Die St. Galler Regierung will sparen – und setzt den Rotstift unter anderem bei den Viehschauen an. Wie dem Entwurf des Aufgaben- und Finanzplans 2025–2027 zu entnehmen ist, sollen 80'000 Franken Unterstützungsbeiträge für Gemeindeviehschauen und Viehmärkte gestrichen werden. «Das darf nicht sein», sagten sich vier SVP-Kantonsräte aus dem Toggenburg. Mirco Gerig, Lukas Huber, Ivan Louis und Christian Vogel haben am 5. Februar 2024 eine einfache Anfrage an die St. Galler Regierung gerichtet, in der sie nach den Gründen für diese Streichung fragen.
Wichtige Plattform für die Landwirtschaft
Lukas Huber ist in Unterwasser zu Hause. «Ich nehme dort jährlich als Zuschauer an der Gemeindeviehschau teil», sagt der Kantonsrat. Einen landwirtschaftlichen Hintergrund hat der gelernte Bankkaufmann nicht. Dennoch stuft er das öffentliche Interesse an den Viehschauen und -märkten als sehr hoch ein. Huber sagt: «Diese Anlässe sind wichtige Plattformen für die Landwirtschaft, um sich der breiten Bevölkerung zu präsentieren.» Der jährliche Kantonsbeitrag von 80'000 Franken ist seiner Meinung nach nicht nur eine finanzielle Unterstützung für die Durchführung der Schauen. «Es ist auch ein Beitrag für den Erhalt von Tradition und Brauchtum.»
Wie einem Artikel im «St. Galler Tagblatt» zu entnehmen ist, erhalten Gerig, Vogel, Louis und Huber für ihre Anfrage von ihren Ratskolleg(innen) viel Zuspruch, auch ausserhalb der SVP. Warum hat man die Anfrage denn nicht breiter abgestützt?
«Wir wollten das bewusst als Vertreter einer Region anstossen, wo die Schauen einen hohen Stellenwert haben.»
Lukas Huber, SVP-Kantonsrat
Huber erwähnt etwa die Viehschau in Nesslau. Sie ist mit über 1000 aufgeführten Tieren die grösste Viehschau in der ganzen Schweiz.
Departementschef hat kein Verständnis
Der zuständige Regierungsrat Beat Tinner (FDP) präzisiert den Sachverhalt im Gespräch mit der BauernZeitung wie folgt: «Im Aufgaben- und Finanzplan wird eine Gesetzesänderung beim Landwirtschaftsgesetz angekündigt und damit auch der geplante Verzicht ab 2026 auf Beiträge für Viehschauen.» Aus dem Budget 2025 werde gar nichts gestrichen, betont Tinner. Die bestehende Leistungsvereinbarung mit dem St. Galler Braunviehzuchtverband, die bis 2026 läuft, werde eingehalten und falls notwendig im Sinne einer Übergangsregelung berücksichtigt.
«Die Regierung wird bei der Revision des Landwirtschaftsgesetzes prüfen, ob sie die finanzielle Unterstützung für die Finanzierung der Viehschauen auf die Gemeinden verlagert.»
Beat Tinner, Vorsteher Volkswirtschaftsdepartement St. Gallen
Für die Anfrage der SVP-Kantonsräte hat der Chef des Volkswirtschaftsdepartements wenig Verständnis: «Die Gesetzesanpassungen unterliegen einem Vernehmlassungsverfahren und werden im Parlament beraten.» In der Finanzkommission habe die Ankündigung im Januar 2024 zu keinen Diskussionen Anlass gegeben.
Bauernpräsident ist zuversichtlich
Nichtsdestotrotz hat der St. Galler Bauernverband keine Freude an der Ankündigung des Kantons. Präsident Peter Nüesch sagt: «Die 80'000 Franken sind im Verhältnis kein grosser Betrag. Für die ländlichen Regionen sind die Schauen und Märkte sehr wichtig.» Dass den Viehschauen ohne den Kantonsbeitrag gleich das Aus drohen würde, glaubt Nüesch nicht.
«Der Kanton ist einer von mehreren Partnern. Die Gemeinden, die lokalen Viehzuchtvereine und die Bauern unterstützten die Schauen ebenfalls auf verschiedene Art und Weise.» Natürlich könnte es für die eine oder andere Gemeindeviehschau schwierig werden, ist er sich bewusst. «Aber ich denke, dort wird man Lösungen finden. Die Gemeinden haben auch ein Interesse, dass diese Schauen weiterleben.» Was die Ratsdebatte in der Frühjahrssession (19. bis 21. Februar 2024) angeht, ist Nüesch zuversichtlich. «Das wird sicher intensive Diskussionen geben, aber ich glaube nicht, dass die Streichung durchkommt.»
