Markus Bieri ist seit Kurzem einer von schweizweit nur fünf Züchtern, die von Holstein Switzerland zum Meisterzüchter 2024 gekürt wurden. Dass es für diese Auszeichnung mehr als nur Züchterglück benötigt, zeigten die Ausführungen des Entlebucher Landwirts am LBBZ Schluechthof zum Thema silofreie Fütterung.

Fehlende Daten

Bis vor zwei Monaten wurde auf dem Hof Unteregg im Winter Heu, Emd und Maiskolbenschrot noch klassisch am Fressgitter verabreicht. Dazu holten sich die Kühe Energie-, Eiweiss- und Mineralfutter am Automaten. Bei diesem System traten aber auch immer häufiger Probleme auf: Der TS-Verzehr war gerade in Jahren mit mittlerer Dürrfutterqualität eher tief. Es fehlten auch Daten über den effektiven Verzehr der Tiere. Dazu kam, dass infolge der hohen Leistungen entsprechende Ergänzungsfuttermengen über die Station verabreicht wurden, was insbesondere bei Jungkühen vereinzelt zu Pansen-pH-Schwankungen mit Folgeproblemen wie Azidose führte. Mit nur einer Kraftfutterstation war es in der Herde oft hektisch. Neben den erwähnten Problemen kam der Betrieb auch arbeitswirtschaftlich an seine Grenzen. Vor allem das häufige Vorschieben des Dürrfutters war zeitraubend.

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Über einen Zeitraum von zwei Jahren befasste sich Markus Bieri mit möglichen Alternativen für Futtermischsysteme. «Wir suchten ein System, dass uns auch effektiv entlastet. Es sollte den Tieren mehrmals täglich frisches Futter vorlegen und damit den TS-Verzehr und folglich die Milchleistung steigern. Ein wichtiger Punkt war auch die Reduktion der Staubentwicklung im Stall.» Zudem sollte das ganze System möglichst elektrisch mit dem eigenen Solarstrom angetrieben werden.

Schnittqualität entscheidend

Es zeigte sich bald, dass eine TMR mit Dürrfutter sehr herausfordernd würde. Vor allem die Misch- und Schnittqualität, sprich ein möglichst kurzes Schnittgut, ist gemäss Bieri bei der silofreien Fütterung entscheidend, damit man genügend Raufutter in die Kuh bringe. Anspruchsvoll sei auch das grosse Volumen des Futters.

Schluechthof-Tagung

An der Tagung zum Thema Fütterung und Fütterungstechnik im silofreien Betrieb präsentierten Jan Salis, Janik Kathriner und Stefan Berwert, Absolventen des Lehrgangs Agrotechnik HF am LBBZ Schluechthof, ihre Projektarbeit. Sie nahmen dabei mehrere Betriebe mit silofreier Fütterung im Kanton Obwalden unter die Lupe. Dabei analysierten sie verschiedenste Futterproben und optimierten die Rationen durch den Einsatz von Rohkomponenten. Aber auch die Fütterungstechnik, insbesondere das Thema Mischwagen, wurde aufgenommen. Die Arbeitsstunden hätten gemäss Projektarbeit den grössten Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit. Eine Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde auch zum Thema Heutrocknung mit Luftentfeuchter gemacht. Nebst der Projektpräsentation und dem Referat von Markus Bieri gaben auch der Thurgauer Milchbauer Josias Meili und Samuel Hofstetter von der Landi Luzern-West Inputs zur silofreien Fütterung.

Seit sieben Wochen ist auf dem Betrieb Unteregg nun ein elektrischer stationärer 15-m3-Futtermischer mit zwei liegenden Walzen in Betrieb. Ausschlaggebend dafür war die Misch- und Schnittqualität. Durch die Zugabe von Melasse wird erreicht, dass Kraft- und Dürrfutter gut gemischt und dadurch weniger selektioniert wird. Markus Bieri investiert täglich noch rund 15 Minuten in die Bereitstellung der Mischung, der Rest läuft automatisch. Das Futter wird mehrmals täglich über einen schienengeführten Futterverteilwagen verteilt.

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Futter weggeschoben

Bereits wurden beim neuen System erste Anpassungen gemacht. «Fünf bis zehn Minuten nachdem die Mischung auf dem Futtertisch vorgelegt worden war, hatten die Kühe drei Viertel des Futters bereits weggeschoben», erklärte Markus Bieri an der Tagung. Mit einem Futterzuschieber hätte das Problem zwar gelöst werden können, dieser hätte aber zu häufig fahren müssen. Nun wurde mit Kunststoffplatten ein Futterbarren erstellt, wodurch sowohl das Wegschieben wie auch das Selektionieren der Mischung vermindert werden. Familie Bieri ist mit den Fortschritten zufrieden: Nach den ersten Wochen mit der neuen Fütterung seien bei den Kühen bereits eine Gewichtszunahme und eine Leistungssteigerung von eindrücklichen 15Prozent auszumachen. Im Stall herrsche zudem eine angenehme Ruhe.

Wichtige Wiesenpflege

Nicht nur im Stall wird auf dem Hof Unteregg laufend optimiert. Auch der Futterbau hat auf den von 800 bis 1350 m ü. M. liegenden Parzellen einen hohen Stellenwert. 100 Prozent der Flächen sind Naturwiesen, zeigen sich aber bezüglich Lage, Bodenbeschaffenheit und Expositionen sehr unterschiedlich. Viel Zeit wird in die Wiesenpflege mit Striegeln und Übersaaten investiert. Markus Bieri bevorzugt nutzungselastische Grasbestände. «Diese wurden in der Vergangenheit immer wichtiger. Entscheidend bei der Übersaat-Sortenwahl ist auch die Verdaulichkeit der Futterpflanzen», so Bieri. Er arbeitet heute nur noch mit hochverdaulichen Sorten. Wichtig sei auch eine dichte Grasnarbe, was zu sauberem Grundfutter führe. Auch die Düngung werde laufend optimiert, auf Nährstoffe wie Natrium und Magnesium und auf den Kalkgehalt werde besonders geachtet. «Nährstoffe, die nicht in den Böden sind, können auch nicht im Grundfutter sein und müssen folglich in der Ration ergänzt werden», so Bieri.

