Nera-Verzasca-Ziegen würde man dem Namen und der ursprünglichen Herkunft halber eher im Tessin vermuten. Aber die Pro-Specie-Rara-Rasse grast auch auf Weiden im Emmental, genauer gesagt auf dem Betrieb von Claudia und Marco Haueter in Zollbrück BE. Geissen spielen auf ihrem kleinen Nebenerwerbshof mit knapp drei Hektaren Land die Hauptrolle.

Einen Traum erfüllt

«Wir haben beide schon als Kinder gerne Ziegen gehabt», erinnert sich Claudia Haueter. Sie ist zwar auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen, neben Milchkühen und Schweinen hatten Ziegen dort aber keinen Platz. Ihr Mann Marco hingegen habe bereits in jungen Jahren Geissen gehalten. «So ging als wir uns kennengelernt haben für mich dieser Traum doch noch in Erfüllung», sagt die Landfrau.

Die Schwarzen scheuen den Regen nicht

Heute umfasst Haueters Herde 10 Ziegen, die gemolken werden und je zwei Gitzi, Übergitzi und Böcke. Vertreten ist neben Nera Verzasca auch die gämsfarbene Gebirgsziege und Claudia Haueter stellt deutliche Unterschiede zwischen den Rassen fest: «Die Schwarzen sind kräftiger gebaut und robuster, sie gehen auch bei Regen auf die Weide», schildert sie. Herrscht Regenwetter würden die Braunen eher einen Buckel machen und sich einen Baum suchen oder aber am Weidetor stehen und hoffen, zurück in den Stall zu dürfen.

Charakterlich seien Nera Verzasca sturer und wilder – es brauche mehr, bis sie handzahm werden, so die Züchterin. Das ist es aber auch das, was Haueters an den Tieren fasziniert.

Alte Rasse aus dem Tessin

Nera Verzasca ist eine alte Gebirgsziegenrasse aus den Tessiner Bergtälern, beschreibt Pro Specie Rara (PSR). Nach wie vor seien die Tiere vor allem im Südkanton verbreitet. Typisch für die Rasse sind das einfarbig schwarze Fell, die kräftigen Hörner, Robustheit gegen Wind und Wetter sowie Temperaturen in beiden Extremen. Nera Verzasca könne wirtschaftlich durchaus als rentabel bezeichnet werden, schreibt PSR, der Ertrag sei gemessen an den tiefen Haltungskosten relativ gut. Genutzt werden sowohl das Fleisch als auch die Milch der schwarzen Ziege. Die Zuchtziele konzentrieren sich auf die Erhaltung der besonderen Rasseneigenschaften, die Verbesserung der Milchleistung und die Widerstandsfähigkeit.

Züchterische Ambitionen

Ihre Sturheit lassen Hauters ihren Ziegen bis zu einem gewissen Grad, neben zwei Kindern und der Arbeit auswärts bleibt schliesslich nicht immer Zeit für Training. «Ich bin gelernte Elektroinstallateurin und arbeite in einem Büro, mein Mann ist als gelernter Maurer auf dem Bau tätig», sagt Claudia Haueter. Nichtsdestotrotz hat sie züchterische Ambitionen, achtet bei der Auswahl der Böcke auf Punktierung sowie Leistung und strebt einen möglichst hohen Anteil Tiere aus eigener Zucht in ihrer Herde an.

Sechsköpfige Zuchtfamilie

Kürzlich konnte Claudia Haueter mit der Zuchtfamilie «Sola» einen Erfolg feiern: Sie zählt sechs schöne schwarze Ziegen, wovon eine von einem anderen Betrieb beigesteuert worden ist. Das Stammtier, Geiss Sola, ist sechs Jahre alt. «Die Ziegen gehören bei uns fast schon zur Familie», sagt die Züchterin. Es ist ihr zwar wichtig zu wissen, wie ihre Tiere in der Bewertung abschneiden und sie bringt sie daher auch regelmässig an Schauen. «Wenn eine aber nicht so gut punktiert wird, wie man sich das wünschen würde, behalten wir sie trotzdem.» Wenn aus Platzgründen eine Geiss den Betrieb verlassen muss, spielt die Punktierung dann wieder eher eine Rolle bei der Auswahl.

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Milch für Schweine und Kälber

Die schwarzen und die braunen Ziegen vertragen sich trotz aller Unterscheide zwischen den Rassen gut in Zollbrück. Ihre Milch nutzt Familie Haueter im Frühling jeweils, um zwei Schweine zu mästen. «Das Fleisch nehmen wir zurück, behalten einen Teil selbst und vermarkten den Rest direkt», beschreibt Claudia Haueter. So habe sie praktisch das ganze Jahr über Fleisch aus eigener Produktion zur Verfügung. Im Herbst, bevor die Geissen galt stehen, vertränkt ein Nachbarbetrieb ihre Milch an seine Kälber. «Wir achten darauf, dass wir nichts wegschütten müssen», kommentiert die Züchterin das System.