht abschliessend geklärt werden. Für das zuständige Landwirtschaftsministerium steht offenbar «Menschliches Handeln» im Vordergrund.
«Bislang wurden keine verendeten Wildschweine gefunden.»
Sprecherin des Ministeriumsin Baden-Württemberg.
Bislang vor allem im Osten
Es war dies der erste Ausbruch in diesem Jahr in einer deutschen Schweinehaltung, weiterhin grassiert das Virus stark bei Wildschweinen im Osten des Landes, in sehr grosser Distanz zum Fall in Baden-Württemberg. 16 der 35 Freilandschweine, offenbar für die Mast bestimmt, seien innert Wochenfrist verendet. Die restlichen wurden nach dem Nachweis sofort gekeult. Anfänglich wurde als Ursache für die Abgänge noch das Futter vermutet.
Da sich der Ausbruch auf «nur» einen Betrieb beschränkt, bestehen gute Chancen, dass der Erreger bereits getilgt ist. Weniger positiv ist der Umstand, dass ausgerechnet eine Freilandhaltung betroffen ist und eine Übertragung und Weiterverbreitung über Wildschweine möglich ist. Deutsche Fachmedien berichten immerhin, dass die Freilandhaltung in Waldrandnähe offenbar sehr professionell betrieben wurde mit dreifacher Umzäunung.
«Menschliches Handeln steht im Vordergrund.»
Die Ämter gehen von einer punktuellen Einschleppung aus.
Tiefe Schweinedichte
Rund um den Ausbruchsort wurde eine Sperrzone mit einem Mindestradius von drei Kilometern und eine sich daran nach aussen anschliessende Überwachungszone mit einem äusseren Radius von mindestens zehn Kilometern eingerichtet. Der Aufarbeitung kommt entgegen, dass im betroffenen Landkreis die Schweinedichte seht tief ist. Laut zuständigem Ministerium gebe es in der Sperrzone zwei Betriebe mit insgesamt gut 300 Hausschweinen, innerhalb der Überwachungszone seien es um die 1000 Schweine.
Wie die «Stuttgarter Nachrichten» mit Verweis auf eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums berichten, seien bislang keine verendeten Wildschweine gefunden worden. Auch konnten in den ausgewiesenen Sperrzonen sechs Wildschweine erlegt und beprobt werden. Auch bei diesen habe man bisher ASP nicht nachweisen können. Fallwild-Suchteams haben rasch die Arbeit im Gebiet aufgenommen, um auszuschliessen, dass es auch einen Ausbruch im Schwarzwildbestand gibt. Dazu sollen gegen 20 Zweier-Teams mit geeignetem Hund im Wald eingesetzt werden. Flankiert werden soll die Suche auch durch den Einsatz von Wärmebild-Drohnen im Offenland.
Aus dem betroffenen Gebiet wird kein Fleisch mehr exportiert. Auf Schweizer Seite sind Stand heute keine zusätzlichen Massnahmen beim ASP-Management notwendig.
Situation für die Schweiz habe sich nicht grundsätzlich verändert
«Mit der Feststellung des Falles hat sich die Situation für die Schweiz nicht grundsätzlich geändert, zurzeit sind keine zusätzlichen Massnahmen geplant», schreibt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) auf Anfrage der BauernZeitung zum jüngsten Fall in Baden-Württemberg. Natürlich werde weiterhin für das Thema sensibilisiert.
Bereits strenge Massnahmen
In der Schweiz würden bereits seit mehreren Jahren strenge Massnahmen gelten. Aus bestimmten betroffenen Gebieten dürfen weder lebende Schweine noch Schweinefleisch eingeführt werden. Diese Gebiete werden laufend angepasst. Selbst bei einem Übertritt des Erregers auf die Wildschweinepopulation in der Region Baden-Württemberg, blieben die hiesigen Behörden vorerst ruhig. Aufgrund der Distanz zur Schweiz würden noch keine Massnahmen angeordnet, aber den Schweinehaltungen dringend empfohlen, Biosicherheitsmassnahmen einzuhalten, heisst es beim BLV weiter. Denn jede Schweinehaltung könne sich mit Biosicherheitsmassnahmen vor einem Eintrag des Erregers schützen.
Wichtig sei auch, dass Hilfskräfte und Angestellte auf Landwirtschaftsbetrieben über das Risiko einer Einschleppung der Schweinepest informiert werden. Sie müssen wissen, dass sie kein Schweinefleisch einführen sollen und vor allem, dass dieses Fleisch unter keinen Umständen an die Schweine verfüttert werden darf. Das BLV stellt dazu auf seiner Website ein mehrsprachiges Faltblatt zum Thema zur Verfügung.
Mensch und Freiland
Ein besonderes Augenmerk gilt natürlich den Freilandhaltungen. Diese Schweine haben vereinfacht Kontakt zu Wildtieren, aber auch zu Menschen. Bei der Feststellung von Fällen beim Wildschwein würden Gebiete definiert, in welchen Massnahmen zur Kontrolle der Wildschweinpopulation durchgeführt werden. Hausschweinebetriebe in solchen Gebieten müssten jederzeit sicherstellen, dass kein Kontakt zwischen Wild- und Hausschweinen möglich ist. Todesfälle im Bestand müssen untersucht und erhöhte Sterblichkeiten unverzüglich an die Tierärztinnen und Tierärzte gemeldet werden, erinnert das BLV.
Das Bundesamt erachtet die Schweiz als gut vorbereitet. Der Ernstfall wurde mehrfach geprobt. Unter anderem letzten Herbst wurde eine grosse, nationale Übung organisiert: Nosos 21 – die nationale Krisenübung zur Afrikanischen Schweinepest. Informationsveranstaltungen und Sensibilisierungen finden laufend statt.
Nicht zuständig hingegen sei der Bund beim Thema Baubewilligungen. Es ist kein Geheimnis, dass es in einigen Kantonen harzt mit den Baubewilligungen für massive Zäune rund um Schweinehaltungsbetriebe oder zumindest deren Ausläufe.
Lage kann sich ändern
Auch der Produzentenverband Suisseporcs geht Stand Mittwoch von einem punktuellen Ausbruch aus. Im besten Fall sei der Erreger mit der sofortigen Keulung der Schweine auf dem Betrieb getilgt. Gespannt verfolge man die laufenden Tests im Bundesland bei Wildschweinen.
Sollten tatsächlich Wildschweine infiziert worden sein, ändert sich die Situation schlagartig. Denn sobald kranke Wildschweine im Grenzgebiet durch die Wälder streifen, würde dies Konsequenzen für die Freilandhaltung in der Schweiz haben, so die Suisseporcs weiter.