Tiefe Rohasche-Gehalte

Auch bei der Futterkonservierung wird optimiert. Sauberes und gehaltvolles Grundfutter sei die Voraussetzung für hohe Leistungen. Markus Bieri achtet insbesondere auf eine hohe Schnitthöhe von mindestens10 Zentimeter, eine Aufbereitung des Schnittgutes, ein behutsames Wenden und schonendes Schwaden mit einem Kammschwader. Mit dieser Arbeitsweise erreichte er in den letzten Jahren einen Rohasche-Gehalt von nur rund 70 Gramm je kg TS. Auch auf dem Heustock wird nichts dem Zufall überlassen. «Der Heustock muss drei Tage nach dem Einbringen des Futters durchgelüftet sein», betonte Markus Bieri an der Tagung. Bei guten Verhältnissen geschehe das mittels Luft vom Sonnendach, ansonsten komme zusätzlich noch ein 180-KW-Ölofen zum Einsatz. «Hohe Gehaltsverluste am Stock sind zu teuer», begründet Markus Bieri seinen grossen Aufwand bei der Belüftung.

Betriebsspiegel Unteregg

Betriebsleiter: Angela und Markus Bieri
Ort: Entlebuch, 915 m ü. M., BZ 2 und BZ 3
Fläche: 40 ha LN, 21 ha Sömmerungsweiden
Viehbestand: 40 Kühe, 60 Jungtiere, 120 Mastschweineplätze
Arbeitskräfte: Betriebsleiterfamilie, Franz Bieri 100 %, Lehrling, Alphirt ca. 30 % während der Alpzeit.

Fütterung von Bieri’s Holstein

Die Ration sei nach abbaubarer Energie und Eiweiss ausgeglichen. Bis auf ein aufgefettetes Starterfutter in den ersten 50 Tagen, das über die Station verabreicht wird, werde die Ration während der ganzen Lakta­tion beibehalten. Das bedinge eine ausgeglichene Herde. Eine Kuh mit mehr Milch habe auch einen höheren TS-Verzehr. Die TMR-Mischung präsentiert sich einfach mit einem Drittel Heu und zwei Dritteln Emd. Dazu kommen Trockengras, ein Mineralstoff-Mikronährstoff-Premix und Melasse. Als Energiefutter kommt ein Mais-Gerste-, als Eiweissträger ein Raps-Soja-Gemisch zum Einsatz. Beides wird zwecks guter Mischbarkeit sehr fein gemahlen. Während der Vegetationszeit wird mit den Kühen zusätzlich geweidet. «Wichtige Parameter für die Überprüfung der Rationen sind, neben den Milchkontrolldaten, die Kotbeschaffenheit, der TS-Verzehr und die Tagesmilchmenge», erklärte Markus Bieri an der Schluechthof-Tagung. Der durchschnittliche Verzehr liege aktuell bei 27 kg TS.

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Holstein-Switzerland-Meisterzüchter 2024

Familie Bieri aus Entlebuch mit dem Herdennamen Bieri’s Holstein ist eine von schweizweit nur fünf Züchterfamilien, die von Holstein Switzerland zu Meisterzüchtern 2024 gekürt wurden. Um den Titel zu erlangen, müssen die Betriebe während 16 Jahren ausser­gewöhnliche Resultate in Leistungs- und Fitnessmerkmalen und im Exterieur aufweisen. Berücksichtigt werden dabei nur die Resultate von Tieren mit dem eigenen Betriebspräfix. «Die Meisterzüchter bevorzugen herausragende Kuhfamilien und sind daher ideale Botschafter für die Holsteinrasse», so die Zucht­organisation Holstein Switzerland. Der Meisterzüchtertitel gilt als Krönung einer ganzen Züchterkarriere.

Die Viehzucht und der Zuchtviehverkauf sind ein wichtiger Betriebszweig auf dem Betrieb Unteregg, jährlich werden rund 25 Kühe, mehrheitlich in der zweiten und der dritten Lakta­tion, verkauft. Darum liegt der Anteil erstlaktierender Kühe meist bei um die 50 Prozent. Dennoch beträgt die durchschnittliche Milchleistung fast 10 000 kg und 15,6 kg Milch pro Lebtag. Da viele der verkauften Tiere in Roboter-Betriebe gehen, wird dem Euter, insbesondere der Zitzenplatzierung, bei der Anpaarung besonders grosse Aufmerksamkeit geschenkt. Weitere wichtige Merkmale bei der Zuchtarbeit sind das Fundament, die Körperbreite und die Körperkondi­tion. Als Erfolgsfaktoren für hohe Leistungen erwähnt Markus Bieri die genetische Veranlagung der Milchkuh vor allem in der Futtereffizienz und der Kapazität. Wichtig dabei sei nicht die Grösse, sondern die Breite der Kuh. Stimme die genetische Veranlagung und damit die Leistung nicht, sei die Fütterung sicher zu teuer. Entscheidend seien natürlich auch die Aufzucht und die Haltung der Galt- und Transitkühe.