Obschon es medial um die Afrikanische Schweinepest (ASP) in den letzten Monaten etwas ruhiger geworden ist, breitet sich die Krankheit in Europa weiter aus. Laut Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) besteht daher ein hohes Risiko, dass die Seuche in die Schweiz eingeschleppt wird.

Die Bevölkerung und namentlich Reisende könnten viel dazu beitragen, einen Ausbruch der ASP in der Schweiz zu verhindern, so das BLV. «Die sichere Entsorgung von Produkten mit Schweine- und Wildschweinfleisch aus von der ASP betroffenen Ländern schützt den Schweine- und Wildschweinbestand in der Schweiz», so das BLV. Die Schweiz ist bisher verschont geblieben, aber das BLV und die Kantonstierärztinnen und Kantonstierärzte bereiten sich auf den Ausbruch der Tierseuche vor.

Was wissen wir?

Bekannt ist: Die ASP ist eine Viruserkrankung, die Haus- und Wildschweine befällt. Eine Schutzimpfung gibt es derzeit nicht. Tritt die Krankheit auf, müssen drastische Bekämpfungsmassnahmen ergriffen und die gesamten Bestände aus-gemerzt werden. Besonders schwierig wird die Bekämpfung laut BLV, wenn die Wildschweinpopulation betroffen ist. Das Virus ist äusserst widerstandsfähig. In Tierkadavern kann es mehrere Monate überleben. In gefrorenen, getrockneten oder gesalzenen Schweine- und Wildschweinfleischprodukten (wie Rohschinken oder Würste) kann es über sechs Monate ansteckend bleiben. Menschen können diese Lebensmittel jedoch gefahrlos verzehren, denn für Menschen ist die Krankheit ungefährlich.

ASP ennet der Grenze

Nachdem die Afrikanische Schweinepest 2007 in Georgien und 2014 in den baltischen Staaten aufgetreten war, hat sie sich inzwischen nach Westen bis nach Deutschland ausgebreitet. Lokale Ausbrüche gab es auch im südlichen Piemont (Italien). Diese dehnen sich seit Januar 2022 weiter aus. Der bisher nördlichste ASP-Nachweis in Italien befindet sich rund 60 Kilometer von der Grenze zum Südtessin entfernt. Die ASP stellt daher auch für die Schweiz ein ernst zu nehmendes Risiko dar.

Seuche aus dem Abfall

Bislang hiess es, dass die grösste Gefahr, dass die Krankheit in die Schweiz eingeschleppt wird, von einer unsachgemässen Entsorgung von kontaminierten Schweine- und Wildschweinfleischprodukten ausgeht. So könne das Virus etwa in Reiseproviant in kurzer Zeit über grosse Distanzen hinweg transportiert werden. «Reste von Sandwiches aus von ASP-betroffenen Gebieten, die auf Rast-plätzen auf den Boden oder in offene Abfalltonnen geworfen werden, sind eine leicht zugängliche und bei Wildschweinen sehr beliebte Nahrungsquelle. Darum sind Lebensmittelabfälle zwingend in geschlossenen Abfallbehältern zu entsorgen», schreibt das BLV. Tatsächlich werde die Krankheit am häufigsten über in der Natur entsorgte Essensreste mit verseuchtem Fleisch übertragen. Fressen Wild- oder Hausschweine solche Abfälle, könne ein neuer Infektionsherd entstehen.

Studie zum Wanderverhalten

Die Nähe der ASP zur Schweiz stellt nun eine neue Herausforderung dar. So könnten infizierte Wildschweine die Grenze passieren und die Seuche in die Schweizer Wildschweinpopulation tragen. ​​Ein Forschungsprojekt im Nationalpark Bayerischer Wald, das im vergangenen Jahr durchgeführt wurde, ging der Frage nach, wie weit denn die Wildschweine wandern. Wie das Onlineportal «Vetion.de» schreibt, wurde die Afrikanische Schweinepest (ASP) allein im ersten Quartal 2023 europaweit bei knapp 3300 Wildschweinen nachgewiesen. Das waren rund 19 Prozent mehr als in der Vorjahresperiode.

