Es war an einem Märzabend, wie der «Tagesanzeiger» berichtet, als ein Landwirt aus dem zürcherischen Dielsdorf einen Anruf der Polizei erhielt: Eines seiner Kälber sei ausgebüxt. Kurzerhand setzte er sich in seinen Van, fuhr los und hob das rund 40 Kilogramm schwere, drei Wochen alte Tier in seinen Toyota Proace. Die Sitze so angeordnet, dass das Kalb möglichst viel Platz hatte, transportierte er es auf den 700 m entfernten Betrieb. Froh, sein Tier wieder auf dem Betrieb zu haben, ahnte der Betriebsleiter noch nicht, welche Folgen diese Aktion haben würde.
600 Franken Busse
Zwei Monate später flatterte ihm ein Strafbefehl vom Statthalteramt ins Haus. Der Vorwurf: mehrere Vergehen gegen das Tierschutzgesetz, wie der «Tagesanzeiger» berichtet. Erstens habe das Kalb vom Hof weglaufen können, was auf eine ungenügende Haltung hinweise. Zweitens sei der Transport im Auto nicht gesetzeskonform gewesen. Die Konsequenz: eine Busse von 600 Franken und Verfahrenskosten von 430 Franken. Doch was lief hier falsch? Die BauernZeitung hat beim zuständigen Veterinäramt Zürich nachgefragt.
Auskünfte zum oben genannten Fall seien aus Datenschutzgründen nicht möglich, erklärt Peter Rogger, Leiter Abteilung Tierschutz. «Aber unabhängig vom Fall ist ein Auto kein geeignetes Transportfahrzeug für Nutztiere», erklärt er. Ein Grund sei die Tierseuchenverordnung. Diese schreibt vor, dass Transportfahrzeuge nach jedem Einsatz gründlich gereinigt werden müssen. «Das ist bei einem Auto schlicht nicht möglich», erklärt Rogger.
Hinzu kommen Vorgaben der Tierschutzverordnung wie eine eingestreute, gleitsichere Ladefläche, eine Mindestfläche pro Tier, ein Seitenschutz beim Verladen sowie ein Abschlussgitter am Heck.
Gefragt nach häufigen Beanstandungen beim Tiertransport, antwortet Peter Rogger: «Häufig handelt es sich um administrative Fehler im Begleitdokument wie eine fehlende Unterschrift, eine falsche Tieranzahl oder ein nicht gesetztes Kreuzchen.» Ebenfalls häufig seien nicht oder ungenügend eingestreute Ladeflächen sowie nach dem Transport nicht gereinigte Ladeflächen. In selteneren Fällen würden auch kranke oder verletzte Tiere ohne tierärztliches Zeugnis transportiert.
Risiko Blauzungenkrankheit
Ins Detail geht Rogger bei Tieren mit Symptomen der Blauzungenkrankheit. «Kranke Tiere sollten per se nicht transportiert werden», betont Rogger. Bei sogenannten Dummy-Kälbern, die aufgrund einer Blauzungeninfektion der Mutterkuh während der Trächtigkeit lebensschwach oder mit Hirnmissbildungen zur Welt kommen, müsse die Transportfähigkeit zwingend vorgängig tierärztlich beurteilt werden, erklärt Rogger.
Ein Sicherheitsrisiko
Und was hat es mit dem Vorwurf der ungenügenden Haltung wegen des Ausbüxens des Kalbes im zürcherischen Fall auf sich? «Generell sind Tierhaltende in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass ihre Tiere nicht ausbüxen können», erklärt Peter Rogger. Die Tierschutzgesetzgebung schreibe vor, dass Unterkünfte und Gehege so gebaut und eingerichtet sein müssen, dass die Tiere nicht entweichen können. «Meist bleibt das Ausbrechen eines Tieres für die Polizei und Dritte unbemerkt und kann rasch behoben werden. Ein Sicherheitsrisiko für Mensch und Tier stellt es aber allemal dar, vor allem wenn Strassen und Bahngleise in der Nähe sind», erklärt Rogger.
«Wer gegen die Vorgaben verstösst, riskiert ein Strafverfahren», so der Abteilungsleiter. Die Höhe der Busse hänge vom Ausmass des Verstosses und vom Einkommen der betroffenen Person ab.
Einsprache ohne Erfolg
Der Landwirt aus Dielsdorf wollte den Strafbefehl jedoch nicht einfach hinnehmen und erhob Einsprache. Damit landete der Fall vor dem Bezirksgericht. Für den Landwirt aber mit wenig Erfolg. Man könne das Gesetz nur anwenden und nicht ändern, beschied der Einzelrichter laut «Tagesanzeiger» bei der Eröffnung des Urteils. Das Resultat: ein Schuldspruch wegen mehrfacher Widerhandlung gegen das Tierschutzgesetz.
Für den Landwirt bedeutete das Gerichts- und Verfahrenskosten von rund 1600 Franken. Auf eine eigentliche Strafe – etwa in Form einer Busse – verzichtete der Richter. Noch könne gegen das Urteil Beschwerde erhoben werden, schreibt der «Tagesanzeiger».