Nachgefragt bei Andreas Wittenwiler, Präsident des St. Galler Braunviehzuchtverbands
Herr Wittenwiler, waren Sie im Bilde, dass die Regierung die Unterstützungsgelder für Viehschauen und -märkte streichen will?
Andreas Wittenwiler: Es gab diesbezüglich bereits Ende 2022 Gespräche zwischen dem St. Galler Braunviehzuchtverband, dem Gemeindeverband und der Regierung. Damals einigten wir uns auf eine Verlängerung der Leistungsvereinbarung bis 2026. Die Mitteilung am Montag im Zusammenhang mit der Anfrage von drei Kantonsräten kam für mich überraschend.
Wer entscheidet darüber, wie das Geld eingesetzt wird?
Wie gesagt, dafür gibt es eine Leistungsvereinbarung. Mit den 80'000 Franken werden unter anderem die Experten entschädigt und Expertenkurse durchgeführt. Ein Teil des Geldes kommt der züchterischen Arbeit der Bauern zugute, in Form der Auszeichnung von Nachzuchtgruppen, der Vergabe des «Fitness-Star» usw. Der Braunviehzuchtverband kümmert sich um das Schausekretariat und organisiert die gesamte Einteilung und Verteilung der Experten für den Kanton. Es hat sich in eine gute Zusammenarbeit zwischen den drei Leistungspartnern entwickelt. Ich fände es sehr schade, wenn das nun aufgegeben würde.
Sind die Gemeindeviehschauen ohne die Kantonsgelder überhaupt überlebensfähig?
Ich befürchte, dass es eine Ausdünnung gäbe. Einige Gemeinden würden den Aufwand wohl nicht mehr auf sich nehmen. Das wäre sehr bedauerlich, denn der Stellenwert dieser Schauen ist nicht zu unterschätzen. In den letzten Jahren hatten wir erfreulich viele nichtbäuerliche Besucher und Schulklassen auf den Schauplätzen.
Die angekündigte Streichung stösst von links bis rechts auf Kritik. Stimmt Sie das zuversichtlich?
Ich hoffe schwer, dass der Kantonsrat die Streichung der Unterstützungsgelder abwendet. Die St. Galler Regierung würde erst merken, was fehlt, wenn es die Viehschauen nicht mehr gäbe. Und dann ist es zu spät. [IMG 2]
Kommentar von Stefanie Giger
Alles nur Wahlkampf?
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Die St. Galler Regierung will die Unterstützungsgelder für Viehschauen und Viehmärkte streichen. Diese Schlagzeile wird am Montag manchem Bauern und mancher Bäuerin im Kanton St. Gallen den Puls in die Höhe getrieben haben. Der Kanton St. Gallen ohne seine vielen kleinen und grossen Viehschauen und Viehmärkte? Unvorstellbar, selbst für mich, obschon ich pro Jahr nur eine Handvoll Schauen besuche.
So weit wird es vermutlich gar nicht kommen. Wo man sich umhört, stösst die geplante Streichung auf Unverständnis. Die Kantonsräte, die sich in den Medien dazu äusserten, wollten alle nichts von einer Abschaffung der Unterstützungsgelder für die Viehschauen wissen. Im gleichen Atemzug kritisierten sie aber, dass die SVP mit ihrem Alleingang nur auf Stimmenfang für die Kantonsratswahlen am 3. März aus sei.
Wahlkampf mit der Landwirtschaft als Sympathieträger? Ich denke, diese Sichtweise greift zu kurz. Natürlich nutzten die SVP-Politiker die Gunst der Stunde, um sich ins Rampenlicht zu stellen. Auf der anderen Seite fragt man sich: Was wäre, wenn die Toggenburger SVP die Anfrage an die Regierung nicht gestellt hätte? Wahrscheinlich wäre ein so kleiner Ausgabeposten in der Debatte über die Finanzplanung untergegangen. Ich bin auf jeden Fall sehr gespannt auf die Ratsdebatte in der Frühjahrssession.
Positiv bei all diesen Diskussionen ist, dass die Viehschauen im Kanton St. Gallen bei der nichtbäuerlichen Bevölkerung und offenbar auch bei den Politikern sehr beliebt sind. Ich selbst bin beim Besuch von Viehschauen unter freiem Himmel immer tief beeindruckt von den Tieren, der Organisation und dem ganzen Ambiente. An diesen «Bauernsonntagen» präsentieren die Bauernfamilien mit ganzem Stolz ihre züchterische Arbeit. Dieser Tradition gilt es Sorge zu tragen. Und noch einen weiteren Nebeneffekt hat die Geschichte: Für einmal sind die Kühe in der öffentlichen Diskussion Sympathieträger und keine Klimasünder. s.giger@bauernzeitung.ch