Mehr als ein Drittel aller positiven Nachweise seien dabei in Polen gemacht worden, und auch in Italien habe sich die Zahl der infizierten Wildschweine von 93 auf 316 erhöht.

Treue Wildschweine bleiben vor Ort

Mithilfe von besenderten Wildschweinen sammelte der Nationalpark Bayerischer Wald Daten. Die Forschenden konnten feststellen, dass die Wildschweine ihrem Revier grundsätzlich treu bleiben und sich in einem Radius von durchschnittlich sechs Kilometern bewegen. Grundsätzlich also eine positive Erkenntnis, betrachtet man die Nähe der Krankheit zur Schweiz. Trotz dieser Erkenntnis hat sie sich stetig weiterverbreitet. «Auch wenn die Schweiz noch ASP-frei ist, muss sie aufgrund der dynamischen Situation in den Nachbarländern handlungsbereit sein», heisst es beim BLV.

Einen Fächer für die Bekämpfung

So umfasse die Bekämpfungsstrategie im Falle eines Ausbruchs der ASP bei Wildschweinen im Wesentlichen drei Massnahmen: Einrichtung eines Rückzugsraums für Wildschweine, damit sie die Krankheit nicht weiterverbreiten, Auffinden und Beseitigen der Wildschweinkadaver, damit das Virus nicht in der Umgebung verbleibt, und, falls erforderlich, eine intensive Bejagung der Wildschweinpopulation. Darüber hinaus können die Kantone den Zugang zu Waldstücken in gefährdeten Gebieten einschränken und folgende Massnahmen ergreifen:

  • Verbot, Essensreste in die Natur zu werfen
  • Verbot, Waldwege zu verlassen, und Leinenpflicht für Hunde
  • Allgemeines Jagdverbot

Diese Massnahmen würden auch die Erfahrungen betroffener EU-Staaten berücksichtigen. Das BLV und die Veterinärdienste der EU-Länder würden hier eng zusammenarbeiten.

«Das BLV verfolgt die internationale Seuchenlage aufmerksam und informiert regelmässig via ‹Radar Bulletin›. Darin publiziert es Informationen zur Tierseuchenlage im Ausland und beurteilt die Gefahren für die Schweiz», schreibt das zuständige Bundesamt.

Schweinepest beim Nachbarn
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Kommentar von Armin Emmenegger

Als im September 2020 erstmals die Afrikanische Schweinepest (ASP) bei einem Wildschwein in der Region Brandenburg (D) nachgewiesen wurde, ging ein Raunen durch die hiesige Schweinebranche. Man hoffte vergeblich, das Problem bleibe im Osten. Fachleute in der Schweiz schlugen Alarm. Die Frage sei nicht, ob, sondern wann und wie ASP die Schweiz heimsuchen werde.

Einiges wurde hierzulande seither gemacht. Behörden und Akteure entlang der Wertschöpfungskette und Schweinehalter bereiten sich bzw. beugen vor. In den vergangenen Jahren nahmen es die Schweizer «Söieler» hie und da etwas gar locker mit der Biosicherheit. Der einmalig hohe Gesundheitsstatus der Schweizer Schweine macht es möglich. Trotzdem: Die ASP-Risikoampel, ein Selbstcheck für Betriebsleiter, wurde recht rege genutzt. Investiert wurde in die Schulung der Mitarbeiter – vor allem der ausländischen – und in die Hygieneschleuse und Umzäunung. Die letzten beiden miserablen Schweinejahre brachten allerdings das eine oder andere Projekt zum Stillstand.

ASP ist nah. Seit 2022 kämpft auch unser Nachbarland im Süden dagegen an. Italien hat grösste Mühe, die Lage im schweinedichten Norden in den Griff zu bekommen. Im Tessin setzen zwar höchstens eine Handvoll Landwirte auf Schweine und das Gotthardmassiv ist kein Nachteil. Trotzdem Grund genug, das Dispositiv auf den Betrieben nochmals zu überprüfen. Schweinepest will niemand, der Schaden wäre enorm. a.emmenegger@bauernzeitung.ch